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Ist das Klimaschutz-Gesetz überhaupt umsetzbar?

So schaffen wir das Netto-null-Ziel bis 2050

Roland Fischer, Nationalrat GLP Kanton Luzern gibt eine Einschätzung zum Klimagesetz (Bild: Adobe Stock)

In der Volksabstimmung vom 18. Juni wurde das Klima- und Innovationsgesetz von einer Mehrheit von 59,1 Prozent der Stimmberechtigten angenommen. Das Gesetz ist jedoch in weiten Teilen ein Rahmengesetz, das mit zusätzlichem Inhalt gefüllt werden muss. Die Schweiz soll bis zum Jahr 2050 das Netto-null-Ziel erreichen.

Netto null bedeutet, die Schweiz soll ab 2050 nicht mehr Treibhausgase in die Atmosphäre ausstossen, als durch natürliche und technische Speicher aufgenommen werden. Massnahmen zur Erreichung der im Gesetz verankerten Ziele sollen deshalb möglichst schnell ergriffen werden. Mit innovativen Technologien, neuen Finanzierungsinstrumenten und einer Integration in den EU-Strombinnenmarkt werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Schweiz das Netto-null-Ziel bis 2050 erreicht.

Die Schweiz gehört zu den innovativsten Volkswirtschaften der Welt. So belegte sie zum Beispiel im Jahr 2022 den ersten Rang des Global Innovation Index, vor Schweden und den USA. Diese hohe Innovationskraft gilt es zu nutzen, um den Energieverbrauch effizienter zu machen. Digitale Anwendungen und Steuerungen erlauben es, den Stromverbrauch laufend an die täglichen Schwankungen in der Stromproduktion anzupassen. Die Gebäudeautomation führt deshalb zu einem enormen Energiesparpotenzial.

In die Technologie vertrauen

Die Digitalisierung ermöglicht auch eine effizientere Steuerung des Verkehrs. Zudem gilt es, die Elektromobilität in die Regulierung der Stromversorgung miteinzubeziehen. Jede Batterie eines parkierten Autos ist ein Energiespeicher, der mit intelligenter Steuerung optimal genutzt werden kann. Schwankungen in der Stromproduktion zwischen den Jahreszeiten, die zum Beispiel bei der Solarstromproduktion auftreten, benötigen zusätzliche Speichermöglichkeiten.

Neben den bestehenden Speicherseen werden in der Zukunft vermehrt sogenannte Power-to-X-Technologien angewandt. Damit kann überschüssiger Solarstrom in den Sommermonaten in synthetische Treib- und Brennstoffe umgewandelt und gespeichert werden. Um die Winterlücke zu decken, wird der synthetische Treib- oder Brennstoff wieder in Strom umgewandelt oder direkt für den Betrieb von energieintensiven Prozessen genutzt. Die Innovationskraft ist auch der Schlüssel zur Entwicklung von Negativemissionstechnologien. Mit ihnen sollen dereinst Restmengen an CO2 aus der Atmosphäre entnommen und dauerhaft gespeichert werden.

Die Finanzierung erleichtern

Innovationen sind oft mit hohen Risiken verbunden und benötigen viel Kapital. Privates Kapital hat derzeit jedoch Mühe, in grossem Umfang und der notwendigen Geschwindigkeit den Weg zu Projekten zu finden, die einen hohen Investitionsbedarf und ein erhöhtes Risiko aufweisen. Dazu gehören insbesondere Grossinvestitionen im Bereich der erneuerbaren Energien oder Investitionen in die oben erwähnten Power-to-X-Technologien und Negativemissionstechnologien.

Ein bereits in verschiedenen Staaten erprobtes Konzept zur Mobilisierung von privatem Kapital zur Finanzierung solcher Investitionen ist die Schaffung einer Green State Investment Bank oder eines Klimafonds. Erste Vorstösse dazu sind im Parlament bisher leider knapp gescheitert. Es ist jedoch gut möglich, dass dereinst die Stimmbevölkerung über die sich im Sammelstadium befindende Klimafonds-Initiative abstimmen kann.

Mehr Europa wagen

Ein Stromabkommen mit der Europäischen Union (EU) ist im ureigenen Interesse der Schweiz. Weil jedoch die Verhandlungen mit der EU über einen institutionellen Rahmen für die bilateralen Verträge vor zwei Jahren vom Bundesrat einseitig abgebrochen und bisher nicht wieder aufgenommen wurden, stockt die Integration der Schweiz in den Strombinnenmarkt der EU. Dieser ist jedoch nicht nur für die EU-Mitgliedstaaten, sondern auch für die Stromversorgung der Schweiz zentral.

Denn die Schweiz liegt mitten in Europa und ist somit unmittelbar von der Weiterentwicklung des EU-Strombinnenmarktes betroffen. Die Stromnetze der Schweiz und der EU sind an mehr als 40 Netzkuppelstellen verbunden. Das Abseitsstehen der Schweiz hat direkte Konsequenzen auf die Stromversorgung der Schweiz. Sie ist von wichtigen Prozessen wie zum Beispiel der europäischen Marktkoppelung, dem grenzüberschreitenden Kurzfrist-Handel und der geplanten Regulierung von grenzüberschreitenden Reservekapazitäten ausgeschlossen.

Dies gefährdet die Netzstabilität und treibt die Kosten für die Stabilisierung nach oben. Die Schweiz soll deshalb so rasch wie möglich ein Abkommen zur vollständigen Integration in den EU-Strombinnenmarkt abschliessen. Das schliesst die Strommarktliberalisierung selbstverständlich mit ein. Denn Preissignale und Märkte sind entscheidend für eine effiziente Stromversorgung und -regulierung. Sie widerspiegeln Knappheit und Überfluss und bringen Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht.

Verwendete Quellen
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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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