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Rosa Rüschen und deren Folgen

Auch Mädchenkleider sollten eine Funktion haben

Bei Mädchenkleidung kommt die Funktionalität oftmals zu kurz. (Bild: pexels/Dobromir Dobrov)

Es gibt Kleider, die mich abschrecken. Nicht nur, weil sie mir optisch nicht gefallen, sondern weil sie förmlich danach schreien, nicht schmutzig zu werden. Solche Kleidung möchte ich für meine Kinder nicht.

Als Elisa vor etwas mehr als vier Monaten zur Welt kam, war unser Kinderkleiderschrank noch voll mit hellblauen Bodys, bubigen Shirts und Hosen mit Baggern und Bussen. Bei Emil habe ich mir gar nicht so viel dabei gedacht. Die meisten Sachen haben wir geschenkt bekommen und eigentlich hat mir alles gefallen.

Das sieht jetzt anders aus. Nach der Geburt von Elisa bekamen wir viele Kleider. Und bitte nicht falsch verstehen: Die meisten sind sehr schön. Meine Frau und ich freuen uns riesig. Aber ein kleiner Teil gefällt mir gar nicht.

Schön ist nicht immer praktisch

Dazu muss ich sagen, dass ich keine rosa Rüschen mag. Ganz ehrlich: Kleidung, die einen gewissen Grad an Funktionalität nicht erfüllt, ist für mich völlig sinnlos. Meine Meinung. Kleider sind dazu da, gebraucht zu werden.

Natürlich ist aber ein kleiner Teil der geschenkten Kleidung mit Rüschen, mit Spitzen und Verzierungen und in Farben, bei denen man bereits vom Hingucken Diabetes Typ zwei bekommt. Ja, ich übertreibe. Aber nicht allzu fest.

Im Sandkasten

Eigentlich ist es überhaupt total unnötig, dass Kleinkinder anhand ihrer Kleidung in Mädchen und Jungs differenziert werden können. Wenn man das als Eltern aber macht, finde ich, dass man etwas nicht vergessen darf: Kinder werden den Kleidern entsprechend behandelt.

Kleines Beispiel: Wenn ich mit Emil und seinen Kleidern im Sandkasten auf dem Spielplatz mit Wasser spiele, dann wird er dreckig. Nicht nur ein bisschen, sondern richtig. Niemand stört sich daran, und wenn ein fremdes Kind auf ihn zu rennt und mit ihm spielen will, gehe ich davon aus, dass es für alle Beteiligten eine Freude ist, beim Spielen dreckig zu werden.

Intuitive Reaktion

Wasser plus Sand bedeutet für Kinder oft viel Spass und Raum zum Toben. Ganz anders sieht es aus, wenn ein Mädchen mit rosa Rüschen im Sandkasten auf Emil zugeht. Wenn das passiert, ist meine erste Reaktion: «Emil, nicht zu wild.»

Klar, das ist meine Interpretation. Klar ist auch, dass weder die Eltern noch das Mädchen etwas gesagt haben. Und ich weiss, dass Eltern und Kind hoffentlich damit rechnen, dass die Kleider abends in der Wäsche landen. Trotzdem reagiere ich intuitiv so.

Schutz vor Schmutz

Gewisse Kleidung lässt mich als Vater also andere Kinder ausbremsen oder anders formuliert: Die Kleidung lässt mich eingreifen, bevor eine Begegnung zwischen Emil und einem anderen Kind entsteht. Bevor also die beiden die Möglichkeit haben, sich so, wie sie eben sind, kennenzulernen.

Ich weiss aus meinem Umfeld, dass es nicht nur mir so geht. Kleider, an denen jegliche Flecken herausstechen und wo sich Schmutzpartikel in allen Fältchen und Rüschen ansetzen können, nur um dann schwer gereinigt werden zu können, lösen bei vielen Menschen den Drang aus, das Kleidungsstück gegen jegliche Umwelteinflüsse zu schützen.

Reaktion ist normal

Ein Kind zu behandeln, als wäre es aus Zuckerwatte, hat Auswirkungen auf das Kind. Es macht etwas mit dem Kind. Und, zumindest meiner Meinung nach, hindert es die Kinder daran, sich frei zu entfalten und das zu tun, worauf sie Lust haben.

Auch wenn es die Eltern nicht stresst, heikle Kleidung zu waschen. Und selbst wenn ihnen kein Rüschenrock zu schade für eine Schlammschlacht ist, gibt es immer noch genug Menschen, die darauf reagieren.

Eingeschränkte Persönlichkeitsentwicklung?

Ganz klar: Kleider machen Leute. Und mit rosa Rüschen werden Mädchen Eigenschaften zugesprochen, die ihnen sonst nicht zugesprochen werden. Deshalb fällt es mir auch schwer, Elisa solche Kleider anzuziehen.

Mir ist schon klar, dass das Gleiche passiert, wenn meine Kinder mit schmutzigen blauen Jeans herumlaufen. Auch das hat Einfluss darauf, wie sie von anderen behandelt werden. Aber ich glaube, je funktioneller und je weniger heikel die Kleidung ist, desto weniger wird von aussen in das Spiel der Kinder eingegriffen. Desto mehr Gestaltungsfreiraum bleibt den Kindern für ihre Persönlichkeitsentwicklung.

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Kinder: Neun Monate sehnt man sie herbei und dann machen sie einen Haufen Arbeit. Und bestimmen ab sofort Mamis und Papis Leben. Fünf Mütter und ein Vater schreiben über ihren Alltag mit dem Familienzuwachs. Von Herausforderungen, Veränderungen, Ängsten und Freuden.
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Koni
    Koni, 04.02.2024, 18:59 Uhr

    Ist es nicht interessant, wie viel Neutralität wir unseren Kleinsten aufdrängen? Mir ging es ja nicht anders. Das Mädchen soll ja nicht in stereotyper rosa Kleidung daherkommen und den Jungen verschone ich mit blau. Umgekehrt möchte ich aber den Jungen nicht rosa kleiden… Vielleicht zielt es darauf ab, dass wir jegliche Stereotypen krampfhaft vermeiden möchten und die heranwachsende Person dann herausfinden muss, in welchem Geschlecht sie nun „zu Hause“ ist…

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