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Restaurant-Test

«Perron Nord»: Ein wilder Abend in Rotkreuz

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • Preiskategorie●●●●●●
  • Küche Schweizerisch
  • Ambiente Modern
Auf der Terrasse des «Perron Nord» finden in den warmen Monaten rund 60 Personen Platz. (Bild: hch)

Vor rund einem Jahr öffnete das renovierte Restaurant «Perron Nord» in Rotkreuz seine Türen. Neben dem Bahnhof ist man erfreulich unkompliziert, es wird frisch und saisonal gekocht. Bei unserem Restaurant-Test wähnten wir uns fast schon in den Dolomiten – oder gar in noch höheren Gefilden.

Es ist Freitagabend, man geniesst den Einstieg ins Wochenende. Wie eine Türsteherin empfängt die Bedienung ihre Gäste an der Nebentüre und lässt sie tröpfchenweise ins nicht allzu grosse «Perron Nord». Dank der Reservation erhalten wir im vollen Lokal einen schönen Ecktisch.

Neben Schweizerdeutsch wird an den Nebentischen Englisch und Italienisch gesprochen. Zuwanderung ist im früheren Bauerndorf Alltag, die Gemeinde Risch-Rotkreuz ist in den letzten 70 Jahren von 1630 Einwohnern auf über 11'200 Personen gewachsen. Nicht ganz so intensiv war die Entwicklung in der Gastronomie, einschliesslich Holzhäusern bringt es die Gemeinde aber doch auf etwa 15 Lokale.

Noch recht neu in diesem illustren Kreis ist das «Perron Nord». Auf der Nordseite des Bahnknotenpunkts entstand mit Tausenden neu geschaffenen Arbeitsplätzen Bedarf nach weiteren Hotelbetten – und nach einem Hotelrestaurant. Das Hotel wird zusammen mt dem altehrwürdigen «Bauernhof» betrieben.

Wilder Abend

Doch zurück zu unserem Testabend. Die Speisekarte zeigt sich betont herbstlich, Saisonalität und regionale Produkte werden im «Perron Nord» gross geschrieben. Es ist die Jahreszeit, in der man wieder dunkelorange und dunkelbraune Lebensmittel auftischen darf. Auch bei den Mittagsmenüs ist immer wieder Wild zu finden, an diesem Tag stand Hirschhaxe auf der Tafel. Wildfleisch wird häufig eine bessere Ökobilanz als entsprechenden Ersatzprodukten nachgesagt – sofern es aus der Region stammt. Im «Perron Nord» sind das neben der Schweiz die Nachbarländer Deutschland und Österreich.

Grund genug für einen wilden Abend. Die Vorspeise, ein schön angerichtetes Hirschcarpaccio, erhält durch Granatapfelkerne eine spannende Frische, der Sauerrahm geht da fast schon unter. Schön, wurde das über Carpaccios häufig in grossen Mengen abgegebene Öl hier nur in homöopathischen Dosen verteilt. Das feine und mit Kräutern dezent gewürzte fettarme Rückenfleisch kann darauf gut verzichten.

Endlich ein gut gewürzter Beilagenteller

Weniger passend erschien uns die viele Flachpetersilie beim Salatbouquet. Doch seitdem mir in einem Swiss-Flieger mal eine ganze Schüssel angemachter Peterli-Salat serviert wurde, liegt der Überraschungpegel diesbezüglich auf einer ganz anderen Flughöhe. Gut gefallen haben uns der helle und der rote Chicorée. Dazu wurde mit auf Nachfrage das Brot serviert. Es wäre schade gewesen, darauf verzichten zu müssen: ein saisonal hervorragend passendes, aromatisches Nussbrot fand zusammen mit einer gesalzenen Orangenbutter den späten Weg an unseren Tisch.

Unter den fünf angebotenen Wildgerichten stehen zwei vegetarische Angebote auf der Karte, darunter der bekannte Beilagenteller. In Rotkreuz enthält er eine kreative Vielfalt aus Federkohl, gebratenem Kürbis, sehr süssem Blaukabis, Wirsing, Birne, Marroni, Pastinaken und Rosenkohlblättern. Meine Begleitung zeigt sich begeistert: «Endlich mal ein Beilagenteller, dessen Gemüse wirklich gut gewürzt ist, statt dass es nur kurz durch heisses Wasser gezogen wurde.»

Zusammen mit dem Gemüse werden frische und hausgemachte Spätzli serviert, dazu bietet die Bedienung ein Kännchen Sauce an. Da Küchenchef Frank Schuster auf Fertigprodukte verzichtet, wird die Wildrahmsauce wohl den einen oder anderen Knochen gesehen haben – puristischen Vegis dürften aber auch die nackten Spätzli gefallen.

Pasta wie in den Dolomiten

Rehpfeffer geht immer und auch das ebenfalls angebotene Hirschschnitzel in Nusspanade mit Pastinakenpüree klingt interessant. Nachdem das Pastadepot seit Längerem leer ist, entscheide ich mich für die Wild-Tagliatelle. Anders als erwartet ist das Fleisch nicht gewürfelt, sondern gehackt.

Entscheidender als die Form ist bekanntlich der Geschmack und der lässt Erinnerungen an die Dolomiten aufkommen. Nur schon wegen des Essens, das hier in einigen Skihütten mittags serviert wird, lohnt sich die Fahrt ins Südtirol – oder in unserem Fall nach Rotkreuz. Die zwar etwas gar weich gekochte Pasta ist gekrönt von einer fein tomatigen, wiederum aromatischen Sauce mit einer nicht zu intensiven Thymiannote, Sauerrahm ergibt hier eine willkommende Frische. Reibkäse wird keiner gereicht und auch nicht vermisst.

Süsser Abschluss

Die Dessertkarte enthält einige schöne und nicht zu grosse Angebote, doch wir sind eigentlich satt. Doch eine Kugel Glacé aus der eigenen Hobbymanufaktur möchten wir schon noch gerne versuchen. Das dritte Mal Sauerrahm muss auch im gefrorenen Aggregatszustand nicht sein, hier scheint die Küche eine besondere Begeisterung zu hegen.

Neben dieser und dem unverzichtbaren Vanille-Erdbeer-Schokolade-Trio werden Cassis, Apfel oder Mango-Passionsfrucht angeboten. Wir bestellen das drittgenannte Sorbet, das sehr cremig ist und mit seiner Intensität fast schon an gefrorene Mangos erinnert, so wie man sie seit einigen Jahren jeweils in der Herbstzeit aus Spanien kaufen kann. Das mit der Saisonalität hat eben schon was.

Bewertung

Preis/Leistung
***** von *****
Die Küche kocht regional und verzichtet auf Fertigprodukte – das spürt man. Die Gerichte verfügen über eine eigene Note, die aber nie aufdringlich ist. Neben den saisonalen Gerichten sind für ein internationales Publikum unverzichtbare Gerichte wie Tatar, kleines (39 Franken) oder grösseres Entrecôte (49 Franken), ein gerolltes Cordon bleu (36 Franken) oder Chicken Fingers mit Beilagen zu finden. Auch der Burger, der aus Rotkreuzer Bio-Büffelfleisch besteht und mit Speck, konfierter Tomate, Raclettekäse, Zwiebelkompott und Dipps im Brioche kommt, wird auf Fans zählen dürfen – er sah sehr schmackhaft aus. Serviert wird der Burger mit Rösti Fries (36 Franken). Auch Veganer und Vegis finden das eine oder andere Gericht. Das Restaurant ist Mitglied der IG Zöliakie.

Auf der Weinkarte stehen vor allem Schweizer und europäische Weine zu angemessenen Preisen, wir tranken einen offenen Exelsis (Cabernet aus dem waadtländer Chablais) für 8.50 Franken je Deziliter. Das Leitungswasser dazu wurde nicht verrechnet. Mittags werden jeweils drei Gerichte und eine Wochenpasta à 21.50 Franken angeboten, zusammen mit Salat für 24 Franken.

Service
**** von *****
Der Service war nett, witzig und freundlich. Vorbildlich, dass uns angeboten wurde, den Wein zu wechseln, nachdem er uns nicht ganz behagte. Wir hätten uns einzig einen Tick mehr Aufmerksamkeit gewünscht. So hatten wir jeweils einige Mühe, auf uns aufmerksam zu machen, was beim Brot etwa zehn Minuten dauerte. Nicht weiter tragisch, das Carpaccio war ja bereits kalt. Leitungswasser wird kostenlos gebracht und ohne zu fragen nachgefüllt.

Ambiete
**** von *****
Vor etwas mehr als einem Jahr wurde das Restaurant umgestaltet und erhielt ein neues Konzept. Die Innengestaltung bildet den gegenüberliegenden Bahnhof und die vorbeifahrenden Züge ab. Im Zentrum steht eine zweiseitig zugängliche Sitzbank mit einer darüber liegenden Gepäckablage, die an ein Zugabteil erinnern soll. Ein Wandbild unterteilt das Restaurant in zwei Teile. Im Hauptbereich sind zwölf Tische zu finden, der hintere Restaurantteil wird zusätzlich als Frühstücksraum genutzt. Das Ambiente ist insgesamt hochwertig und modern, eine Tischlampe spendet individuelles Licht. Ein kleiner Wermutstropfen ist die randvolle Salzmühle, bei der das Mahlwerk nicht funktioniert. Im Sommer steht eine Sonnenterrasse mit 60 Plätzen zur Verfügung.

Online-Faktor
**** von *****
Das Restaurant gehört zum Hotel, so teilt man sich auch die Webseite. Die Informationen zum «Perron Nord» sind ausreichend, alle Karten, Mittagsmenüs und News sind vorhanden, ebenso eine Übersicht zu den verschiedenen Events. Räume wie das Restaurant oder die Küche lassen sich mit 360-Grad-Ansichten betrachten. Die Online-Reservation klappt tadellos.

Auch im Perron Nord wird am Ende die Rechnung präsentiert.
Auch im «Perron Nord» wird am Ende die Rechnung präsentiert.

Perron Nord

Adresse:
Mattenstrasse 1
6343 Rotkreuz

Telefon:
041 799 49 99

E-Mailadresse:
[email protected]

Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag 6.30 - 23.00 Uhr
Samstag und Sonntag: 7.00 - 11.00 Uhr
Karte
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1 Kommentar
  • Profilfoto von MARIO P. HERMANN
    MARIO P. HERMANN, 22.10.2023, 08:44 Uhr

    Das Essen im PERRON NORD sieht vorzüglich aus; und da bekommt man gleich «Gluscht» und Hunger!
    Aber auch das Lokal zeigt sich von der besten Seite und wenn ich mal in der Nähe bin, werde ich sicherlich mal dort vorbei schauen.

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