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Wenn die Kinder älter werden: Ausblick für Neu-Mamis

Es kommen wieder andere Zeiten. Zeiten mit mehr Zeit.

Wenn die Kinder etwas älter sind, hast du auch wieder Zeit, eine Kafipause zu machen. (Bild: nst)

«Bessere Zeiten?», fragst du mich als Neu-Mama. Andere. Zeiten, in denen du als Mutter mehr Zeit für dich hast, Zeiten, in denen du mal mit zwei rasierten Beinen unterwegs bis, und in denen die Diskussionen sich um neue, nie dagewesene Themen drehen.

Ich sitze mit meinen Kindern im Auto. Das Radio ist aus. Früher lief noch Kasperli in Dauerschleife. Aktuell diskutieren wir über den Klimawandel, über Homophobie und die kommende Schulwoche. Ich mag diese Momente so sehr. Staune über die Selbstverständlichkeit, mit der meine Fröleins an ein grosses globales Problem herangehen, Lösungen präsentieren und sich empathisch zeigen. Sie fordern mich mit Fragen heraus wie «wieso gibt es Menschen, die andere richtig hassen? Und warum macht der Bundesrat nichts? Ist dir unsere Welt nicht wichtig?»

Unschuldiges Philosophieren

Nicht immer finde ich die passenden Antworten. Gerne frage ich zurück, was sie darüber denken. Wir kommen ins Philosophieren, auf eine so feine, unschuldige Art, dass ich wünschte, die beiden würden sich diese Weltanschauung noch möglichst lange erhalten. Früher wurden Autofahrten mit ihnen jeweils zur Zerreissprobe. Spickte der Nuggi raus, war es um die Ruhe geschehen. Denn diesen irgendwie im rückwärts befestigten Maxicosi zu finden und dem Kind wiederzugeben, ohne dass man sich dabei die Schulter auskugelte, war eine echte Kunst.

Dann hatte immer irgendwer Hunger oder musste bislen gehen. Auch wenn ich vor der Abfahrt noch alle aufs WC begleitet hatte. Denn da war von diesem Bisi ganz bestimmt noch nichts zu spüren gewesen. Bei langen Fahrten kam das erste Mal «wann sind wir da?» bereits am Seetalplatz. Unser Ideenreichtum zum Überbrücken wurde immer grösser, die Geduld mal kleiner, mal wieder grösser.

Das straffe Band wird elastischer und länger

Es wird einfacher. Ämu ruhiger. Sobald das straffe Band, das von Geburt an zwischen uns und unseren Kindern gespannt und schampar kurz ist, elastischer und länger wird. Die Themen werden komplexer, aber immerhin steht mir eine Kommunikationspartnerin gegenüber, die inzwischen über einen ausgereiften Wortschatz verfügt. Eine, die argumentiert mit allen Regeln der Kunst und mich oftmals auch mit meinen eigenen Waffen schlägt. Sich auf den Boden schmeissen bei einem Nein von meiner Seite ist passé. Bei Hunger schreit sich das Kind nicht mehr die Seele aus dem Leib, sondern reisst die Kühlschranktüre auf und macht sich Fotzelschnitten oder Ankebock, eigenständig. Das Aufräumen des Schlachtfeldes klappt mal mehr, mal weniger. Okay, eher weniger. Aber wir arbeiten daran.

Gepäck so gross wie für eine Mondlandung wird zum Täschli

Die XL-Tasche mit Feuchttüchern, Ersatzkleidern, kleingeschnittenen Snacks und Gepäck für jegliche Notfälle auf der Erde oder gar für eine Mondlandung wird nach und nach durch eine kleinere ersetzt. Die Kinder tragen ihren Rucksack selber, ihre gesammelten Sachensucherfunde, unzählige Steine, aber auch ihre Wasserflasche. Gerade, als wir dachten, wir könnten nie mehr alleine aufs WC, und schon überlegten, das Abo der Tageszeitung abzubestellen, da wir jeweils nur auf Seite drei kamen, erhielten wir peu à peu etwas Zeit zurück. Freie Zeit für uns Eltern.

Erst die zwei Stunden Spielgruppe, dann die Vormittage während des Kindergartens und jetzt schon ordali viel Zeit, während unsere Kinder in der Schule sind. Da liegt auch mal eine ausgedehnte Kafipause zu zweit drin, in der ein richtiges Gespräch möglich ist, ohne hier und da zu gucken oder immer wieder aufzuspringen. Haben unsere Kinder keinen Bock auf einen Sonntagsspaziergang, machen wir den mittlerweile zu zweit. Wir vereinbaren eine Zeit, zum Beispiel eine Stunde, nehmen zur Sicherheit das Handy mit und vereinbaren Regeln, was in der Zwischenzeit drinliegt und was eher nicht. Die Kinder freut's, wenn sie nicht mitmüssen und wir haben eine Stunde Zweisamkeit. Win-win-Situation.

Neu sind auch die Sonntagmorgen, an denen unsere Kinder uns noch etwas schlafen lassen, auf mehr oder weniger leisen Sohlen nach unten tapsen und sich selbst ein einfaches Zmorge machen, die maunzende Katze kurz vor dem Verhungern retten und einfach spielen.

Sich auf die Rückkehr der Kinder freuen

Natürlich gibt es sie auch, die zächen Momente, die uns an den Rand der Verzweiflung bringen. Es gibt auch bei uns Tage, an denen alles schiefgeht und unsere Kinder und die ganze Welt sich scheinbar gegen mich verschworen haben. Neue, nie dagewesene Themen fordern uns immer wieder heraus. Sich an Abmachungen halten, Medienzeiten einhalten, Sackgeld verwalten, Ämtli erledigen und die Hausaufgaben sind bei uns Themen mit Konfliktpotenzial.

Was ich dir als Neu-Mama sagen will, es kommt wieder eine andere Zeit. Eine Zeit, in der du etwas mehr «Me-Time» zurückgewinnst. Eine, in der die Nächte wieder schlafreicher werden. Eine, in der du mal mit zwei rasierten Beinen unterwegs bist, gar Bodylotion drin liegt. Eine, in der du deinen Kafi heiss direkt aus der Maschine trinken, dich oftmals gar hinsetzen kannst, anstatt ihn entweder viel zu heiss im Stehen hinunterzukippen oder ihn schon wieder kalt zu trinken. Diese Zeit kommt wieder – ich wünsche es dir! Und dann sitzt du da, deine freie Zeit füllt sich so automatisch mit anderen Dingen und du freust dich auf den gemeinsamen Mittag oder Abend. Ein Wieder-auf-sich-freuen und einander das Erlebte erzählen und hoffen, dass die Kinder immer wieder gerne zu dir zurückkehren werden.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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