Die Stadt Luzern gab den Ausschlag

«Wir verändern Luzern zu einem progressiven Kanton»

David Roth, Hasan Candan und Ylfete Fanaj liegen sich in den Armen. (Bild: Emanuel Ammon/Aura)

Überraschend zieht die SP mit Hasan Candan und David Roth in den Nationalrat ein. Letzterer spricht von einem «grundlegenden Wandel» im Kanton. Seine Parteikollegin und Luzerner Regierungsrätin Ylfete Fanaj sieht das kritischer.

Als die Türen des Ritterschen Palastes aufschwingen, gibt es kein Halten mehr. Eine breite Front an SP-Mitgliedern und Sympathisanten jubeln wie wild. In der Mitte stehen David Roth und Hasan Candan Arm in Arm. Gemeinsam wurden die beiden in den Nationalrat gewählt.

Ebenfalls im Zentrum der jubelnden Menge steht Ylfete Fanaj. Die Regierungsrätin schaffte diesen Frühling den Sprung in die Exekutive und gab der SP dort nach acht Jahren Unterbruch wieder eine Stimme. Sie sagt: «Es ist ein super Jahr für die SP in Luzern.» Ihre beiden «Weggefährten» David Roth und Hasan Candan strahlt sie an, als die Menge sie hochleben lässt.

Die SP wird zur Wahlsiegerin

Dabei sah es während des Wahltags lange anders aus. Bis zuletzt lag die SVP vorne, im Regierungsgebäude rechnete man damit, dass sie den Linken einen Sitz abnehmen und drei Nationalräte nach Bern schicken würde. Dann folgte die Auszählung der Stadtluzerner Stimmen, und alles verschob sich. Die GLP verlor einen Sitz, doch nicht an die SVP, sondern an die SP.

Nachdem die SP bei den vergangenen beiden nationalen Wahlen jeweils knapp am zweiten Sitz vorbeigeschrammt ist, ist der Coup jetzt geglückt. Damit hätte selbst der frisch gewählte Nationalrat David Roth nicht gerechnet. «Ich habe ein paar Wochen vor der Wahl gesagt, es könnte für zwei Sitze langen. Aber als die SVP in den Umfragen gestiegen ist, bekam selbst ich Zweifel.»

«Das Präsidium der SP Schweiz konnte es kaum fassen, dass wir aus Luzern zwei Sitze für die SP abliefern können.»

David Roth, gewählter Nationalrat (SP)

Dass es nun anders gekommen ist, hat auch auf Bundesebene für Überraschung gesorgt. «Das Präsidium der SP Schweiz konnte es kaum fassen, dass wir aus Luzern zwei Sitze für die SP abliefern können», erzählt David Roth. Für ihn sei die Wahl ein Zeichen für einen «grundlegenden» Wandel im Kanton Luzern.

Ein Wandel im Kanton Luzern?

Der frisch gewählte Nationalrat und Präsident der SP Luzern sagt: «Wir verändern den Kanton Luzern hin zu einem progressiven Kanton, in dem Solidarität und Toleranz wichtig wird.» Dabei würden Hunderte Menschen helfen, die der Partei auch in den Landgemeinden ein «vertrauensvolles Gesicht» geben.

«Der Kanton Luzern bleibt immer noch bürgerlich, auch wenn er jetzt ein wenig linker geworden ist.»

Ylfete Fanaj, Regierungsrätin Luzern (SP)

Die Regierungsrätin Ylfete Fanaj, die mit Roth und Candan lange im Kantonsrat sass, sieht das ein Stück weit kritischer. «Der Kanton Luzern bleibt immer noch bürgerlich, auch wenn er jetzt ein wenig linker geworden ist.» Sie freue sich natürlich über den Sitzgewinn. Trotzdem brauche es für die SP noch «etwas Zeit», um auch auf dem Land stärker zu werden.

Hasan Candan kann sein Glück nicht fassen

Einer, der in der Stadt Luzern lebt und im Wahlkampf besonders dort präsent war, ist Hasan Candan. «Mir war wichtig, dass ich auf allen Kanälen sichtbar bin. Auf Plakaten, in Bussen und digital.» Sein Glück darüber, dass es für ein Ticket nach Bern gereicht hat, kann er am Wahltag «kaum in Worte fassen». Für ihn sei die Wahl «Anerkennung und Bestätigung für eine solidarische und linke Politik».

David Roth und Hasan Candan liegen sich in den Armen. (Bild: Emanuel Ammon/Aura)

Der junge Vater aus dem Tribschen-Quartier will in Bern Randgruppen eine Stimme geben. Menschen mit Migrationshintergrund, Leute, die in der Pflege schaffen, in der Kinderbetreuung oder in sozialen Einrichtungen: Sie alle würden von der Politik nicht die Anerkennung erhalten, die sie verdienen. «Ich werde mich in Bern dafür einsetzen, dass das in vier Jahren anders aussieht.»

«Meine Wahl ist ein Zeichen, dass die Schweiz gleiche Chancen bietet.»

Hasan Candan, gewählter Nationalrat (SP)

Hasan Candan habe selbst einen Migrationshintergrund, wie er erzählt. Sein Vater stammt aus der Türkei, seine Mutter aus der Schweiz. «Meine Wahl ist ein Zeichen, dass die Schweiz gleiche Chancen bietet», sagt Candan, der Doppelbürger ist. Stellvertretend dafür steht auch seine Parteikollegin und heutige Regierungsrätin Ylfete Fanaj, die als Kind aus dem Kosovo in die Schweiz kam.  

Dafür wollen sich die Nationalräte einsetzen

Was in Bern auf dem Plan steht? «Wir müssen sicherstellen, dass Menschen in dem Land keine Sorgen mehr haben, ob das Geld im nächsten Monat noch langt», sagt David Roth. Nur so könnten Krisen wie der Klimawandel bewältigt werden. Hasan Candan möchte sich auch für eine intakte Natur einsetzen. «Für eine gerechte und solidarische Schweiz müssen alle Menschen Zugang haben zu den natürlichen Ressourcen.»

Dass es nicht leicht wird, diese Ziele in Bern umzusetzen, ist den beiden bewusst. Roth fühlt sich aber gewappnet. «Ich kenne es, aus einer Minderheit politischen Anliegen zum Durchbruch zu verhelfen. Das ist im nationalen Parlament, das rechter geworden ist, sicher nicht schlecht.» Hasan Candan ergänzt: «In Bern kommt viel Arbeit auf uns zu, aber wir sind topmotiviert.»

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Hasan Candan
  • Gespräch mit Ylfete Fanaj
  • Gespräch mit David Roth
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18 Kommentare
  • Profilfoto von Rudolf Schweizer
    Rudolf Schweizer, 24.10.2023, 05:59 Uhr

    Die Inflation Probleme werden leider und es spielt keine Rolle wer in Parlament vertreten ist weiter zunehmen. Die Schweiz mit ihrer hohen Spekulationssucht kommt in den Sog des Sozialen Zerfalls. Mietzinsobergrenzen fehlen, der Kranken Kranken Kassen ist nicht mehr zu Helfen, da bekomme ich eine Abrechnung für CHF 19.90 als Sammelrechnung mit sechs A4 Seiten und eine Seite mit einem Einzahlungsschein, gehe dann zur Post und zahle dann dort ein dort die CHF 19.90 so haben dann die Postangestellten Arbeit die sie dann mit ihrem Lohn den sie erhalten wieder abliefern an die Kranken Kranken Kassen und den Spekulanten in der Immobilien Welt. Freude herrscht.

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  • Profilfoto von hombi
    hombi, 23.10.2023, 15:04 Uhr

    Herzliche Gratulation zum Wahlerfolg! Hasan Candan stellt den Menschen in den Mittelpunkt und nicht das eigene Ego!

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  • Profilfoto von Redaktion zentralplus
    Redaktion zentralplus, 23.10.2023, 12:22 Uhr

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  • Profilfoto von tonino wir sind cool.org
    tonino wir sind cool.org, 23.10.2023, 10:41 Uhr

    Bonne Chance à Berne 👍
    Es gibt noch zu tun, Kompromisse zu finden und viele Brücken zu bauen – um Hindernisse zu bewältigen. 🔗📌

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  • Profilfoto von Sapperlotta
    Sapperlotta, 23.10.2023, 08:54 Uhr

    Glückwunsch , aber mal halblang: SP ist nur in der Stadt dominant. Und hier hoffentlich nicht mehr auf so unsägliche Vorstösse mehr angewiesen wie „Gratis Sonnencreme“, „ gegen Muskelprotz auf Fitnessplakaten“…Mit solider Arbeit zu Mieten, Krankenkassen, auch Zuwanderung ( dochdoch!) in Bern brillieren. Nach der Wahl ist vor der Wahl. Dazu die besten Wünsche.

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    • Profilfoto von Hanspeter Flueckiger
      Hanspeter Flueckiger, 23.10.2023, 14:27 Uhr

      Die SP ist vermutlich wohl eher die geeignete Partei, wenn es darum geht, die exorbitant hohen Gesundheitskosten zu bekämpfen. Schauen Sie sich in den Verwaltungsräten von Leistungserbringern um, da sitzen nur SVP, FDP und Die Mitte Sympathisanten. Ich gehe mit Ihnen einig, dass die Zuwanderung besser kontrolliert werden muss, denn diese schafft effektiv grosse Probleme im Arbeitsmarkt. Den Fachkräftemangel hätte die Politik schon längstens korrigieren können, indem man den Markt für Ü50 attraktiver gestaltet. Und jetzt raten Sie mal, wer bei den Pensionskassen in den VR sitzt.
      Aber man wählt dann lieber eine Bauersfrau, welche im Vorfeld der Wahlen schon jammert, dass man auf die Regionalspitäler wie Wolhusen und Sursee acht geben soll. Eine Politikerin, welche wohl kaum dafür steht, dass ein fundamentaler Wechsel im Gesundheitswesen vollzogen werden kann. So werden die Krankenkassenprämien weiterhin der grösste Budgetposten für Familien bleiben. Auch ein Peter Schilliger, der im VR des Luzerner Kantonsspitales sitzt, wird dem Prämienzahler sicher keinen Nutzen bringen. Tja, man könnte es besser wissen, würde man sich die Kandidaten etwas genauer angucken.

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    Kasimir Pfyffer, 23.10.2023, 08:24 Uhr

    Eine tolle Überraschung und eine gute Nachricht für den ganzen Kanton!

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    Ex-BoomerIn, 23.10.2023, 08:12 Uhr

    Die FDP macht das schlechteste Wahlresultat seit 1848 und die SVP war ausser 2019 seit 30 Jahren nicht so schlecht.
    Mann kann Geschichte auch umschreiben und über „die links-grünen Machos“ herziehen.

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    Hegard, 23.10.2023, 07:39 Uhr

    Ich kann mir nicht vorstellen, was die SP unter Progressiv versteht, ausser das Alle Auslagen progressiv rauf gehen!

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    Lucommenter, 23.10.2023, 07:23 Uhr

    Bei einem um 0.1 % erhöhten Wähleranteil der SP, würde ich mehr von sehr viel Glück als von Wandel sprechen. Schweizerisch ist der SP Wähleranteil stärker gestiegen, als in Luzern. Und was progressiv ist, ist relativ.

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    Franz, 23.10.2023, 07:23 Uhr

    Sie nennen es progressiv. Für mich ist es linksgrünes Spiessertum.

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      PSCHT, 23.10.2023, 08:31 Uhr

      Braucht jetzt neuerdings jeder einen eigenen Namen für Progressiv und Konservativ nur um seinem Frust etwas mehr Ausdruck zu verleihen? Für mich ist es infantiles Verhalten.

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    Theres, 23.10.2023, 06:53 Uhr

    „Wir verändern Luzern zu einem progressiven Kanton“ und wo, liebe SP, sind eure Frauen? Zwei Nationalräte und beides Männer! Gemäss Homepage setzt ihr euch für „Gleichstellung “ ein und schafft es nicht, zumindest eine Frau nach Bern zu bringen und in den Präsidien von Partei (Kanton und Stadt), in Fraktionsvorsitzen der Räte sowie beim Stadtpräsidium auch nix… und für die Stadtratswahlen 2024 übersiedelt man eine Frau aus Emmen, die das schlechteste Ergebnis der NR-Wahlen in der Stadt ablieferte! Liebe Genossinnen und Genossen, schauen wir mal künftig etwas selbstkritischer in den Spiegel.

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      MOSSAD-bruchstrasse, 23.10.2023, 07:41 Uhr

      chills, die beiden werden gute arbeit leisten

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      Wöfli, 23.10.2023, 07:46 Uhr

      Das hat nicht mit der SP zu tun, sondern mit den Stimmen der Wähler:innen?! Ist ja nicht so, dass auf der SP-Liste nur Männer standen.

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      Pierre Lustig, 23.10.2023, 08:08 Uhr

      Auf die Personen bezogen waren das ganz einfach die beste Leute die zur Wahl standen. Wichtiger war eh das eine Frau als Regierungsrätin zum Zuge kam. PS: kleiner Tipp an die SP Luzern: hört auf mit dem Telefon-Stimmenfang, dann wähle ich Euch auch wieder….

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      • Profilfoto von Kommentarschreiber
        Kommentarschreiber, 23.10.2023, 10:55 Uhr

        Ja, lustiger Kommentar, Pierre, das scheint Ihr ultimatives Abstimmungskriterium zu sein. Aber schön, dass Sie scheinbar keine anderen Probleme haben, die Ihr Abstimmungsverhalten beeinflussen.

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      • Profilfoto von Roli Greter
        Roli Greter, 23.10.2023, 11:07 Uhr

        Ich habe mich als ehemaliger SPler und Gewerkschafter telefonisch aus dem Verteiler abgemeldet und wurde seither nicht mehr angerufen. Danke dafür.

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