Bahntrassee-Erneuerung dauert 10 Monate

Auf den Zugerberg fährt nun eine Seilbahn

Bei der Zugerbergbahn gibt's viel zu tun, sie packen es symbolisch an: Cyrill Weber (links), Franz Weiss, Ruedi Bachmann, Bruno Badertscher, Urs Raschle, Vroni Straub, André Wicki, Cornelia Stocker-Meier und Philipp Hofmann. (Bild: zvg)

Die Seilbahn transportiert nur Material. Da die Standseilbahn auf den Zugerberg erneuert wird, müssen Ausflügler und Internatsschüler auf einen Ersatz-Bus ausweichen. Velofahrer und Biker sind anders gefordert.

Ab dem kommenden Montag steht die Standseilbahn auf dem Zugerberg für 10 Monate still. Denn nach 114 Jahren muss das Trassee erneuert werden. 14,5 Millionen Franken kostet das Projekt, für das etliche Jahre der Planung nötig waren.

Mehrere Dutzend Vertreter von Behörden, der Zugerberg Bahn (ZBB) und der beteiligten Bauunternehmen haben sich daher am Donnerstagmorgen an der Talstation Schönegg zu einem symbolischen Spatenstich zusammengefunden. «Nun geht es endlich los», sagt Vroni Straub, CSP-Stadträtin in Zug und Verwaltungsratspräsidentin der ZBB.

Kein Schlitteln am Zugerberg mehr

Fürs Publikum bedeuten die Erneuerungsarbeiten, dass die Schlittelsaison am Zugerberg in jedem Fall zu Ende ist, selbst wenn noch zwei Meter Schnee bis in die Niederungen fallen sollten. Die Geissbodenstrasse, auf welcher bei genügend Schnee der Schlittelweg verläuft, bleibt dem Baustellenverkehr und wenigen Anwohnern vorbehalten.

Zweitens und fast noch wichtiger: Die Transportkapazität des öffentlichen Verkehrs auf den Zugerberg sinkt während den Bauarbeiten. Zwar fährt ein Bus als Bahnersatz bis abends spät von der Schönegg über die Geissbodenstrasse auf den Zugerberg, doch das Fassungsvermögen des Fahrzeugs ist auf 70 bis 80 Personen begrenzt und der Bus fährt auch nicht ganz so oft wie sonst die Standseilbahn.

«Zudem nehmen wir mit dem Bus keine Velos mit», sagt ZBB-Geschäftsführer Philipp Hofmann. Die E- und Mountain-Bike-Fahrer werden den Zugerberg vorübergehend aus eigener Kraft erklimmen müssen. Weil mutmasslich weniger Velofahrer auf dem Zugerberg anzutreffen sind, nutzt auch die IG Mountain Bike die Gunst der Stunde und setzt während den Bauarbeiten ihren in die Jahre gekommenen Mountain-Bike-Trail instand.

Seilbahn am Zugerberg – aber nur fürs Material

Die 1907 erbaute Zugerbergbahn ist eine von acht Standseilbahnen, die in der Zentralschweiz noch in Betrieb sind. Zwei – die Dietschibergbahn in Luzern und die Fürigenbahn in Stansstad – wurden stillgelegt. Die beiden oberen Sektionen der Stanserhornbahn wurden zudem durch eine Seilbahn ersetzt.

Auch auf den Zugerberg führt in Zukunft eine Seilbahn – allerdings nur für Material. An der untersten Brücke, bei der Weiche in der Mitte der Strecke und bei der Bergstation sind derzeit drei Masten im Bau. Später werden Metallelemente für die neue Trasse am Seil den Hang hinaufgezogen. «Es wird in beschränktem Umfang aber auch zu Lastwagenfahrten auf der Geissbodenstrasse kommen», warnt Philipp Hofmann die Anwohner.

Nach den Bauarbeiten wird die Seilbahn wieder abgebaut. Ein Ersatz der Standseilbahn, etwa durch eine Gondelbahn, sei nicht beabsichtigt, sagt Vroni Straub. «Die Analyse des Seilbahnbauers Garaventa hat gezeigt, dass die Standseilbahn das optimale Verkehrsmittel für genau diese Strecke ist.»

Ausbau muss nächste Generation übernehmen

Bekanntlich hatte der grünalternative Zuger Stadtparlamentarier Patrick Steinle angeregt, die Zugerbergbahn bis nach Oberwil zu verlängern und über Gondeln nachzudenken, was im Parlament verworfen wurde (zentralplus berichtete). «Wir hatten im Stadtrat jedoch schon früher über die Möglichkeit einer Gondelbahn diskutiert, welche den Zugerberg auch auf der andern Seite nach Unterägeri verbinden könnte», sagt Stadtrat André Wicki (SVP), der ebenfalls im Verwaltungsrat der ZBB sitzt und ausserdem den Neubau der Trasse mitgeplant hat.

«Das wäre ein Generationenprojekt», sagt Vroni Staub zur möglichen Anbindung von Unterägeri und der oberirdischen oder unterirdischen Verbindung der ZBB-Talstation Schönegg mit Oberwil. Die Zukunft werde zeigen, was davon möglich ist. «Es ist eine schöne Vision», sagt Wicki, «die praktische Umsetzung ist dann aber eine andere Sache.»

Schluss mit Schneeschaufeln

Mit dem Neubau der Trasse wird nun der Unterhalt der Bahn vereinfacht. Bisher mussten nämlich immer nach starken Schneefällen die Geleise von Hand freigelegt werden. «Wenn es die Bahn am dringendsten brauchte, weil die Strassen nicht befahrbar waren, waren unsere Leute mit Schneeschaufeln beschäftigt», sagt Philipp Hofmann.

Dies ändert in Zukunft: künftig verläuft die Trasse 60 bis 80 Zentimeter über dem Geländeniveau. Die Metallkonstruktion steht bald auf Fundamenten, die alle 10 Meter mit Pfählen im Hang verankert werden. Denn dieser rutscht im oberen Teil der Strecke.

Aktionäre erhalten jedes Jahr ein Gnagi

Der Betrieb der Standseilbahn auf dem Zugerberg liegt in den Händen der Zugerland Verkehrsbetriebe, welche auch den Busverkehr und die Schifffahrt auf dem Ägeri- und Zugersee gewährleisten. Das sei praktisch, denn so könne die Belegschaft der Zugerbergbahn während der Bauarbeiten in den Bussen und auf den Schiffen beschäftigt werden oder sich weiterbilden, wie Hofmann erklärt. Einzig die Bergstation auf dem Zugerberg bleibt für Koordinations- und Informationsaufgaben bemannt.

Die Eigentümerin der Bahn ist eine Aktiengesellschaft, an welcher die Stadt Zug 52 Prozent der Anteile hält. Die Titel sind begehrte Aktien, die oft in der Familie vererbt werden. «Ich erhalte oft Anfragen, wie man sie bekommen kann», sagt Vroni Straub. An der Generalversammlung treffen sich dann jeweils um die 150 Teilhaber, um immer das gleiche Aktionärsessen einzunehmen: Traditionell nagen sie an einem Gnagi.

Diese Aktiengesellschaft finanziert auch den Neubau des Trassees mit einem Bankkredit. Die Stadt hat geholfen, günstige Konditionen dafür zu erreichen. Ein Achtel der Kosten trägt der Bund. Denn die Zugerbergbahn ist nicht nur ein touristisches Verkehrsmittel ins Naherholungsgebiet, sondern auch Teil des öffentlichen Verkehrs und gehört zum GA-Bereich. «Die ZBB ist fürs Institut Montana wichtig, aber auch für die mehreren hundert Bewohner des Zugerbergs», sagt Philipp Hofmann.

Sanfter Tourismus angestrebt

Die Frequenzen der Zugerbergbahn sind stabil und nehmen nur leicht zu über die Jahre: 330'000 Passagiere beförderte sie im Jahr 2000, 337'000 waren es im Jahr 2019 – vor der Pandemie. Rekord war 2017, als 397'000 Leute die Zugerbergbahn benutzten. Hofmann geht davon aus, dass man den Covid-bedingten Einbruch der Passagierzahlen schnell wieder wettmachen werde. Einen Boom schliesst er aber aus.

«Es gibt ein Leitbild, wie sich der Zugerberg entwickeln soll», sagt dazu André Wicki. Nämlich massvoll, als Naherholungsgebiet mit Qualität. «Wir wollen hier oben kein Hochstuckli», sagt er und spielt dabei auf die Hüpfburg und Erlebniswelten im nahen Sattel an, welche Menschen aus Zug und anderswo scharenweise anziehen.

Standseilbahnen: Alt, aber nicht veraltet

Standseilbahnen verbinden viele Leute indes nicht mit der Zukunft, sondern eher mit der Vergangenheit. Mit steilen Abgründen, die in der Gründerzeit durch wackelige Bähnchen erschlossen wurden. Doch das Bild stimmt nicht ganz.

Zwar sind Standseilbahnen sehr alte Verkehrsmittel, die es bereits im Mittelalter gab. Der sogenannte Reisszug in Salzburg etwa befördert seit 1460 Güter auf die Festung Hohensalzburg. In der Schweiz hatte der Bau von Standseilbahnen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Hochkonjunktur, ging aber nachher munter weiter, als Kraftwerke und Stauseen in den Alpen durch Werk-Standseilbahnen erschlossen wurden.

Die bestehenden Standseilbahnen zum Personentransport wurden oft dem Stand der Technik angepasst. Die erste Schweizer Standseilbahn von Ouchy nach Lausanne fährt mittlerweile auf Pneus statt auf Schienen und heisst Metro. Kurze Bahnen, wie die Luzerner Gütschbahn, fahren unbegleitet. Bei der 2017 neu erbauten Stoosbahn im Muotatal passen sich die Wagen der Hangneigung an.

Auch bei der Standseilbahn auf dem Zugerberg hat man stetig modernisiert. Denn eine Standseilbahn ist effizient und verbraucht nur wenig Energie. Das Gegengewicht des zweiten Wagens und die Erdanziehungskraft helfen beim Transport. Längst kann man beim Rollmaterial der ZBB durchs transparente Dach in den Himmel gucken und fährt zu den Randzeiten unbegleitet.

Verwendete Quellen
  • Medienanlass zum Spatenstich der Bauarbeiten
  • Gespräch mit verschiedenen Zuger Stadträten
  • Passagierzahlen aus ZBB-Geschäftsberichten
  • Aufstellung der Zahnradbahnen in der Schweiz, Literaturrecherche
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