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Drohende Blechlawine in Zug

Stadttunnel: «Bitte keine Grossbaustelle mitten in Zug!»

Der Verkehr gehört zu den dominanten Themen des Kantons Zug. Im Bild die Bahnhofstrasse in der Stadt Zug. (Bild: Andreas Busslinger)

«Hilfe! Eine Grossbaustelle mitten in der Stadt! Und das über Jahre!» Ich gebe zu, das ist ein ziemlich reflexartiger und sehr egoistisch-subjektiver Einwand gegen den Zuger Stadttunnel. «Schliesslich bin auch ich für eine verkehrsberuhigte, attraktive Stadt», schreibt SP-Gemeinderätin Marilena Amato Mengis im Politblog.

Das Wichtigste vorab: Hauptsächlich geht es den Planern darum, den Verkehr zu verflüssigen. Dank Tunnel soll das historische Zentrum vom Durchgangsverkehr entlastet und aufgewertet werden. Allerdings – so ist auch festgehalten – brauche es dazu flankierende Massnahmen.

Diese sind noch nicht bekannt und Sache der Stadt. Der Kanton «schenkt» der Stadt Zug also einfach mal den Tunnel. Ein Geschenk, das die Steuerzahlenden einmalig 700 Millionen und für den Betrieb dann rund eine Million jährlich kostet.

Verlagerung statt Reduzierung

In diesem Punkt ist der Kanton klar: Es geht nicht etwa um eine Reduktion des Verkehrs, sondern um eine Verlagerung. Es ist sogar damit zu rechnen, dass durch den Ausbau noch mehr Autos nach und durch Zug fahren. Die Ein- und Ausfahrten des Tunnels kommen beim Gubelloch (beim Bahnhof) und bei der Artherstrasse zu liegen. Dadurch entsteht eine Art Schnellstrasse unter der Vor- und Altstadt hindurch. Diese wird den Durchgangsverkehr schlucken.

Soweit so gut. Viel bedeutender ist aber der Ziel- und Quellverkehr aus der Stadt selbst, weil Herr und Frau Zuger auch für Kurzstrecken bequemer mit dem Privatauto fahren. Dieses Problem wird nicht gelöst, sondern potenziell verschärft. Die einwohnerreichsten Quartiere im Westen der Stadt müssen mit massiv mehr Verkehr rechnen.

Der Kanton ist brutal ehrlich

Eine regelrechte Blechlawine ist beim Gubelloch vorgesehen: Rund viermal mehr Autos werden über die heute schon unübersichtliche und sehr breite Strasse rollen. Da diese Masse ja irgendwo abfliessen muss, ist zu befürchten, dass es bald eine Verlängerung der General-Guisan-Strasse über die heute noch grünen Felder brauchen wird.

Dass das Tunnelportal ausgerechnet beim Gubelloch, also beim Bahnhof und Metallizentrum zu liegen kommt, ist für mich komplett unverständlich. Hier nutzen täglich tausende Menschen Züge, hier wird eingekauft, gearbeitet, gegessen und umgestiegen. Hier, an der Naht zum «zukünftigen» Zug wird ein Verkehrsschlund in der Breite ähnlich einer Autobahn gebaut. So wird die bereits durch die Bahnlinie geteilte Stadt noch zusätzlich zerstückelt.

Es werden keine ökologischen Ziele verfolgt

Ist der Bau und Unterhalt eines Strassentunnels vereinbar mit den Klimazielen? Ich habe nicht recherchiert, wie viel graue Energie in so einem Projekt steckt. Doch allein die Tatsache, dass damit keinerlei ökologischen Ziele verfolgt werden und kein einziges Auto weniger fahren wird, sollte doch für Fundamentalkritik reichen.

Kann ein Projekt, das vor bald 10 Jahren verworfen wurde, die Lösung für die Mobilitätsbedürfnisse unserer Kinder in 20 Jahren sein? Wieso wurde in all den Jahren nicht ein einziger Pilotversuch mit alternativen Verkehrsführungen gestartet? Beim Jodlerfest hat die Sperrung der Vorstadt doch wunderbar geklappt.

Mein Fazit

Zug verdient ein verkehrsberuhigtes Zentrum. Das Zentrum ist dort, wo Zug wohnt, lebt und arbeitet. Natürlich soll auch die Altstadt entlastet werden. Aber nicht damit der Verkehr flüssiger rollt, sondern damit sie zum Bummeln einlädt, Lädeli und Gastrobetriebe in eine attraktive Umgebung eingebettet sind. Damit sie zukünftigen Generationen erhalten bleibt. Dafür braucht es moderne Mobilitätskonzepte.

Schauen wir in fortschrittliche Städte im Norden, wo auch Autos fahren, aber Velos das Stadtbild prägen. Schaffen wir ein durchgängiges, attraktives und sicheres Netz für Fussgängerinnen und Langsamverkehr. Schaffen wir Frei- und Begegnungsräume. Machen wir das Auto überflüssig, anstatt noch mehr davon anzuziehen.

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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Stefan Hodel
    Stefan Hodel, 15.10.2023, 10:10 Uhr

    Danke für diesen guten Artikel! Nach der sehr deutlichen Absage der Abstimmenden vor wenigen Jahren zum damals geplanten Stadtrunnel ist das neue Projekt eine «Trötzelei». Der Energiemangel war vor einem Jahr das ganz grosse Thema, aktuell ist er wieder etwas in den HIntergrund gerutscht. Es bleibt aber die zentrale Frage: Woher nehmen wir die viele Energie diesen Tunnel zu bauen und später: Mit welcher Energie sollen die zukünftigen Nutzer unterwegs sein? Benzin und Diesel stehen in naher Zukunft nicht mehr zur Verfügung und können unmöglich durch Solarenergie ersetzt werden. Den Solarstrom brauchen wir für den Ersatz des Atomstroms. Wir müssen keinen Tunnel bauen für den Verkehr, wie wir ihn heute kennen, der hat definitiv keine Zukunft. Der Anteil des motorisierten Individualverkehrs der Zukunft muss kleiner sein. Die Autos der Zukunft sind kleiner, leichter und fahren in der Stadt langsamer als heute. Der Verkehr wird somit erträglicher, auch ohne Tunnel.

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  • Profilfoto von Black Pearl
    Black Pearl, 13.10.2023, 10:25 Uhr

    Die Zuger wollen keinen Tunnel. Ein Tunnel schafft neue Probleme.

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  • Profilfoto von Costa
    Costa, 12.10.2023, 12:33 Uhr

    Mann will weniger Verkehr in der Stadt, baut man ein Tunnel. Baut mein ein Tunnel sind sie auch nicht zufrieden. Die Autos werden sich nicht in Luft auflösen, das Verkehrsaufkommen wird immer grösser. 2035 wird es mehr Verbrenner den je geben und zusätzlich viele Elektro Fahrzeuge.

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