Plakatflächen sollen mehr Geld bringen

Zukunft: Digitale Werbung erobert bald Luzern

Digitale Werbung, auf dem Foto ein Beispiel aus dem Bahnhof Luzern. Blinkt und leuchtet bald die ganze Stadt? (Bild: mbe.)

Die Stadt Luzern hat ihre Plakatverträge erstmals öffentlich ausgeschrieben. Die Werbung auf öffentlichem Grund darf künftig die Clear Channel Schweiz AG bewirtschaften. Die Allgemeine Plakatgesellschaft (APG) ist enttäuscht – sie könnte rekurrieren. Interessant für den Tourismus ist ein geplanter Test mit digitalen Stadtplänen auf dem Bahnhof- und dem Löwenplatz.

Gemäss Medienmitteilung hat Luzern die Verträge für die Plakatierung auf öffentlichem Grund und auf den städtischen Grundstücken erstmals öffentlich ausgeschrieben. Denn der Plakatvertrag zwischen der Stadt Luzern und der Allgemeinen Plakatgesellschaft APG/SGA läuft Ende 2015 aus.

Der neue Vertrag beginnt 2016 und endet 2023. Dass es eine öffentliche Ausschreibung gibt, hat den eidgenössischen Preisüberwacher Stefan Meierhans angeregt. «Wir sind dieser Empfehlung aus zwei Gründen nachgekommen», sagt die Luzerner Stadträtin und Baudirektorin Manuela Jost.
Einerseits wolle man der Empfehlung folgen und damit auch kleineren Plakatgesellschaften eine Chance geben, sich um den Auftrag zu bewerben. «Ausserdem spielt so die Marktwirtschaft, denn die Stadt kauft ja eine Leistung ein für politische Werbung auf öffentlichem Grund. Und diese ist dem öffentlichen Beschaffungswesen unterstellt.»

Mehr Einnahmen für Stadt Luzern

Der Stadtrat will zudem mit der Ausschreibung die jährlichen Einnahmen aus dem Betrieb der Plakatstellen steigern. Insgesamt gibt es 630 Plakatstellen mit unterschiedlichen Formaten auf Stadtgebiet. Im Juni 2015 wurden verschiedene «Lose» ausgeschrieben: Los 1 sind die traditionellen Papierplakate. Los 2 sind Leuchtplakate und digitale Plakatstellen. Unter Los 3 laufen die Plakatstellen an Bushaltestellen, und Los 4 sind die Kleinplakate für Kulturveranstaltungen.

Knapp eine Million Franken mehr im Jahr

Mehrere Firmen hätten Offerten für die Lose eingereicht. Laut Manuela Jost bewarben sich für die Lose 1 bis 3 die Allgemeine Plakatgesellschfat (APG) und die Clear Channel Schweiz AG. Für die Kleinplakate hat die Stadt nur eine einzige Offerte erhalten, und zwar von der Luzerner Firma Modul AG.

Im Oktober hat der Stadtrat entschieden, der Firma Clear Channel Schweiz AG den Auftrag für die Lose 1 bis 3 zu erteilen. «Deren Offerten wurden im Rahmen der Auswertung aller Angebote als die wirtschaftlich besten beurteilt», erklärt die Stadträtin. Clear Channel hat zwei Millionen Franken jährlich offeriert. Von der APG erhielt die Stadt bisher jährlich 1,16 Millionen Franken.

«Wir schätzten die Zusammenarbeit mit der APG sehr, daran liegt es nicht.»

Manuela Jost, Baudirektorin Stadt Luzern

Die APG verliert damit nach Jahren ihren Auftrag in Luzern für die Plakatierung auf öffentlichem Grund. «Wir schätzten die Zusammenarbeit mit der APG sehr, daran lag es nicht», sagt Jost. Man habe einzig die Offerten anhand bestimmter Kriterien beurteilt.

Bei den Kleinplakaten auf den Kultursäulen ist die Stadt noch nicht zufrieden mit dem Angebot und ist laut Jost noch in Gesprächen mit der Modul AG. Es gingen keine weiteren Offerten ein.

Test mit interaktivem Stadtplan

Es sei absehbar, dass sich die Einnahmen in den nächsten Jahren weiter erhöhen würden, teilte die Stadt weiter mit. Die Papierplakate würden zunehmend durch Leuchtplakate und digitale Werbung ersetzt.

Zirka im Januar im Stadtparlament

Sobald die Einsprachefrist gegen den Zuschlagsentscheid des Stadtrats abgelaufen ist, wird der Stadtrat die neuen Plakatverträge dem Stadtparlament unterbreiten. «Es sind gute Verträge, und ich rechne damit, dass das Parlament zustimmt», sagt Stadträtin Manuela Jost. Aber das entscheide natürlich der Grosse Stadtrat. Wenn keine Rekurse gegen die Verträge eingingen, so Jost, rechne sie damit, dass der Bericht und Antrag im Dezember in den Stadtrat und im Januar in den Grossstadtrat kommen werde.

2016 wird ein interessanter Test stattfinden: Es werden zwei digitale Plakatstellen (Cityplanstellen) auf dem Bahnhofplatz und dem Löwenplatz aufgestellt, um zu testen, wie dies in Luzern ankommt. Die Kundenfreundlichkeit des digitalen Stadtplans und die städtebauliche Integration digitaler Werbung soll damit getestet werden.

«Wir sind vorsichtig und wollen zuerst schauen, wie sich das bewährt», sagt Baudirektorin Jost. Dass es künftig überall blinke, sei nicht das Ziel, und auch die Ablenkung im Verkehr ist ein Thema, das man laut Jost ernst nehmen muss.

Zwei digitale Bildschirme

Verantwortlich für diesen Test wird die neue Partnerin der Stadt sein, die Firma Clear Channel Schweiz AG. Beim Pilotversuch handelt es sich laut Sprecherin Nadja Tamler um zwei digitale Bildschirme, die im Verlauf des nächsten Jahres testweise aufgestellt werden. «Wie diese Bildschirme genau aussehen werden, können wir aber noch nicht sagen», fügt Tamler hinzu.

«Wie diese Bildschirme genau aussehen, können wir noch nicht sagen.»
Nadja Tamler, Clear Channel Schweiz AG

Die Firma freut sich über die Zusage für die Vermarktung der Werbeflächen der Stadt.  Damit könne Clear Channel ihr nationales Angebot stark erweitern und ihren Kunden Werbeflächen an Toplagen in der ganzen Stadt Luzern anbieten.

APG verliert zwei Grossaufträge

Beim unterlegenen Mietbieter herrscht derweil Katerstimmung. Mit dem Wechsel der Stadt Luzern zur Konkurrenz verliert die APG innert weniger Tage gleich zwei Grossaufträge. Die Zürcher Verkehrsbetriebe (VBZ) haben die Konzession für ihre analogen Werbeflächen per 2017 ebenfalls an die Clear Channel Schweiz AG vergeben.

«Nicht bereit, jeden Preis zu zahlen»

Die APG ist enttäuscht über den Entscheid des Luzerner Stadtrats, teilte die Firma am Montagabend mit. Dazu wird CEO Markus Ehrler zitiert: «Wir hätten gerne die Partnerschaft mit der Stadt Luzern weitergeführt. Aufgrund unserer starken Präsenz auf Privatgrund waren wir aber nicht bereit, jeden Preis zu bezahlen. Unsere preisliche Offerte war attraktiv. Zudem sind wir überzeugt, dass wir mit unseren innovativen Lösungsansätzen betreffend digitaler Citypläne der Bevölkerung und den Touristen einen echten Mehrwert hätten bieten können.» Dies habe auch die Stadt Luzern bei der Bewertung berücksichtigt und die eingereichten Konzepte am Höchsten bewertet.

«Aufgrund unserer starken Präsenz auf Privatgrund in Luzern waren wir nicht bereit, jeden Preis zu bezahlen.»

Markus Ehrler, CEO der APG

In Luzern behält die APG immerhin ihr Plakatwerbungs-Monopol auf privatem Grund. «Wir haben total 800 Flächen auf Privatgrund», erklärt APG-Sprecherin Najda Mühlemann auf Anfrage. Ausgenommen seien die Kultur-Kleinstplakate im Format F4.

Wird die APG allenfalls gegen den Entscheid rekurrieren? «Wir werden die Dossiers zunächst prüfen, interne Gespräche führen und zur gegebenen Zeit informieren, falls rechtliche Schritte gegen das Verfahren angezeigt wären», teilt die PR-Leiterin Najda Mühlemann zentral+ mit.

Clear Channel ist eine US-Firma

Clear Channel ist laut eigenen Angaben ein weltweit führendes Unternehmen für Aussenwerbung, das in über 30 Ländern Europas, Nord- und Südamerikas sowie im Asien-Pazifik-Raum vertreten ist.  Clear Channel hat seinen Sitz in den USA und hat 2001 die Schweizer Plakanda Holding AG übernommen, kann man auf deren Webseite mit der Firmengeschichte nachlesen. Deren Vorgängerin wiederum, die Plakat & Propaganda AG, ist seit 1924 in der Plakatwerbung tätig.
Die Schweizer Niederlassung Clear Channel Schweiz AG hat ihren Hauptsitz in Hünenberg ZG. In Geroldswil ist der Technische Dienst angesiedelt, dort werden alle Plakate angeliefert, kontrolliert und sortiert.

Ist der Entscheid des Stadtrats für die bessere Offerte nachvollziehbar – immerhin geht es um fast eine Million Franken jährlich für die Stadtkasse? Teilen Sie Ihre Meinung mit der Kommentarfunktion mit.

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