Gemeinnützige Wohnungen: Ziel deutlich verfehlt

Stadt Luzern kündigt massenhaft günstige Wohnungen an

142 gemeinnützige Wohnungen an der Bernstrasse sind so gut wie fertig. (Bild: kok)

Der Anteil günstiger Wohnungen in Luzern stagniert seit Jahren. Jetzt ändere sich das, verspricht die Stadt. Doch es glauben ihr längst nicht alle.

Bis Ende 2037 muss jede sechste Wohnung in der Stadt Luzern gemeinnützig vermietet sein. Also ohne Gewinnabsicht, langfristig preisgünstig und für Personen, die auf dem freien Markt nur schwer eine Wohnung finden. So will es die städtische Initiative «Für zahlbaren Wohnraum», die 2012 angenommen wurde.

Doch bei der Umsetzung hinkt die Stadt hinterher. Neueste Daten aus dem zweiten Controllingbericht zur Wohnraumpolitik zeigen: Seit Annahme der Initiative wurden deutlich zu wenig gemeinnützige Wohnungen gebaut. Gleichzeitig verspricht der Stadtrat in seinem Bericht, dass die Stagnation jetzt ende.

Nur halb so viele Wohnungen gebaut wie gewünscht

Damit 16 Prozent der Stadtluzerner Wohnungen bis Ende 2037 gemeinnützig sind, muss jede dritte neu gebaute Wohnung gemeinnützig sein. So legte es die Stadt vor rund zehn Jahren fest. Bei durchschnittlich 300 neuen Wohnungen pro Jahr sind das 100. Nun zeigt sich, dass sie den Richtwert verfehlt hat.

Es wurden zwar 555 gemeinnützige Wohnungen gebaut, eigentlich sollten es aber über 1000 sein. Ausserdem ist der Anteil gemeinnütziger Wohnungen am Wohnungsbestand kaum gestiegen. Im Jahr 2012 waren 13,3 Prozent der Wohnungen in der Stadt Luzern gemeinnützig – im März 2024 waren es 13,8 Prozent.

Als Grund für das langsame Wachstum nennt die Stadt langwierige Verfahren, städtische Areale im Baurecht abzugeben. Ausserdem seien beim Obermaihof, am Libellenhof und in der Weinberglistrasse 200 gemeinnützige Wohnungen abgerissen worden – und noch nicht alle ersetzt.

Ab 2030 werden neue Gebiete erschlossen

Trotz der für die Stadt schlechten Neuigkeiten bleibt sie optimistisch. «Eine Steigerung des Anteils des gemeinnützigen Wohnungsbaus auf mindestens 16 Prozent bis ins Jahr 2037 ist weiterhin machbar», betont der Stadtrat in seinem Bericht und Antrag mehrfach. Und verspricht eine regelrechte Wohnungsflut in drei Phasen:

Stagnation (2012–2022): In den ersten zehn Jahren wurden nur 350 zusätzliche gemeinnützige Wohnungen gebaut. Das reichte nicht aus, um den Anteil dieser Wohnungen am Gesamtmarkt zu erhöhen.

Leichte Steigerung (2023–2032): Erste Projekte von gemeinnützigen Bauträgerschaften werden fertig (Libellenhof, Obermaihof, 2. Etappe Himmelrich 3); städtische Baurechtsabgaben zeigen Wirkung (Obere Bernstrasse, Eichwald, Hochhüsliweid, Industriestrasse, Staffelntäli, Hintergopplismoos, Littau West), und das EWL-Areal wird überbaut. Insgesamt entstehen 1000 gemeinnützige Wohnungen.

Mit der Überbauung Himmelrich 3 hat die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern (ABL) zuletzt 255 gemeinnützige Wohnungen geschaffen. (Bild: ABL)

Starke Steigerung (2033–2037): Ab 2033 wollen die Stadt und Private neue Gebiete erschliessen, zum Beispiel den Urnerhof, Vorderruopigen, Grenzhof, Kleinmatt und die Bireggstrasse sowie Reussbühl West. Allein entlang des Zimmereggwalds könnten 700 gemeinnützige Wohnungen entstehen (Längweiher/Udelboden).

Für den Wohnungsboom hat die Stadt auch ihre Ziele angepasst. Pro Jahr sind jetzt 130 gemeinnützige Wohnungen geplant. Paradox: Im gleichen Bericht schreibt der Stadtrat, dass bis zum nächsten Controllingbericht in fünf Jahren 520 gemeinnützige Wohnungen entstünden – also 130 Wohnungen weniger, als die neue Zielvorgabe verlangt.

Linke lancieren zwei Wohnrauminitiativen

Diese Widersprüchlichkeit ist auch dem Luzerner Mieterinnen- und Mieterverband aufgefallen. In einer Mitteilung schreibt er: «Wir teilen den Optimismus des Stadtrats nicht. Ohne konsequentes Handeln werden die Ziele der Initiative ‹Für zahlbaren Wohnraum› verfehlt.»

Angesichts der grassierenden Wohnungskrise fordert der Verband folgende Massnahmen: Der Stadtrat soll geeignete Grundstücke aktiver bereitstellen – auch mit Gebäuden. Und den bestehenden preisgünstigen Wohnraum sollen gemeinnützige Wohnbauträger erhalten, um ihn zu schützen.

«Die Förderung von zahlbarem Wohnraum kommt in Luzern kaum vom Fleck.»

Marco Müller, Grossstadtrat (Grüne)

Auch die städtische Linke zweifelt an der versprochenen Wohnungsflut. Daher erhöhte sie bereits im März den Druck. Sowohl die Grünen (zentralplus berichtete) als auch die SP haben eine Wohnrauminitiative lanciert (zentralplus berichtete). Beide fordern eine stärkere aktive Bodenpolitik.

Die Grünen kritisieren, dass die Stadt in den vergangenen Jahren kaum Grundstücke erworben hat. «Dadurch kommt die Förderung von zahlbarem Wohnraum in Luzern kaum vom Fleck», findet Grossstadtrat Marco Müller (Grüne). Ihre Initiative fordert, aktive Bodenpolitik zu betreiben, bis sich der städtische Grundbesitz verdoppelt hat. Ende April wird sie eingereicht.

Sechs Millionen Franken für eine bekannte Stiftung

Auch in seinem Bericht zur Wohnraumpolitik kündigt der Stadtrat eine aktive Bodenpolitik an. Hilfreich: Im Januar wurde die neue Gemeindeordnung angenommen. Seither ist die 30-Millionen-Limite gestrichen, und der Stadtrat darf Grundstückkäufe in beliebiger Höhe selbst tätigen.

Ausserdem will er die Stiftung für preisgünstigen Wohnraum Luzern (GSW Luzern) mit einem Sonderkredit von sechs Millionen Franken unterstützen. Sie stellt ihre 387 Wohnungen Mieterinnen zur Verfügung, die sonst kaum eine Wohnung finden können. Bis 2032 will die Stiftung ihren Wohnungsbestand auf 500 erhöhen.

Der Bericht listet weitere Ziele für die kommenden Jahre auf: Geld für ein Pilotprojekt im Gebiet Hintergopplismoos, ein Konkurrenzverfahren im Gebiet Vorderruopigen und zusätzliche Mittel für die «Attraktivität Luzerns für finanzstarke Bevölkerungsgruppen» sind nur einige Beispiele.

Sicher ist: Setzt die Stadt all ihre Ankündigungen innert Frist um, leistet sie dem gemeinnützigen Wohnungsbau in Luzern Vorschub. Doch das Ziel, in 13 Jahren jede sechste Wohnung gemeinnützig vermietet zu haben, bleibt trotzdem eine gewaltige Herausforderung.

Verwendete Quellen
  • Zweiter Controllingbericht
  • Bericht und Antrag des Stadtrats zur Wohnraumpolitik IV
  • zentralplus-Medienarchiv
  • Website des Bundesamts für Wohnungswesen zum gemeinnützigen Wohnungsbau
  • Website der Grünen Stadt Luzern zur Wohnrauminitiative
  • Medienmitteilung des Luzerner Mieterinnen- und Mieterverbands
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6 Kommentare
  • Profilfoto von Hansruedi Hitz
    Hansruedi Hitz, 17.04.2024, 17:03 Uhr

    Wenn man diskutiert, ob 1700 Franken Miete für eine Wohnung viel oder wenig sei, sollte man schon angeben, um was für eine Wohnung es sich handelt. Wer sich die Mühe macht, das aktuelle Angebot auf den einschlägigen Plattformen zu durchforsten, findet in Luzern ein halbes Dutzend Wohnungen mit 3 und mehr Zimmern die weniger als 1700.- im Monat kosten. Wenn es also um Angebotsmieten geht, dann sind 1700.- "günstig" für eine Wohnung, die für einen Mehrpersonenhaushalt taugt. Neubauwohnungen mit 3 und mehr Zimmern sind unter 2500.- pro Monat nicht auf dem Markt. Ein Ausnahme bilden die Erstvermietungen der abl und der BG Matt an der Bernstrasse, wo 3½ Zimmer ab 2200.- zu mieten sind. Auch nicht billig, finde ich.

    Ganz anders sieht es bei den Bestandesmieten aus — aber wer gibt schon freiwillig eine "günstige" Wohnung auf, die weniger als 1700.- kostet? Bei der viel gescholtenen abl übrigens hat eine 4-Zimmer-Wohnung im Durchschnitt 88 qm Wohnfläche und kostet pro Monat 1295 Franken (abl-Geschäftsbericht 2022). In der Tribschenstadt, wo die 2006 entstandenen abl-Wohnungen mal als teuer galten, liegt die Miete mit 15.4 Franken pro qm nur noch wenig über dem Schnitt aller 4-Zimmer-Wohnungen der abl.

    Fazit: Im Einzelfall mögen 1700 Franken Miete zu viel sein, wer aber zur Zeit in der Stadt Luzern eine Wohnung sucht, wird sich überglücklich schätzen, zu diesem Preis eine brauchbare Wohnung mit 3 oder mehr Zimmern zu finden.

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    Wieso, 17.04.2024, 12:18 Uhr

    Immobilien der Stadt Luzern werden immer noch via Vit B vermietet. Darunter gibt sehr günstige Wohnungen. Es gibt keine öffentliche Auflistung dieser Liegenschaften oder ein gerechtes Vermietungssystem, das z.B. nach Einkommenshöhe städtische Wohnungen vergibt. Es herrscht Vitamin B Immobilienfilz! Stadt Zurich macht das vorbildlich. In Luzern gibt es aber günstige Wohnbaubenossenschaft mit attraktiven Wohnungen, die ABL gehört aber leider nicht dazu!

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    Baldo, 16.04.2024, 15:05 Uhr

    Ich und wahrscheinlich viele andere, brauchen jetzt eine bezahlbare Wohnung und nicht im 2032 oder2037.
    Den Verzögerungen bei Baubewilligungungen die Schuld zu geben ist ein Hohn, wenn die eigentlich von ihnen bearbeitet oder vergeben werden.

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    Bubu, 16.04.2024, 15:03 Uhr

    Heute Morgen kam Frau Jost im Radio diesen Käse, Littau ist ein schöner Ort, da Wohnt man gerne günstiger Wohnraum, muss gefördert werden ,etwa wie Bernstrasse überteuert, oder der Skandal Himmelrich wo die bessere Gesellschaft die Wohnungen für 1,700 F und mehr, bekam, Neubau Grossmatte Ost ein Betonklotz zum Wohnen ,wie der West Block ,oder Gartenhiof, sieht so Frau Jost das künftige Littau aus ,, Günstiger Wohnraum heisst zum Bezahlen, das muss kontrolliert werden das auch diejenigen davon Profitieren können, und kommt mal von diesen Ekligen Betonklötzen weg, Meine Meinung.

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    • Profilfoto von Philipp
      Philipp, 16.04.2024, 18:43 Uhr

      Heute gilt 1'700 schon längst als günstig. Häuser werden halt auch nicht mehr für einen Apfel und ein Ei gebaut wie früher. Vor allem bei all den Bauvorschriften die heute eingehalten werden müssen und dem Ausbaustandard den viele erwarten kann man nicht erwarten, dass die Wohnungen "günstig" sind.

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    • Profilfoto von Kaktus 77
      Kaktus 77, 18.04.2024, 10:05 Uhr

      Du willst billig wohnen? Aber mit Aussicht Bahnanschluss witzig. Man kann nicht alles haben . Aber wenn ihr Abl als günstig bezeichnet diese hohen Warteschlangen und Mietkaution .Nein Danke bin über 10 Jahre Mitglied hatte keine Chance

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