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Restaurant-Test

«Rössli» Hünenberg: Es geht auch ohne Landbeiz-Klassiker

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • Preiskategorie●●●●●●
  • Küche Schweizerisch
  • Ambiente Gehoben
Eines von drei Restaurants in Wart St. Wolfgang: Das Rössli Hünenberg. (Bild: hch)

Gefühlt ebenso viele Restaurants wie Einwohner gibt es im Hünenberger Weiler Wart St. Wolfgang. Seit vier Jahren führen Martin und Ursula Eggimann hier das Rössli, ein gehobenes Lokal auf dem Land, das seit Neustem mit 13 Gault-Millaut-Punkten ausgezeichnet ist. Wir haben das Rössli, das Ente, Kaninchen und Fisch statt Cordon Bleu und heissen Stein anbietet, getestet.

«Bist du sicher, dass du hier richtig bist?», werde ich von meiner Begleitung gefragt, als wir von Lindencham nach St. Wolfgang fahren. Die Frage ist berechtigt. Denn wer würde schon vermuten, dass es in diesem verschlafenen Weiler mehr Restaurants hat als in Hünenberg Dorf. Wo im ansonsten dichten Zuger Busnetz eine Lücke klafft, bildet das Rössli zusammen mit der Wart und dem Wartstein ein kulinarisches Zuger Trio. In der Stadt Zug jedenfalls, zu der St. Wolfgang bis 1935 als Exklave gehörte, dürfte man fast schon etwas neidisch auf die gastronomische Vielfalt blicken.

2018 verliessen Denise Rüegg und Franck Eschmann das altehrwürdige Rössli nach sieben Jahren (zentralplus berichtete), seither wirten hier Martin und Ursula Eggimann. Im Waldheim Risch, das die Eggimanns von 2014 bis zur Schliessung zusammen geführt hatten (zentralplus berichtete), verabschiedeten sie sich mit ebenfalls 13 Punkten.

Kreativität statt Klassiker

Ursula Eggimann ist es, die uns an diesem Februar-Abend begrüsst und zum Tisch führt. Corona hat letzte Nachwirkungen hinterlassen; die Tische stehen äusserst grosszügig verteilt und ein sehr wohlriechendes Teebaum-Desinfektionsmittel ist omnipräsent.

Die Karte bietet kreative Kombinationen und verzichtet auf Landbeiz-Klassiker. Gerade mal ein Gericht ist mit Pommes-Frites zu haben. Mutig, aber bewundernswert, auch wenn die Absenz von Cordon-bleu und Schnitzeln online immer mal wieder Kritik einbringt. Dafür sorgt man im Rössli mit verschiedenem Geflügel, Kaninchen oder Lamm-Haxen für viel Abwechslung.

Da bestellt man sich gerne eine etwas aufwendigere Vorspeise, in meinem Fall ist es eine fein geschnittene Entenbrust mit Sesam, Kefen und Mango-Chutney für 19 Franken. Überraschend: Im Rössli geht es gleich ohne Gruss aus der Küche zur Sache. Das in einer Honig-Chili-Marinade gebratene Fleisch ist butterzart, die Süsse harmoniert sehr gut mit dem Fleisch. Auch die beiden Kefen-Varianten, einmal im Bierteig, einmal sautiert und angenehm gepfeffert, passen ausgezeichnet.

Die kleinen Mango-Stücke sehen auf dem Teller zwar schön aus. Damit die verschiedenen Noten aber wirklich differenziert zur Geltung kommen können, fehlt es an der Menge. Die servierte Vorspeisen-Portion ist doch etwas gar bescheiden ausgefallen.

Lange Wartezeit

Dass es bis zum Servieren des Hauptgangs noch fast eine Stunde dauern wird, setzt dem knurrenden Magen zu. Fast schon etwas sehnsüchtig muss daher mein Blick zu den Salaten wirken, die an den Nebentischen viel Freude machen. Insgesamt fünf Variationen lassen sich auf der Karte finden. Kein Wunder, zum Buuregarten Boog, der inzwischen viele Gastrobetriebe beliefert, ist es nicht weit (zentralplus berichtete). Ginge das Grünzeug aus, könnte sich das Küchenpersonal fast schon durch die Hintertüre schleichen und sich in der Nachbarschaft selbst bedienen.

Die lange Wartezeit ist wohl dem vegetarischen Hauptgang geschuldet: Eine Zucchetti, die als Piccata aufwendig in dünne Scheiben geschnitten und dann optisch sehr schön auf einem Risotto mit Tomatensauce serviert wird. Auch der sehr sämige, intensiv safranige Risotto gefällt uns gut.

Für Egli-Freunde

Ich halte mich an Egli-Filets, jedoch nicht an die ebenfalls angebotene Bierteig-Variante. Die nach Müllerinnen-Art im Mehl gebratenen Fische kommen wie gewünscht mit nicht allzu viel Butter, zusammen mit einigen kleinen Kartoffeln und einem zarten Blattspinat. Auch hier gefällt der grosszügige Einsatz des Pfefferstreuers beim Fisch, was dem eher neutralen Klassiker eine individuelle Note verleiht.

Schön wäre allerdings eine genauere Herkunftsbezeichnung des Fisches als «EE / DE / CH» auf der Karte. Denn ob ein Egli aus Estland oder dem Zugersee stammt, macht doch einen grossen Unterschied, wie auch Hans Frommenwiler recherchiert hat (siehe Quellen). Der Fisch wird in drei Portionengrössen serviert (Vorspeise 24, kleine Portion 30 und Hauptgericht 40 Franken).

Fazit: Ein angenehmer Abend mit guter, aufmerksamer Bedienung in einer schönen Umgebung, welche die Anreise lohnt.

Bewertung

Preis-Leistung
Die Preise variieren stark, im Rössli findet so ziemlich jeder etwas. Die Vorspeisen reichen von 16 bis 22 Franken, Hauptgänge von 26 bis 54 Franken. Schön, dass bei den Suppen und Salaten jeweils ein günstiges Tagesangebot besteht. Mittags werden Menüs von 22 bis 34 Franken angeboten. Die Küche ist frisch, die Speisen werden sehr schön angerichtet. Die nicht zu grosse Karte bietet viel Abwechslung. Eigene Dessertkreationen. Im gut zusammengestellten Weinangebot kommen auch offene Weine und halbe Flaschen nicht zu kurz. Luft nach oben gibt es bei der Grösse der Vorspeise und der Wartezeit.
*** von *****

Service
Empfang durch die Chefin, beim Abschied kommt auch Martin Eggimann dazu. Der Service ist durchgehend aufmerksam. Der offene Wein wird zum Probieren gereicht. Zum Kaffee wird ein hausgemachter Zitronenkeks serviert.
**** von *****

Ambiente
Das Gebäude wurde 2018 renoviert und dabei auch die Maxim-Bar im Untergeschoss, in der es öfters mal heiter zu und her ging, umgenutzt. Getafelt wird im Panoramasaal; nebenan in der historischen Gaststube traf sich an diesem Abend eine fröhliche Seniorengruppe. Insgesamt ein gepflegtes Ambiente mit sehr viel Platz und diskretem Tischabstand. Schönes altes Holzbuffet, dessen Verwandter in der Wart stehen dürfte. Ausreichend Parkplätze, im Sommer überblickt man von der Terrasse und dem Gartenplatz die Reussebene.
***** von *****

Online-Faktor
Der Schwerpunkt der Website liegt auf der Information, sei es zum Angebot, dem Gebäude oder den Gastgebern. Speise- und Getränkekarten, Tagesmenüs und Anfahrtsplan sind ebenso vorhanden wie Fotos des Teams. Die Online-Reservation muss etwas gesucht werden, funktioniert aber tadellos. Es können online Gutscheine bestellt werden.
**** von *****

Die Rechnung gibt es auch im Rössli Hünenberg zuletzt.
Die Rechnung gibt es auch im Rössli Hünenberg zuletzt. (Bild: hch)
Verwendete Quellen

Rössli Hünenberg

Adresse:
St. Wolfgang 7
6331 Hünenberg

Telefon:
041 780 22 33

E-Mailadresse:
[email protected]

Öffnungszeiten:
Montag und Dienstag 9.30–24.00 Uhr, Freitag 17.00–24.00 Uhr, Samstag 9.30–24.00 Uhr, Sonntag 9.30–22.00 Uhr
Karte
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So isst zentralplus – Vom Gourmet bis zum Fast-Food – der eat’n drink-Blog befasst sich mit alltäglichen und besonderen gastronomischen Erlebnissen aus den Kantonen Zug und Luzern.
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2 Kommentare
  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 08.02.2023, 11:16 Uhr

    Ich esse gerne bei Eggimans und kann es nur weiter empfehlen. Übrigens wer es eilig hat. soll zu Mac Donald

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    • Profilfoto von Caro
      Caro, 08.02.2023, 13:14 Uhr

      Genau 😊😍

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