Neue Autos werden sauberer

Wie sich Zug vom Luftverpester zum Musterschüler mausert

Neuwagen stossen im Kanton Zug immer weniger CO₂ aus. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Das Auto hat im Kanton Zug einen hohen Stellenwert. Die Umweltwerte der Autos haben dabei bislang kaum eine Rolle gespielt. Nun aber dreht der Wind.

Es ist eine Rangliste, die man in Zeiten des Klimawandels wohl nur ungern anführte: die nationale Rangliste, die zeigt, in welchem Kanton die klimaschädlichsten Autos gekauft werden.

Jährlich veröffentlicht der Bund eine Statistik über die neu gekauften Autos in der Schweiz. Dabei bewertet der Bund auch, wie viele CO₂-Emissionen die neuen Autos im Durchschnitt ausstossen. Und während der letzten zehn Jahre führte der Kanton Zug diese Rangliste mit fast ähnlich grosser Souveränität an wie der FC Bayern München die deutsche Bundesliga.

Sprich: In keinem anderen Kanton stossen die Neuwagen im Durchschnitt so viel CO₂ aus wie in Zug. Einzig 2019 wurde Zug vom Kanton Schwyz von der Spitze auf den zweiten Platz verdrängt. Ansonsten steht der Kanton Zug seit 2014 und dem Start der Erhebung unangefochten an erster Stelle. Und das, obwohl seit Jahren bekannt ist, dass CO₂-Emissionen dem Klima schaden.

Plötzlich werden die Autos in Zug sauberer

Doch jetzt dreht der Wind. Denn auf der neusten Rangliste, welche die Statistik für das Jahr 2022 enthält, ist der Kanton Zug ins Mittelfeld abgerutscht. Gemeinsam mit dem Kanton Schaffhausen liegt Zug neu auf dem zehnten Platz. Stiessen neue Autos im Kanton Zug 2021 noch 145 Gramm CO₂ pro Kilometer aus, sind es 2022 noch 123 Gramm pro Kilometer. Das entspricht einem Rückgang von rund 15 Prozent. In keinem anderen Kanton sanken die Emissionen so stark wie in Zug. Im Schweizer Durchschnitt sanken sie um sieben Prozent.

Jahrelang stiessen Neuwagen im Kanton Zug am meisten CO₂ aus. 2022 präsentiert sich das Bild ganz anders. (Bild: Bundesamt für Energie)

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Elektroautos liegen in der gesamten Schweiz, insbesondere aber in Zug, im Trend. Ein Drittel aller 2022 neu gekauften Autos in Zug werden elektrisch angetrieben. Das ist der Höchstwert in der Schweiz.

Doch eigentlich gilt Zug schon lange als Pionier-Kanton für die Elektromobilität (zentralplus berichtete). Warum also wirkt sich das erst jetzt auf die Statistik aus?

Die Schattenseite der Zuger Autostatistik

Das liegt zum einen an den internationalen Lieferketten, die aufgrund der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs teilweise zusammenbrachen (zentralplus berichtete). So sagt Sara Gianella, Sprecherin der Zuger Sicherheitsdirektion, auf Anfrage: «Wir können bestätigen, dass die Erstinverkehrsetzung von rein elektrisch betriebenen Neuwagen im Kanton Zug aufgrund der nicht mehr vorhandenen Lieferengpässe stark zugenommen hat.»

«Zug hat seit jeher stark motorisierte Neuwagen und einen hohen 4×4-Anteil, all das sind Faktoren, die zu einem hohen CO₂-Ausstoss führen.»

Brigitte Mader, Sprecherin Bundesamt für Energie

Nun fällt dieser wachsende Anteil Elektroautos erstmals ins Gewicht – und vermag so zum anderen die Schattenseite der Zuger Autostatistik zu überdecken. Denn Zug stand nicht ohne Grund während Jahren auf dem ersten Platz der CO₂-Rangliste. Zuger Autos verbrauchen überdurchschnittlich viel Benzin und Diesel. Auch diese Rangliste des durchschnittlichen Treibstoffverbrauchs führte der Kanton Zug während Jahren an.

Das bestätigt Brigitte Mader, Sprecherin des Bundesamts für Energie: «Zug hat seit jeher stark motorisierte Neuwagen und einen hohen 4×4-Anteil, all das sind Faktoren, die zu einem hohen CO₂-Ausstoss führen.»

Wohlstand hilft Zug bei der Trendwende

Für die Trendwende in dieser Statistik kommt dem Kanton nun sein Wohlstand zugute. So sagt Brigitte Mader: «Die hohe Kaufkraft spielt hier sicher eine Rolle.» Auch diese Aussage lässt sich mit der Neuwagenstatistik des Bundes belegen. Mit durchschnittlich 64’000 Franken sind die Neuwagen im Kanton Zug so teuer wie sonst nirgendwo in der Schweiz.

«Das aktuelle Angebot an Elektroautos ist vor allem in der Mittel- und der Oberklasse besonders breit, dort finden sich für alle Bedürfnisse entsprechende Fahrzeuge», so Mader. «Es kommt hinzu, dass die Preise für Elektroautos aktuell teilweise noch höher sind als diejenigen vergleichbarer Verbrenner, auch hier spielt dann die hohe Kaufkraft im Kanton Zug eine Rolle.»

Elektroautos alleine genügen nicht

Das Bundesamt für Energie geht davon aus, dass sich der Trend hin zu Elektroautos weiter fortsetzt. Nebst dem Umweltbewusstsein der Konsumentinnen spielen hier auch das wachsende Angebot an Elektroautos, der technische Fortschritt und die immer besser ausgebaute Ladeinfrastruktur für E-Autos eine wichtige Rolle. Zudem passen immer mehr Kantone ihre Motorfahrzeugsteuer so an, dass Besitzer von Elektroautos steuerlich entlastet werden.

Allerdings hinkt die Schweiz trotz Elektrotrend nach wie vor ihren eigenen Umweltzielen für Neuwagen hinterher. Darum mussten die Autoimporteure 2022 insgesamt rund 20 Millionen Franken Busse an den Bund zahlen.

Brigitte Mader bleibt optimistisch: «Die Schweiz ist auf einem guten Weg, aber es braucht natürlich weitere Anstrengungen.» Dazu zählt Mader «eine vermehrte Nutzung des öffentlichen Verkehrs und auf kürzeren Strecken den Umstieg aufs Velo oder E-Bike.» Denn die Elektromobilität alleine wird auch den Kanton Zug nicht zum Klima-Vorzeigekanton machen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Sara Gianella
  • Neuwagenstatistik des Bundes
  • Schriftlicher Austausch mit Brigitte Mader
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8 Kommentare
  • Profilfoto von Franz
    Franz, 20.07.2023, 11:02 Uhr

    E-Autos sind etwas für gutverdienende Lifestyle-Grüne mit Ladestation im EFH. Das ist der Grund, und nicht das Klimaproblem. Deshalb ist in der Schweiz das Potenzial für E-Autos beschränkt. VW, Audi, BMW, MB produzieren nur noch E-Autos im Premiumsegment, da die Marge bei Kleinwagen zu klein ist. In China drängen die günstigen chinesischen Kleinwagen die deutschen Prestigemarken gerade aus dem grössten Absatzmarkt. In der Schweiz werden sich jedoch die chinesischen E-Autos kaum durchsetzen. Der Durchschnittsverdiener ohne eigene Ladestation wird beim günstigen, praktischen Verbrenner bleiben.

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    • Profilfoto von Manjaro
      Manjaro, 20.07.2023, 12:23 Uhr

      Zuerst, ich bin kein Lifestyle-Grüner…. habe kein EFH, bin Mieter mit Ladestation. Kann man organisieren oder man lebt modern genug, dass bereits reagiert wurde.
      Alles andere was sie sagen ist Quatsch.
      Die deutsche Autoindustrie hats einfach wie so oft verpasst. Scheitert aber vor allem an Software und Plattform. Bitter….

      Chinesische Fahrzeuge gibt es zu tausenden auf CH-Strassen, elektrisch und nicht.
      Braucht etwas Weitsicht, mit der Zeit wird sich aber jeder daran gewöhnen.

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      • Profilfoto von Franz
        Franz, 20.07.2023, 15:24 Uhr

        Tausende chinesische Autos in der Schweiz? Das ist Unsinn. Oder in Ihrer Sprache: Quatsch. Die Europäer wollen günstige und geräumige europäische und japanische Autos. Seit die Förderbeiträge in DE gekürzt worden sind, ist dort der Absatz der Batterieautos zurückgegangen, weil der Normalo eben nicht 50’000 Euro bezahlen kann.
        In unserer Tiefgarage mit 12 Plätzen hat gerade mal ein Mieter eine Wallbox einrichten lassen, auf eigene Kosten. Sollten das mehr wünschen, braucht es einen stärkeren Hausanschluss (mehr Ampere). Das ist teuer, der Vermieter verrechnet das natürlich den Mietern (auch denen ohne Auto) weiter.
        Dann gibts noch die Schlaumeier, die ihre Batterie die ganze Nacht an der Haushaltsteckdose laden.

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        • Profilfoto von Manjaro
          Manjaro, 20.07.2023, 17:12 Uhr

          Alles nachzulesen,…. wenn möglich.

          Bei uns hat es 65 Wallboxen, 62 genutzt.
          Kommt halt auch auf die Klientel an.

          Ein VW Golf hat vor 12 Jahren auch schon 32kCHF gekostet, da haben auch alle geweint.
          Aber die Preise werden sich ja noch senken.

          Und ob sie es glauben oder nicht, sie werden auch noch elektrisch fahren. Es brauchte von der Kutsche zum Auto auch etwas Überwindung und hat funktoniert.

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  • Profilfoto von Markus Rotzbeutel
    Markus Rotzbeutel, 20.07.2023, 09:11 Uhr

    Kein Auto wäre besser, wie im Artikel ja erwähnt wird. Strassenbau und Reifenabnutzung belasten die Umwelt auch extrem. Weniger Strassenfläche heisst auch mehr Anbaufläche für unsere Bauern!

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    • Profilfoto von Philipp
      Philipp, 20.07.2023, 10:40 Uhr

      Ihr Argument wird natürlich gerne benutzt da man durch die Elektrifizierung der Autos krampfhaft nach neuen Gründen suchen muss um das Auto zu verbieten.
      Aber die Behauptungen sind eigentlich Quatsch.
      Würden alle Pendler die heute das Auto benutzen auf den ÖV umsteigen, würde dieser zuerst mal komplett kollabieren. Der ÖV bräuchte dann nämlich die 3fache Kapazität. Auch der Reifenabbau und die Strassenabnutzung würde nicht wirklich verringert. So ein Bus wiegt ohne Passagiere alleine schon 15 Tonnen und mehr. Durch das enorme Gewicht belastet so ein einzelner Bus die Strassen wesentlich mehr. Man muss sich nur mal die Spurrillen anschauen die diese hinterlassen.
      Wenn man ehrlich ist muss man sagen, dass es nach der Elektrifizierung der Autos keine wirklichen Gründe mehr gegen Individualverkehr gibt.
      Da gäbe es ganz andere Dinge die man anpacken müsste um die Umweltbelastung zu reduzieren.

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      • Profilfoto von hopplaschorsch
        hopplaschorsch, 21.07.2023, 08:49 Uhr

        Aha, und die Abertausenden ca. 1,5 t schweren Autos, die mit 200-300 PS und ca. 80 kg Mensch (=1 Person) täglich unterwegs sind, belasten die Infrastruktur in der Summe weniger, als der ÖV? Was ist denn das für ein Quatsch?

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        • Profilfoto von Sandro
          Sandro, 21.07.2023, 11:37 Uhr

          @Hopplaschorsch Das ist doch kein Quatsch. Philipp hat da leider recht. Ein schwerere Bus belastet die Strasse deutlich mehr als hunderte Fahrzeuge die 1/10 davon wiegen. Als Strassenbauer kann ich davon ein Liedchen singen. Warum müssen wir den Untergrund bei allen Haltestellen mit Betton verstärken? Warum sind vor Ampeln die Spurrillen so tief? Das kommt alleine von dem enormen Gewicht und nicht von der Menge. Wenn man noch all die Passagiere zum Gewicht eines Busses dazu rechnet, kommt der locker sogar auf 23t.
          Und jetzt kalkulieren Sie mal noch dazu, dass es 3mal mehr Busse benötigen wird um all die neuen Pendler zu transportieren. Dann wird es noch deutlicher.

          Und mal abgesehen von den Bussen.
          All die Pendler bräuchten auch 3mal mehr Platz in den Zügen. Wo wollen Sie die alle fahren lassen? Auf dem Schienensystem das heute schon am Anschlag läuft? So viele Gleise wie es benötigen würde können Sie gar nicht bauen.

          Man muss einfach endlich verstehen dass es nicht ein gegeneinander sein sollte, sondern ein miteinander. Es braucht den ÖV genau so wie den Individualverkehr. Abgesehen davon sind sehr viele Leute beruflich auf das Auto angewiesen. Und damit meine ich nicht den Arbeitsweg sondern um Ihre Arbeit aus zu führen. Wie komme ich und mein Material wohl zu den Baustellen. Mit dem ÖV? Es führt kein kein Weg an Autos, Transportern und Lastwagen vorbei.

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