Urteil wird nicht weitergezogen

Luzerner Theater: Architekten geben zähneknirschend auf

So soll das neue Luzerner Theater aussehen: das Siegerprojekt «überall». (Bild: Ilg Santer Architekten, Zürich.)

Mehrere Architekten reichten beim Kantonsgericht Beschwerden gegen den Projektwettbewerb zum neuen Luzerner Theater ein. Sie sind abgeblitzt – und akzeptieren das Urteil zähneknirschend, wie nun bekannt ist. Die Beschwerdeführer üben aber weiterhin harsche Kritik am Wettbewerbsverfahren.

Die Würfel sind schon lange gefallen. Theoretisch. Am 30. November 2022 erteilte der Luzerner Stadtrat dem Projekt «überall» von Ilg Santer Architekten nach einem anonymen Wettbewerb den Zuschlag (zentralplus berichtete).

Das alte Theatergebäude von 1839 soll bei diesem Siegerprojekt bestehen bleiben. In Richtung Jesuitenkirche wird es mit einem Anbau erweitert. Dieser gliedert sich in drei Teile. Einen liegenden, flachen Baukörper, der die Basis bildet und den Grossen Saal beherbergt, und zwei stehende Körper, welche der Bühne an- und dem Mittleren Saal aufgesetzt werden. Ein neues Haus muss deswegen her, weil das Luzerner Theater aus allen Nähten platzt und in die Jahre gekommen ist.

Architekten vor Kantonsgericht abgeblitzt

Nachdem die Stadt das Siegerprojekt präsentiert hatte, gingen die Wogen hoch (zentralplus berichtete). Und auch Architekten zeigten sich zumindest über das Wettbewerbsverfahren alles andere als erfreut. Deswegen reichten neun Architekturunternehmen beim Kantonsgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerden ein (zentralplus berichtete). Die Beschwerdeführer wurden vom Preisgericht für den zweiten Rundgang nicht qualifiziert, weil sie ein zweites Untergeschoss vorsahen.

Das Kantonsgericht trat auf vier Beschwerden nicht ein, die fünf verbliebenen wies es ab, wie es Mitte Mai verkündete. Es liege im Ermessensspielraum des Preisgerichts, die im Wettbewerbsprogramm vermerkten Risiken zu gewichten und andere Lösungen vorzuziehen. Das Verfahren sei demnach korrekt verlaufen. Die Wettbewerbsvorschriften sahen vor, dass Bauten mit einem zweiten Untergeschoss «mit grossen geotechnischen Risiken» verbunden seien. Deswegen seien sie «kaum wirtschaftlich zu realisieren». Dies ist aus dem Urteil zu entnehmen. Die Architekten behielten es sich vor, das Urteil vor Bundesgericht weiterzuziehen (zentralplus berichtete).

Beschwerdeführer verzichten auf Weiterzug

Darauf verzichten sie nun, wie in einer gemeinsamen Mitteilung vom Montag mitteilen. Sie kritisieren aber weiterhin das abgelaufene Wettbewerbsverfahren.

Das Kantonsgericht urteilte, dass der Wettbewerb korrekt abgelaufen ist. «Das konnte das Gericht tun, weil es der Jury einen äusserst grosszügigen Ermessensspielraum attestiert, der es erlaubt, die Spielregeln während des Verfahrens zu ihren Gunsten zu ändern und Bestimmungen nach eigenem Gutdünken zu interpretieren», so die Beschwerdeführer. Für sie werde dadurch eine «sachliche Verfahrensbeurteilung» fraglich. Sie ziehen das Urteil nicht weiter, weil sie davon ausgehen, «dass auch das Bundesgericht nicht in den Ermessensspielraum eingreift».

Mutig das Theater abgerissen – und gescheitert

Schon bei der Testplanung, die einen Erweiterungsbau und einen Ersatzneubau analysierte, habe man festgestellt, dass das Raumprogramm die örtlichen Verhältnisse sprenge. In der Folge habe das Wettbewerbsprogramm «klar den Abbruch des bestehenden Theatergebäudes deklariert», wobei «einzelne Elemente» in den Neubau integriert werden könnten.

«Über hundert Teilnehmende sind dem anfänglich mutigen Entscheid des Beurteilungsgremiums gefolgt und haben das Theater abgebrochen. Sie alle waren, wie sich im Nachhinein zeigt, zum Scheitern verurteilt.»

Die Beschwerdeführer

«Demnach sind über hundert Teilnehmende dem anfänglich mutigen Entscheid des Beurteilungsgremiums gefolgt und haben das Theater abgebrochen», halten die Beschwerdeführer fest. «Sie alle waren, wie sich im Nachhinein zeigt, zum Scheitern verurteilt, weil die Jury ein Projekt prämierte, das den alten Theaterbau weitgehend erhält.» Aus ihrer Sicht habe es die Jury auch unterlassen, «gute städtebauliche Lösungen mit Ankäufen zu würdigen». So wie sie auch, entgegen dem Programm und den Empfehlungen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins, nicht alle der 128 Teilnehmenden mit Plänen und Modellen korrekt ausgestellt hätten.

In den Untergrund eingreifen: Für Beschwerdeführer legitim

Die Wettbewerbsteilnehmer, die ans Kantonsgericht gelangten, sahen jeweils ein zweites Untergeschoss vor. Für sie war es naheliegend, in den Untergrund einzugreifen, weil das geforderte Raumprogramm die örtlichen Verhältnisse sprenge. Damit wollten sie den städtischen Freiraum und einen Theaterplatz für die Allgemeinheit erhalten, begründen sie.

«Stattdessen hat die Jury anders entschieden und beschlossen, den Theaterplatz bis auf den letzten Quadratmeter zu überbauen.»

Die Beschwerdeführer

Sie bedauern, dass ein Eingriff in den Untergrund auf zu wenig Verständnis gestossen sei. Solche Eingriffe seien seinerzeit für die Buobenmatt und das LUKB-Parking bewilligungsfähig und technisch machbar gewesen. «Ein solches Vorgehen hätte es erlaubt, einen grosszügigen Theaterplatz zu gestalten und die städtebaulich wichtige Verbindung von der Neustadt zur Altstadt, wie er mit der Passage bei der Buobenmatt vorgegeben ist, zu erhalten», so die Beschwerdeführer. Sie kritisieren weiter: «Stattdessen hat die Jury anders entschieden und beschlossen, den Theaterplatz bis auf den letzten Quadratmeter zu überbauen.»

Das neue Theater – so wie es das Siegerprojekt vorsieht – besetzt den Platz zwischen dem alten Gebäude und der Jesuitenkirche. Für die Beschwerdeführer bleibt es fraglich, ob es legitim ist, «diesen prominenten, wertvollen Freiraum zwischen altem Theater und Jesuitenkirche derart zu besetzen». Falls das Raumprogramm nun im Nachgang wesentlich verkleinert werde, erachten dies die Beschwerdeführer nicht mehr als «Weiterbearbeitung» des Siegerprojekts, was das Wettbewerbsverfahren ebenfalls infrage stelle.

Jetzt wird das Siegerprojekt überarbeitet – den Stapi freut's

Die Planungsarbeiten für das Theater sind bis zur Rechtskraft des Urteils blockiert. Da die Architekten das Urteil nicht anfechten, startet nun die geplante Überarbeitung des Siegerprojekts, wie die Stadt Luzern mitteilt. Beat Züsli, Präsident der Projektierungsgesellschaft und Stadtpräsident, zeigt sich erfreut und erleichtert darüber. «Nun sind die Unsicherheiten, welche die Verfahren ausgelöst haben, beseitigt und wir können zielgerichtet weiterarbeiten.»

«Es wird weitere Hürden geben, das war mir persönlich immer klar.»

Beat Züsli, Stadtpräsident

Auf Anfrage sagt Züsli weiter: «Es wird weitere Hürden geben, das war mir persönlich immer klar. Es ist hochanspruchsvoll, an einem solchen Ort in der Innenstadt ein Projekt von dieser Grösse zu realisieren.» Als mögliche Hürden nennt er die Unterstützung der Bevölkerung bei einer Abstimmung sowie Hürden rechtlicher Natur, wie beispielsweise Einsprachen, bis die effektive Baubewilligung vorliegt.

Nun kann es aber erstmal weitergehen. Die Projektüberarbeitung könne in Kürze starten, die entsprechenden Vorbereitungen wurden getroffen. Zusammen mit dem Architektenteam werden Vertretende des Luzerner Theaters sowie der Bauherrschaft Stadt Luzern unter der Projektleitung von Daniel Lengacher, Architekt aus Luzern, die Überarbeitung vornehmen.

Kritikpunkte werden überprüft

Während des Überarbeitungsprozesses werden verschiedene Kritikpunkte aus dem Jurierungsprozess geprüft und wo möglich verbessert. Ebenso würden «Diskussionspunkte, die die Öffentlichkeit stark geprägt haben», in die Überarbeitung miteinfliessen. Sei das die Zugänglichkeit der öffentlichen Räume, das Gastronomieangebot, die Saalgrössen sowie das Volumen beziehungsweise der Fussabdruck des Gebäudes insgesamt. «Wir sind zuversichtlich im Rahmen des Überarbeitungsprozesses auf viele Aspekte reagieren zu können und dass es uns so auch gelingt, die Bevölkerung vom Siegerprojekt ‹überall› zu überzeugen.»

Die Stadt rechnet damit, dass der Überarbeitungsprozess rund ein halbes Jahr dauert. Danach wird das Ergebnis in einer parlamentarischen Vorlage erläutert und zusammen mit dem Antrag für den Projektierungskredit dem Grossen Stadtrat vorgelegt. Dies dürfte Ende des ersten Quartals 2024 der Fall sein.

Verwendete Quellen
  • Mitteilung der Beschwerdeführer
  • Medienmitteilung der Stadt Luzern
  • Telefonat mit Stadtpräsident Beat Züsli
  • Infos zum Neuen Luzerner Theater auf der Website der Stadt Luzern
  • Medienarchiv von zentralplus
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