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Idealbilder, Bodyshaming und Körperdiversität

Ein gutes Körpergefühl für meine Mädchen

Der Umgang mit dem eigenen Körper kann in der Pubertät schwierig sein – besonders, wenn man das Gefühl hat, einem gesellschaftlichen Ideal entsprechen zu müssen. (Bild: nsl)

Wie kommt es, dass unser Körper ständig von aussen bewertet wird? Meist ungefragt. Als Mutter zweier Mädchen mache ich mir Gedanken darüber, wie sie ein positives Selbstbild entwickeln können.

Wir sind Vorbilder für unsere Kinder. Auch in der Art, wie wir über unseren eigenen Körper reden. Ob wir an ihm herumnörgeln – da zu viel, da zu rund, da zu wellig, da hängend, da zu wenig – und auch, ob wir lustvoll essen oder knallhart die Kalorien zählen. Laut oder nur im Kopf.

Auch, wenn wir auf der Waage stehen und die Augen verdrehen oder uns dabei ein Fluch über die Lippen rutscht. Unsere Kinder beobachten uns genau und werden es uns später gleichtun. Wer sich und seinen Körper ständig kritisiert, ist in Sachen Körpergefühl bestimmt kein gutes Vorbild für seine Kinder.

«Perfekte» Körper sind omnipräsent

Dieses Körpergefühl geht immer auch mit Bildern einher, die an einen herangetragen werden, sei es mit Plakatwerbung, Instagram oder TikTok. Noch haben meine Töchter keinen Zugang zu Letzterem. Und doch will ich sie ausrüsten für diese Zeit. Denn mit solch verzerrten Körperbildern mussten wir uns mit heranwachsendem Körper noch nicht befassen.

Die heutigen Kinder und Jugendlichen haben da noch zusätzliche Herausforderungen. Mädchen wachsen mit dem allgegenwärtigen Frauenbild der Werbung auf: gross, schlank, langbeinig, langes Haar, helle Haut, nicht zu viel und nicht zu wenig Busen, so scheint die perfekte Frau aussehen zu müssen. Dazu kommen Sendungen wie Germany’s Next Topmodel und die Artikel in Jugend- und Frauenzeitschriften, bei denen die Bilder meist bearbeitet sind. Als sei dieses Akzeptieren des eigenen Körpers nicht schon schwer genug.

Ich will, dass sie sich fragen, ob das Bild real ist oder ob da und dort gephotoshoppt wurde und auch, ob dieser Körper gesund sein kann. Ich wünschte mir so fest, dass sie sich nicht an retuschierten Fotos, perfekt geschminkten Models und Grössenwahn orientieren. Dies gelingt ja selbst mir nicht durchgehend. Doch was gebe ich ihnen dazu mit auf den Weg?

Jeder Körper ist einzigartig

Alle Menschen sehen anders aus und auch deren Körperformen sind ganz unterschiedlich. Jeder Mensch ist einzigartig. Wenn man über Körperformen spricht, so soll man dies stets positiv und vor allem mit Respekt tun. Ganz gleich, ob es um die Grösse, das Gewicht, die Körperform oder weitere körperliche Merkmale geht. Ich will ihnen ein Bewusstsein vermitteln für die diversen Körper. Ich möchte, dass Schönheit in ihrer Diversität gezeigt wird. Dieser Einheitsbrei ist doch nicht real und ob er spannend ist, sei dahingestellt.

Bodyshaming soll thematisiert werden zu Hause am Esstisch, im Freundeskreis, aber auch in der Schule. Es geht um des Kindes Körper, von dem wir schampar froh sind, dass er gesund ist, die Windpocken erfolgreich durchlebt und auch weiteren Käfer erfolgreich getrotzt hat.

Einer, der genau weiss, was zu tun ist bei Fieber, und die Zähne nach und nach ersetzt. Einfach so. Ein Körper, der das Kind auf Bäume klettern und vom Hochbett runterspringen lässt, es auf dem Velo durchs Quartier fährt und auf noch gwaggligen Schleifbewegungen auf Rollerblades an Nachbars Gartenzaun entlang hangeln lässt.

Das Idealbild wird durch die Gesellschaft definiert

Aber es reicht vielen nicht mehr, froh zu sein über gesunde Körper: Sie müssen auch einem Ideal entsprechen. Einem Ideal, welches durch die Gesellschaft definiert wird. Im Moment ist das: dünn. Wobei, das Ideal ist nur bei Mädchen dünn. Bei Jungen ist es: muskulös, aber dünn. Wenn du nur dünn bist, wirst du schnell mal «Spargel» genannt.

Ich will, dass sich die Kinder immer wieder fragen, wie sie «Schönheit» definieren, was sie an anderen schön finden und was an sich selbst. Und ganz wichtig: «Lass andere nicht an deinem Körper herumkritisieren. Niemand soll ungefragt dein Äusseres bewerten und somit dein Inneres ins Wanken bringen.»

Leider passiert dies Mädchen und später Frauen sehr oft. Jungs bestimmt auch, aber wahrscheinlich weniger. Die Standards mit Blick auf das Äussere sind bei Frauen einfach stärker gesetzt als bei Männern. Aber ich glaube, sie sind dort ebenfalls im Vormarsch.

Liebevollen Umgang mit dem eigenen Körper pflegen

Warum nicht einfach die Waage aus dem Haushalt verschwinden lassen? Wir denken darüber nach. Sich Gutes tun mit Bewegung, die einem Freude macht, ist bestimmt auch hilfreich. Lustvoll essen, dies gelingt uns besser, wenn wir gemeinsam gekocht haben. Für Essen schwärmen statt zu überlegen, wie viele Kalorien sich darin befinden.

Den Körper liebevoll pflegen, mit einer besonders fein duftenden Lotion eincremen oder sich eine Massage wünschen? Lieblingsmusik laut aufdrehen und wild durch die Wohnung tanzen. Sich verkleiden und in verschiedenste Rollen schlüpfen. Seinen eigenen Körper wertschätzen, für das, was er ist und tagtäglich leistet.

Voraussetzung für die Pubertät

Dies tönt esoterisch, ich weiss. Aber dies betrachte ich als eine wichtige Voraussetzung für die Pubertät. Dann nämlich, wenn sich der Körper verändert. Nichts gleichzeitig geschieht, sondern verrückt und alles gerät durcheinander. Dann, wenn Vergleichen unter Mädchen und Jungs unausweichlich ist und alle denken, irgendetwas an einem sei nicht in Ordnung.

Dann nämlich, wenn es ganz viel Selbstbewusstsein braucht, um seinen Körper so anzunehmen, wie er ist. Von Diversität von Mädchen- bzw. Frauenkörpern handelt das Bilderbuch «Liebe deinen Körper» von Jessica Sanders, erschienen von Carol Rossetti. Ein wundervolles, bestärkendes Buch für wirklich jedes Mädchen ab sieben Jahren. Es zeigt die ganze Palette an Mädchen und Frauen in Bildern und ermutigenden Aussagen.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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