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Was Corona mich und meine Familie lehrt

Kreative Ideen für die Schule zu Hause

Kindern ist die Brisanz einer Corona-Infektion schwer beizubringen. (Bild: Nadja Stadelmann-Limacher)

Mein eigentlicher Beitrag für den Elternblog war schon fertig, versandbereit, kurz vor Redaktionsschluss. Beim erneuten Durchlesen jedoch kam er mir so banal vor. Die Ereignisse haben sich in den letzten Tagen überschlagen, auch im Hause Limacher. Ich komme nicht um das Thema Corona-Virus herum und was dies für uns Eltern, unsere Familie heisst. Nämlich Solidarität, aber auch Kreativität.

Die Schulen werden in der ganzen Schweiz geschlossen. Bäm. Ich habe es kommen sehen und wurde dafür belächelt. Die Schweiz würde nie zu einem solch drastischen Schritt greifen, so sagte man mir. Viel zu lasch sei die Politik, viel zu leistungsorientiert unsere Gesellschaft.

Gerade noch spielten wir im Garten gemeinsam mit unseren Kindern und deren Freundin. Ich teilte ihnen mit, dass sie ab Montag für mindestens drei Wochen nicht in den Kindergarten und die Schule gehen würden. Erwartet hätte ich einen zünftigen Jubel. Doch der blieb aus.

Bedrückte Stimmung trotz schulfrei

«Wegen dem Corona-Virus?», fragten sie mich. «Ist der Lehrer daran erkrankt?», war eine weitere Frage. «Nein, aber es wäre irgendwann so weit gekommen. Wir müssen jetzt alle Menschen schützen!» Die Stimmung unter den Kindern war bedrückt. Wir diskutierten beim Zobig lange über diesen «Corona-Käfer» und wie schnell der sich von China nach Europa in die Schweiz und ziemlich bald auch nach Wolhusen verbreitete.

«Hoffentlich trifft es nicht unser Grossmami, unser alter Nachbar oder Mamas Freundin mit dem Krebs», so die Kinder. Ich probiere ihnen zu erklären, dass wir nun alle ganz gut aufeinander schauen müssen. Einander helfen und Rücksicht nehmen. Es gäbe in der Erwachsenenwelt sogar ein Wort dafür. Solidarität.

Gelebte Solidarität

Welch kompliziertes Wort für scheinbar so was Einfaches. Aber ist es das auch? Innert kürzester Zeit meldeten sich meine kinderlosen Freundinnen, ob sie in nächster Zeit mal unsere Fröleins übernehmen sollen. Wir legten unseren alten Nachbarn Zettel in den Briefkasten mit der Nachricht, dass wir gerne für sie einkaufen gehen, Botengänge erledigen oder mal ein Gratin vor die Türe stellen möchten.

Innert weniger Stunden organisierte sich Wolhusen mittels einer Facebook-Gruppe mit einer Vielfalt wunderbarer Angebote. Jedes einzelne ging mir ans Herz. Gerade noch stritt man sich an der Podiumsdiskussion, wer der nächste Gemeindepräsident würdig sein würde. Links- und rechtsdenkende hackten aufeinander herum in den letzten Monaten, es war nicht mehr schön und dann kommt dieses Corona-Virus.

Dieser elende Grippekäfer schafft etwas, was ich kaum zu glauben oder zu hoffen wagte. Man zeigt Herz und Mitgefühl. Man sorgt sich um die Mitmenschen und steht zusammen (ämu so nah, wie es der Bund vorgibt). Das berührt mich sehr.

Helfen als Aufsteller

Unser erster Anruf trifft ein und wir ziehen mit dem Leiterwagen los zu unserem ersten Corona-Einsatz. Diesem Nachbarn ist es so unendlich wichtig, alleine und unabhängig zu leben. Reden wir mal etwas länger auf der Strasse, entschuldigt er sich bei mir, dafür dass er mich so lange aufgehalten habe. Dabei könnte doch ebenso gut ich ihn aufgehalten haben.

Ich kann mir kaum vorstellen, wie schwer es ihm gefallen sein muss, unsere Hilfe anzunehmen. Und so fahren wir seine bescheidenen Einkaufswünsche zu ihm nach Hause, mit dabei eine gute Tafel Schoggi auf Idee der Fröleins. Weil Schoggi einfach guttut, wenn man alleine und in Sorge ist. Weil sie tröstet, dann, wenn es gerade nötig ist.

Seine Tüte stellen wir wie vereinbart vor die Türe und klingeln zweimal, bevor wir uns wieder vom Haus entfernen. Er winkt uns hinter dem Fenster. Und wir? Wir gehen zurück in unser Haus mit einem warmen Gefühl im Herzen. Gutes tun kann so einfach sein und tut auch uns gut.

Schule von zu Hause

Bis zu meinem Redaktionsschluss ist noch nicht bekannt, in welcher Form und in welchem Ausmass wir mit der Drittklässlerin zu Hause lernen müssen, dürfen, sollen. Uns wird es nicht langweilig werden die nächsten Wochen. Wir wollen weiterhin für unsere Corona-Einsätze unterwegs sein. Ausserdem haben wir einige Ideen für die Schule zu Hause:

  • Die Grosseltern können wir im Moment nicht besuchen. Sehr wohl aber einen schönen Brief schreiben (Deutsch)
  • In der Erde wühlen und Blumen, Gartenkräuter säen und beim Wachsen zusehen (Natur-Mensch-Gesellschaft)
  • Rezepte lesen, umrechnen und kochen (Deutsch und Mathi)
  • Englischwörtli auf dem Ritiseili abfragen (Englisch, Sport)
  • Spiele spielen drinnen und draussen (Turnen, Deutsch, Mathi)
  • Uns mit Büchern auf dem Bänkli vor dem Haus oder Sofa verkrümeln, einander vorlesen (Deutsch)
  • Singen und tanzen und für alle eine aktuelle Playlist erstellen, ja auch Mamas alte Lieder entdecken. Songtexte googeln und übersetzen (Englisch, Musik, Sport)
  • Uns in der Zeitung über das Corona-Virus auf dem Laufenden halten, aber nicht nur. Bewusst auch über die schönen Geschichten des Tages berichten. Die Richtung unserer Aufmerksamkeit bewusst umlenken (Deutsch, Natur-Mensch-Gesellschaft, Geographie)
  • Für die Katze, die Barbie oder sich selbst ein neues Kissen nähen (Textiles und technisches Gestalten)
  • Musikinstrument üben und endlich mal die Noten einordnen (Musik)
  • Das Velo aus dem Schöpfli holen, putzen, pumpen, Sattel hochstellen und fahren (Natur-Mensch-Gesellschaft, Sport)
  • Vorbereitungen für die 1. hl. Kommunion treffen (Religion)
  • Osterdeko basteln (Bildnerisches Gestalten, Textiles und technisches Gestalten)
  • Mit Freunden telefonieren (Zahlen korrekt eintippen, sich freundlich melden und klar und deutlich sprechen)
  • Über Gefühle, Rollenbilder und Gender-Gap reden. Mitbekommen, wie die Eltern aushandeln, wer zu Hause bei den Kindern bleibt und ja auch rotieren (Natur-Mensch-Gesellschaft)
  • Gumpiseili-Challenge gegen Mama und Papa (Sport)
  • Ämtli machen (Tisch decken, Hasenstall misten, Abwaschmaschine ausräumen, Katze füttern, Brünneli putzen, Wäsche aufhängen etc.) (Natur-Mensch-Gesellschaft, Mathi, Sport)
  • Das Zimmer umstellen und vor dem Möbelrücken einen Plan zeichnen (Natur-Mensch-Gesellschaft, Mathi)
  • Abfall sortieren und entsorgen (Natur-Mensch-Gesellschaft)
  • In den Wald oder auf die Burg gehen zum Klettern, toben und Cervelat bräteln (Natur-Mensch-Gesellschaft, Sport)
  • Hörspiele wie «Die 3 !!!», «Petronella Apfelmus» oder Podcasts für Kinder hören (Deutsch, Natur-Mensch-Gesellschaft)
  • Kuchen backen und den Nachbarn vor die Türe stellen (Mathi, Natur-Mensch-Gesellschaft)
  • Landart-Bilder gestalten auf dem Waldboden oder der Wiese. Sie werden auch anderen ein Lächeln ins Gesicht zaubern (Bildnerisches Gestalten, Natur-Mensch-Gesellschaft)
  • Ein Tagebuch über diese besondere Zeit schreiben und ein wichtiges Zeitdokument erstellen (Natur-Mensch-Gesellschaft, Geschichte)
  • Einfach mal einen Gang runterfahren, wieder Sicherheit gewinnen, auch mal Langeweile aushalten!

Diese Coronagrippe-Welle fordert uns zünftig heraus. Sie zeigt uns auf, dass wir nicht alles im Griff haben und alles planen können.

Im Moment können wir nur Tag für Tag nehmen. Im Kleinen auch das Schöne und Besondere sehen. Füreinander da sein. Aufmerksam sein, ob die Fensterläden der Nachbarn noch regelmässig geöffnet und geschlossen werden. Mutig sein im Nachfragen. Dankbar sein, dass wir gesund sein dürfen. Und aushalten. Selbstfürsorge. Krisen können das Schlechteste in den Menschen hervorrufen. Oder aber das Beste. Ich glaube an Letzteres.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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