Markus Hürlimann: Letzte Kämpfe um die Wahrheit

Zum Abschluss neue Beschuldigungen

«Ich möchte endlich mit dieser Geschichte abschliessen», sagt Markus Hürlimann. (Bild: Archiv)

Es hätte eine abschliessende Pressekonferenz werden sollen. Endlich Schluss mit dieser Geschichte. Aber Markus Hürlimann sagt schon vor Beginn: «Hier haben Sie etwas, das Sie noch nie gehört haben.» Und teilt aus. Ein Papier. Und darin: Neue Vorwürfe gegen Jolanda Spiess.

Wie stellt man einen Ruf wieder her? Geht das überhaupt? Es hätte ein beruhigender Morgen werden sollen, Markus Hürlimann hatte am Dienstag die gesammelte Medienmeute, der er einen grossen Teil der Schlammschlacht der letzten Monate verdankt, eingeladen. Dies, um abzuschliessen. Dann kam es allerdings etwas anders. «Ich hätte mir diese Medienkonferenz heute gerne erspart», sagt Hürlimann, «und hätte es auch Jolanda Spiess und ihrer Familie gerne erspart, und all denen, die ihr vertrauen, und von denen ich hoffe, dass sie ihr jetzt beistehen.»

«Jolanda Spiess ging am 22. Dezember zur Zuger Polizei, wo sie Strafanzeige und Strafantrag gegen mich wegen Verdacht auf Schändung erhob.»

Markus Hürlimann

Erspart bleiben dann aber nur die Stellen in den Strafverfahrens-Unterlagen, die Hürlimanns Anwalt eingeschwärzt hat: Hürlimann bläst zum letzten Angriff in dieser Schlacht um die Wahrheit. Beweise für eine Straftat gibt es keine. Beweise für ein Fehlverhalten von Spiess allerdings glaubt Hürlimann jetzt vorlegen zu können: Er präsentiert die Akten, und will damit Gerechtigkeit einfordern, für die massive Vorverurteilung seitens der Medien, die in den letzten Monaten unübersehbar heftig über ihn und Spiess hereingebrochen ist.

Alles gelogen

Denn das Ganze, sagt er, basiere nur auf einer ungerechtfertigten Verdächtigung. Und wenn man die Akten aus der Untersuchung mit den Aussagen Spiess’ vergleichen würde, müsse man zum Schluss kommen, dass sie nicht die Wahrheit gesagt habe. Hürlimann erhebt mehrere Vorwürfe gegen Spiess: «Jolanda Spiess ging am 22. Dezember zur Zuger Polizei, wo sie Strafanzeige und Strafantrag gegen mich wegen Verdacht auf Schändung erhob», sagt Hürlimann.

«Den Medien gegenüber behauptete sie stets, sie habe keine Strafanzeige eingereicht.» So der erste Vorwurf. Der zweite: Spiess habe behauptet, man habe im Spital Unterleibsverletzungen an ihr festgestellt. Hürlimann: «Es gibt keine diesbezügliche Bestätigung in den Verfahrensakten.» Der letzte Vorwurf betrifft Spiess’ Aussage, spontaner Sex sei für sie nicht möglich, da sie eine Gebärmuttersenkung erlitten habe. «Die Diagnose im April 2015 ist nur dahingehend, dass es beim Geschlechtsverkehr schmerzen könne», sagt Hürlimann.

«Sie hat es in Kauf genommen, dass ich … privat, politisch und beruflich vernichtet werde.»

Wenn man die Aussagen von Jolanda Spiess und die Akten vergleiche, komme man unweigerlich zum Schluss, dass sie «mindestens seit dem Morgen nach der Landammann-Feier viel dafür getan hat, selbst medial als Opfer anerkannt zu werden.» Sie habe mit ihrem vorpreschen und «rücksichtslosen Verhalten» in Kauf genommen, dass Hürlimanns Ansehen, «ja, ich selbst, privat, politisch und beruflich vernichtet werde.»

Fremdküssen  nicht «ausschliessend gemeint»

Dass man Hürlimann selber vorwarf, er habe gelogen, als er bloss vom Fremdküssen sprach, lässt dieser nicht gelten: «Das ist schlicht falsch. Ich habe den Begriff nicht in einem ausschliessenden Sinn gemeint: Dass es zu einer intimen Annäherung kam, habe ich in keinem Moment bestritten. Ich habe lediglich festgehalten, dass es gemäss meiner Erinnnerung nicht zu Geschlechtsverkehr gekommen ist.» So fein wird dieser Kampf um öffentliches Leben und Tod geführt: Die Worte liegen auf der Goldwaage. Und Hürlimann kann nun seine «Sicht der Dinge endlich frei schildern, ohne Gefahr zu laufen, mich der Behinderung der Untersuchung schuldig zu machen.»

Und diese Geschichte geht so, nach Hürlimann: «Am Sonntagmorgen, 21. Dezember wachte Jolanda Spiess zu Hause auf und versuchte, sich an den vergangenen Abend zu erinnern. Das gelang ihr angeblich nicht, aber es erstaunte sie, dass sie einen relativ klaren Kopf hatte. Sie suchte also im Internet nach einer Erklärung und fand sie bei den sogenannten K.o.-Tropfen. Sofort war für sie klar, dass sie unter dem Einfluss von K.o.-Tropfen missbraucht worden sein musste.»

«Es gibt auch heute keinen Grund, der ganzen Schweiz Einblick in mein Intimleben zu gewähren»

Nun seien aber im Spital, so Hürlimann, keinerlei Verletzungen oder Spuren im Genitalbereich festgestellt werden. Was tatsächlich in der Captains Lounge des Restaurant Schiff geschah, wolle er nicht sagen: «Es gibt auch heute keinen Grund, der ganzen Schweiz Einblick in mein Intimleben zu gewähren», sagt Hürlimann.

Stattdessen Einblick ins fremde Intimleben

Allerdings gewährt er Einblick ins Intimleben von Jolanda Spiess: Die offenen Passagen in den stark geschwärzten Unterlagen sind ein Checkup von Spiess’ Körper, lassen keine Details aus – ausser denen, die hinter den schwarzen Balken liegen. Und damit natürlich den Verdacht erweckt, Hürlimann lege hier eine aus argumentativen Gründen eingeschwärzte Version vor. Der Gewinner schreibt Geschichte. Der Gedanke läge nahe, wenn es in dieser Sache nicht so schwer fallen würde, von einem Gewinner zu sprechen.

Für Hürlimann sei die Sache damit erledigt, er wolle keine weiteren Interviews mehr geben. «Ich möchte mit dieser Geschichte nun ein für alle mal abschliessen können. Es handelt sich um zwanzig Minuten in meinem Leben, die ich nicht mehr rückgängig machen kann», sagt er. «Jetzt steht offiziell fest, was ich von Anfang an immer wiederholt habe: Ich bin unschuldig.»

Und was sagt Jolanda Spiess?

Jolanda Spiess-Hegglin möchte zu den Vorwürfen keine Stellung beziehen: «Frau Spiess steht nach wie vor zu Ihren Aussagen und hat alles gesagt, was es in der Sache zu sagen gibt», sagt ihr Sprecher, Patrick Senn. «Es gibt keinen Anlass für sie, heute noch einmal Stellung zu nehmen.»

Wie stellt man einen Ruf wieder her? Geht das überhaupt? Hürlimann entscheidet sich für die Rettung seiner Person zum Angriff auf Spiess. Hängig ist auch die Verleumdungsklage, die er gegen sie eingereicht hat. Ob es für einen Abschluss wirklich noch ein Mal Vorwürfe braucht, sei dahingestellt. Hürlimann: «Dass die Staatsanwaltschaft mir eine finanzielle Genugtuung zuspricht unterstreicht zwar meine Unschuld, ändert aber nichts daran, dass tiefe Wunden bleiben.»

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