Transparenz bei Politikfinanzierung

So viel lassen sich Luzerner Parteien die Wahlen kosten

Über dem Bundeshaus braut sich etwas zusammen – auch der Wahlkampf zieht nun stetig an. (Bild: Michael Flückiger)

Erstmals legen wirklich alle Luzerner Parteien ihr Budget für Wahlen offen. Grund dafür sind neue Transparenzregeln des Bundes. Die Zahlen offenbaren grosse Unterschiede – und dass längst nicht nur Luzerner im hiesigen Wahlkampf mitmischen.

Lange machten die Luzerner Parteien ein Geheimnis um die Gelder, die aus ihren Kassen in den Wahlkampf flossen. Vor gut einem Jahr schickten sie eine Vorlage zur Transparenz in der Politikfinanzierung bachab (zentralplus berichtete). Und für die Kantons- und Regierungsratswahlen im April wehrte sich die Mitte noch gegen eine Offenlegung (zentralplus berichtete).

Bei den eidgenössischen Wahlen am 22. Oktober kommt die Luzerner Politik jedoch nicht mehr drum herum. Zu diesen gelten erstmals Transparenzvorschriften. Diese besagen: Wer mehr als 50’000 Franken für den Wahlkampf ausgibt – egal ob Parteien, Verbände oder Privatpersonen –, muss sein Budget offenlegen. Dabei werden Urheber von Spenden über 15’000 Franken namentlich aufgeführt. Bis zum vergangenen Donnerstag mussten die Parlamentarier und Politikerinnen ihre Finanzen selbst deklarieren. Die Korrektheit der Angaben dürfte in ihrem Interesse liegen. Bei Verdacht auf Pflichtverletzung kann die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) Strafanzeige einreichen: Es drohen Bussen bis zu 40’000 Franken.

zentralplus hat sich für dich durch das Register gewühlt. Wo möglich, sind auch Links zu Medienmitteilungen und Artikeln beigefügt.

Mitte: Eine Viertelmillion für den Wahlkampf

Wenig überraschend gibt die Mitte als stärkste Partei in Luzern auch am meisten für ihren Wahlkampf aus. Schliesslich gilt es, drei Nationalrats- und einen Ständeratssitz zu verteidigen. Dafür nimmt sie eine Viertelmillion in die Hand, wovon gut 30’000 Franken aus anonymen Spenden stammen.

Ein pralles Portemonnaie haben auch die Mitte-Kandidaten, allen voran der Politik-Rookie Adrian Steiner aus Weggis. Der CEO der Thermoplan AG hat ein Budget von 147’800 Franken, wovon er 137’800 Franken aus eigener Tasche bezahlt. Damit investiert Steiner eine der schweizweit höchsten Summen in den eigenen Wahlkampf. Knapp höher liegt der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter mit 160’000 Franken. Damit liegt sein Budget leicht höher als das des bisherigen Nationalrats Leo Müller. Der Ruswiler hat 101’450 Franken zur Verfügung, wovon er aber «nur» 34’450 aus eigener Tasche bezahlt. Woher die 50’000 Franken Spenden kommen, lässt er im EFK-Register offen.

Adrian Steiner hat ein pralles Budget für den Wahlkampf – das er unter anderem für Plakate in Bussen ausgibt. (Bild: mik)

Doch nebst Steiner investieren auch andere Mitte-Kandidaten viel, um den Sitz der abtretenden Ida Glanzmann zu beerben. So lässt sich Mitte-Fraktionschef Adrian Nussbaum den Wahlkampf 95’000 Franken kosten – davon stammen 80’000 von nicht genannten Spenderinnen. Der von der «Luzerner Zeitung» zum «Panaschierkönig» gekürte Pius Kaufmann hat ein Drittel weniger Geld zur Verfügung, zahlt dafür aber die Hälfte selbst. Woher die restlichen 30’000 kommen, verrät auch er im Register nicht. Mit 60’000 Franken hat die Vizepräsidentin der Kantonalpartei Karin Stadelmann ein ähnliches Budget wie Kaufmann. Auch sie hat 30’000 Franken von anonymen Spendern erhalten. Zudem investiert sie 25’000 Franken aus eigenen Mitteln.

SP: Viel Budget und schweigende Kandidaten

Am zweitmeisten investieren für einmal nicht die Bürgerlichen, sondern die SP. Sie gibt im EFK-Register ein Budget von 196’383 Franken an. Davon stammen rund 22’000 Franken von nicht genannten Geldgeberinnen. Zudem sind rund 3005 Franken sogenannte «nicht monetäre Zuwendungen». Das können beispielsweise Vergünstigungen sein, morgendliche Gipfeli- und Flyerverteilaktionen, Arbeitsaufwände oder sonstige Dienstleistungen.

Ein Teil der Spenden dürfte jedoch von der Mutterpartei stammen. Diese meldet ein Budget von 1,7 Millionen Franken – alles aus anonymen Spenden. Sie unterstützt die kantonalen Sektionen mit unterschiedlichen Beiträgen. Beispielsweise erhält Basel-Land 12’000 Franken und die Zürcher Sektion fast 45’000 Franken (zentralplus berichtete).

Zu den Budgets der einzelnen Kandidatinnen herrscht im EKF gähnende Leere. Womit sich deren Aufwendungen unter dem Schwellenwert 50’000 Franken bewegen müssten.

FDP: Spenden von Unternehmen und Banken

Die Luzerner Freisinnigen lassen sich die eidgenössischen Wahlen 160’000 Franken kosten. Davon stemmt sie etwas mehr als die Hälfte allein, 75’000 Franken stammen aus Spenden. Dabei können sie auf einen Grossspender zählen: Die Donatorenvereinigung FDP Luzern unterstützt ihren Wahlkampf mit 20’000 Franken.

Die gleiche Summe an Spenden hat der Vitznauer Herzchirurg und Gemeinderat Thierry Carrel erhalten. Von wem, lässt er offen. Insgesamt gibt er 60’000 Franken für seinen Wahlkampf aus, wovon er zwei Drittel selbst berappt. Offenlegen musste sein Budget auch der Schenkoner Kantonsrat Thomas Meier. Er nimmt für die Wahlen rund 100’000 Franken in die Hand. Die Hälfte davon liess sich der Geschäftsführer der Lehner Versand AG von seiner Firma spenden. Zudem wendet er rund 40’000 Franken aus eigener Tasche auf.

Viele kleine Geldgeberinnen hat wiederum Parteipräsidentin Jacqueline Theiler. 80’000 Franken erhält sie aus anonymen Geldquellen – lediglich 5000 Franken zahlt sie selbst darauf. Auf einige grosse Geldgeber kann hingegen der bisherige Nationalrat Peter Schilliger zählen. Von seinem Budget in der Höhe von 115’000 Franken stammen gut drei Viertel aus Spenden. Davon stammen 20’000 Franken von Raiffeisen Schweiz, 15’000 Franken von TCS Schweiz und ebenfalls 15’000 Franken vom Schweizerischen Gebäudetechnikverband. Selbst investiert er 12’400 Franken.

Grüne: Mit Unterstützung aus dem Hause Töngi

Sehr genau nehmen es die Luzerner Grünen. Sie stecken etwa gleich viel Geld wie die FDP in den Wahlkampf: nämlich 155’041.97 Franken. Die 41.97 Franken stammen aus nicht detaillierter genannten «nicht monetären Zuwendungen». Zudem haben sie rund 60’000 Franken an Spenden erhalten. Die Hälfte davon stammt aus dem Haushalt Töngi: Der Luzerner Nationalrat und sein Partner Thom Schlepfer unterstützen die Partei mit je 15’000 Franken.

Michael Töngi (links) und sein Lebenspartner Thom Schlepfer (hier auf einer Reise) unterstützen die Grünen finanziell. (Bild: Archivbild: zvg)

Im Gegensatz zu den Zuger Grünen findet sich im EFK-Eintrag der Luzerner kein Hinweis auf eine Spende der Mutterpartei. Diese hat von der Sika-Erbin Carmita Burkard eine Spende von rund einer Million Franken erhalten. Die Zuger Nachbarn erhielten davon eine Tranche von 25’000 Franken. Auch zu den einzelnen Kandidaten finden sich keine Einträge. Jedoch sagte Grüne-Geschäftsleiter Gian Waldvogel gegenüber der «Luzerner Zeitung», Michael Töngi und sein Partner würden die gleiche Summe in den eigenen Wahlkampf wie die Spende an die Partei investieren.

SVP: Starke Unterschiede in der eigenen Finanzierung

Die SVP meldet ein Budget von 121’000 Franken, wovon die eine Hälfte aus der Vereinskasse und die andere Hälfte aus anonymen Geldquellen stammt. Fast gleich viele Spenden hat der bisherige Nationalrat Franz Grüter erhalten, von wem ist unklar. Selbst investiert er 5000 Franken. Sein Gesamtbudget von 65’000 Franken hat er als einer der Ersten schweizweit gemeldet.

Nebst dem Eicher Nationalrat legt auch die Udligenswiler Kantonsrätin Jasmin Ursprung ihre Finanzen offen. Wobei diese etwas verwirrend aufgeführt sind. Gemäss ihrem Budget investiert sie 77’000 Franken in den Wahlkampf, davon 76’000 Franken aus Spenden. Angeblich gibt sie nur 1000 Franken selbst aus. Doch ihr Name findet sich ebenfalls unter ihren Grossspendern: Sie spendet sich selbst 36’000 Franken für ihren Wahlkampf.

GLP: Wenig Informationen

Das kleinste Budget weisen die Luzerner Grünliberalen auf. Sie investieren 92’500 Franken in die eidgenössischen Wahlen, wovon 37’000 Franken aus anonymen Quellen stammen. Weitere Informationen zu ihrer Finanzierung finden sich nicht, auch die Kandidatinnen haben keine Zahlen veröffentlicht.

Gemäss dem Artikel der «Luzerner Zeitung» erhält die GLP jedoch 13’000 Franken von ihrer Mutterpartei. Diese zahlt gemäss EFK-Register rund 845’000 Franken für den Wahlkampf. Und konnte dabei auf finanzielle Unterstützung durch den Schweizerischen Arbeitgeberverband in der Höhe von 30’000 Franken zählen.

Weitere Geldgeber

Nebst den Parteien mischen verschiedene weitere Verbände und Organisationen bei den Wahlen mit. Der Zürcher Verband GastroSuisse unterstützt beispielsweise mit insgesamt 315’000 Franken 160 bürgerliche Kandidaten. Darunter auch einige aus Luzern: Franz Grüter (SVP), Leo Müller (Mitte), Peter Schilliger (FDP), Priska Wismer-Felder (Mitte) und Karin Stadelmann (Mitte). Nebst den Gastronomen erfahren die Bürgerlichen auch finanzielle Unterstützung durch die Baumeister. Der Schweizerische Baumeisterverband investiert 100’000 Franken für 68 Kandidaten, darunter auch Karin Bühler (FDP), Thomas Meier (FDP), Damian Müller (FDP), Peter Schilliger (FDP) und Adrian Steiner (Mitte).

Auch der Schweizerische Gewerbeverband steckt Geld in den Wahlkampf. Er wirft dafür 395’000 Franken auf, womit er in Luzern die Bisherigen Leo Müller und Peter Schilliger unterstützt. In deren EKF-Eintrag findet sich auch, was die Unterstützung beinhaltet: Plakate, Inserate und Social-Media-Werbung im Wert von rund 17’600 Franken.

Leo Müller kann auf die finanzielle Unterstützung von Gastronomen, Baumeistern und Gewerbe zählen. (Bild: bic)

Der Schweizerische Bauernverband (SBV) investiert 80’000 Franken für «bäuerliche» Kandidaten, von denen beispielsweise Priska Wismer-Felder profitieren dürfte. Zudem unterstützt der SBV die Allianz «Perspektive Schweiz». In dieser kämpfen Economiesuisse, der Schweizerische Gewerbeverband, der Schweizerische Arbeitgeberverband und der SBV zusammen für Unternehmer, Gewerblerinnen und Bauern. Alle vier Verbände steuern dazu 500’000 Franken bei, die «Perspektive Schweiz» deklariert ein Budget von insgesamt 2,2 Millionen Franken. Deren Kosten für die eidgenössischen Wahlen dürften jedoch noch höher liegen, wie der «Beobachter» schreibt. Denn den Wahlkampf hat die Allianz bereits vor mehr als einem Jahr gestartet – deklarieren müssen die Verbände gemäss Transparenzvorschriften aber nur Aufwände, die sie ein Jahr vor dem Wahltag hatten.

Umweltverbände versuchen, grüne Welle zu reaktivieren

Doch nicht nur bürgerliche Verbände werfen Geld für den Wahlkampf auf. So beteiligt sich auch eine «Klima-Allianz Schweiz» mit 337’000 Franken am Wahlkampf. Diese hat unter anderem Spenden durch Greenpeace Schweiz, WWF Schweiz, der Stiftung Stopp Klimakrise und von Christine Marchand, der Geschäftsleiterin und Gründerin einer Stromvergleichsplattform, erhalten. Sie unterstützen zwar explizit keine Kandidatinnen. Gemäss eigenen Angaben will die Allianz «die Bevölkerung und die Politik an die Notwendigkeit des raschen Handelns beim Klimaschutz erinnern».

Ein ähnliches Ziel hegt auch die «Umweltallianz». Diese investiert 161’000 Franken, finanziell unterstützt durch WWF Schweiz, Pro Natura, Greenpeace Schweiz, VCS Schweiz, der Schweizerischen Energiestiftung und BirdLife Schweiz. Auch sie unterstützen keine Kandidaten per se, sondern nutzen dieses Geld für «Information», «Mobilisierung» und das «Umweltrating». Letzteres ist eine Website, auf der der Verband die umweltrelevanten Abstimmungen im National- und Ständerat analysiert hat und basierend darauf die bisherigen Parlamentarier bewertet. Auch der WWF Schweiz gibt separat nochmal 185’000 Franken an, die er für Information und Mobilisierung aufwendet. So wollen die Umweltverbände es schaffen, bis zum Oktober die grüne Welle wieder zu aktivieren.

Transparenzvorschriften mit Löchern

Die neuen Transparenzvorschriften beleuchten nicht jeden Fleck der Politikfinanzierung. Zum einen beruhen die Angaben auf der Selbstdeklaration der Politiker. Zudem weisen die Regeln gewisse Löcher auf, wie etwa die «Republik» aufführt. Das offensichtlichste: die Limite. Gemäss Reglement sind nur Budgets über 50’000 Franken meldepflichtig – Parteien wie die Zuger SP und GLP können ihre Finanzen darum für sich behalten.

Auch Spenderinnen müssen nur ab 15’000 Franken aufgeführt werden. Bis 14’999 Franken bleiben die Gönner somit der Öffentlichkeit fern. Dies wurde etwa bei Abstimmungen in der Stadt Bern bereits angewandt. Dort erhielt ein Abstimmungskomitee der Bürgerlichen mehrere Spenden in der Höhe von 4999.50 Franken – die Limite liege dort bei 5000, wie der «Beobachter» zum Fall schrieb.

Eine andere Möglichkeit zur Anonymität sind Spenden über Vereine und Stiftungen, wie beispielsweise der «Verein für bürgerliche Politik» bei der Zuger SVP. Der Verein muss die Geldgeber dahinter nur bekannt geben, wenn er Spenden über 15’000 Franken erhält, die explizit für den Wahlkampf oder eine bestimmte Abstimmungskampagne getätigt worden sind.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Hanspeter Flueckiger
    Hanspeter Flueckiger, 14.09.2023, 12:35 Uhr

    Das Parlament und somit die Parteien haben sich die Transparenzvorschriften selbst auferlegt. Gewisse Parteien haben so genannte Stiftungen errichtet, damit die Einflussnahme von Unternehmen nicht gleich allzu offensichtlich ist. Der Stimmbürger ist leider immer noch zu faul, selbst zu recherchieren. Kann man alles wissen und dementsprechend seine Konsequenzen ziehen. Herr Blocher mag einem nicht sympathisch sein, doch wenigsten steht er dazu und nennt das Münz aus seiner Portokasse (CHF 0,5 Mio.) beim Namen. Andere Unternehmen versuchen noch immer ihre Spuren zu verwischen. Bern lässt sich mit dem vielen Geld aus der Wirtschaft ganz gut lenken. So sieht’s aus!

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  • Profilfoto von Raffael
    Raffael, 14.09.2023, 10:51 Uhr

    Alleine in der Statistik sind rund 1 MIO CHF. Wahrscheinlich ist da eh nicht alles aufgeführt, und es gibt weitere «Kässeli».
    Wenn ich dann höre, dass trotzdem nur rund 1/4 der Bevölkerung entscheidet (Gesamtbevölerung – nicht Stimmberechtigte – nicht Wählende), wäre ich interessiert an anderen Lösungen.
    Wer hat eine?

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