Kaum taucht die Mutter auf, kippt die Stimmung
Warum kippt die Stimmung, sobald ein Elternteil auftaucht? Und warum sollten wir dies als Kompliment ansehen, so schwer es manchmal anzunehmen ist? Grund dafür ist bedingungslose Liebe.
Ich erinnere mich noch so gut an diese Momente beim Abholen des Kindergartenkindes. Noch auf dem Trottoir kippte die Stimmung. Das von Weitem noch fröhlich winkende Fräulein fragt, was es denn zum Mittagessen gebe, und ist nicht begeistert von der Antwort. Frust wurde abwechslungsweise an der kleinen Schwester oder mir ausgelassen.
Ähnliches passierte, als ich die Kinder bei meiner Mutter abholte. Die Stimmung kippte, noch ehe ich meine Schuhe ausgezogen hatte und die Tür hinter mir schloss. Meine Mutter verstand die Welt nicht mehr, eben war doch noch alles prima. An diese Momente erinnere ich mich, wenn mir Freundinnen von den ersten Kindergarten- oder Schulwochen erzählen und ihr Kind kaum mehr erkennen.
Bei dir fühle ich mich sicher
Es ist ein Safe Space bei den Eltern. Kaum abgeholt oder wieder zu Hause, kippt die Stimmung. Angestaute Energie entlädt sich. Das Kind hat sich die ganze Zeit über angepasst, sich besonders Mühe gegeben. Bei den Eltern weiss es: «Egal, wie ich mich gerade benehme, ich werde geliebt. Bedingungslos.» Und das ist doch schlussendlich, was zählt. Es ist ein Zeichen an dich, fast schon ein Kompliment. Auch wenn es zugegebenermassen saumässig anstrengend sein kann.
Bedingungslos geliebt zu werden, egal, wie wir uns verhalten. Vielleicht streben wir als Erwachsene noch immer genau danach. Ich zumindest ertappe mich immer wieder dabei. Dabei sollte ich mir selbst doch genügen und mit Mitte 40 nicht mehr nach der Anerkennung meiner Eltern streben. Aber eben, da ist noch mein inneres Kind, welches sich nicht gesehen fühlt.
Auswärts ein Engel
Die gute Nachricht ist doch, auswärts benimmt sich das Kind richtig gut, selbst wenn zu Hause gestritten und gemeckert wird oder auch mal Türen geknallt werden. In der Schule, bei den Grosseltern oder Freundinnen klappt es dann viel besser. Der Grund dafür, dass sich Kinder so wechselhaft verhalten, ist diese bedingungslose Liebe.
Sie wissen, dass wir sie nicht an den Strassenrand stellen, auch wenn sie sich noch so daneben verhalten. Zu Hause kennen sie die Regeln und Beziehungen und fühlen sich daher sicher, auch bei möglichen Konflikten. In der fremden Umgebung jedoch kennen sich Kinder noch nicht aus und wollen Anerkennung und Akzeptanz.
Um diese Anerkennung zu bekommen, sind sie um ein gutes Benehmen und um Anpassung bemüht. Das ist anstrengend für sie und erfordert alle Energie, die sie irgendwie zusammenkriegen. Später zu Hause entleert sich diese zünftig. Hier haben alle Emotionen Platz. Es ist okay. Mama atmet ein und aus. Tief ein und aus.
Appell an uns Eltern
Auch wenn es viel zu Tragen und Aushalten gibt für uns Eltern. Zu wissen, dass unsere Kinder sich auswärts toll benehmen und richtig viel Sozialkompetenz an den Tag legen, beruhigt mich ungemein. Dies die ganze Zeit zu zeigen, wäre ja auch nicht normal und anstrengend fürs Kind obendrauf.
Wir Eltern müssen daher versuchen zu lernen, dass Kinder beide Seiten in sich haben. Und ganz ehrlich: Auswärts gebe ich mir auch viel mehr Mühe. Ich lege mich nicht auf den Boden und rede nur noch in kurzen Sätzen vor lauter Erschöpfung. Ich esse nicht von Hand im Stehen und bin sogar richtig angezogen. Ich gebe mir Mühe. Gerade so, wie es unsere Kinder tun.