Wer nur arbeiten will, ist hier fehl am Platz

Coworking Space mit eigenem Kapsel-Hotel in Luzern

Peter Schiffhauer und Sina Bucher sind Teil des achtköpfigen Teams hinter dem Coworking Space.

(Bild: lob)

Anfang Oktober soll die Stadt Luzern um einen Coworking Space reicher werden. Von der Konkurrenz unterscheiden wollen sich die Initianten, indem sie ihren Mietern eine Gemeinschaft anbieten sowie 20 Schlafmöglichkeiten im eigenen Kapsel-Hotel. Und da wären noch zwei Badewannen, aus denen man die ganze Stadt im Blick hat.

Der Blick auf Luzern ist von der grossen Dachterrasse herrlich. Lounge, Grill und sogar zwei Badewannen können die Mieter der Wohngemeinschaft des sechsten Stocks am Hirschengraben 40 in der Stadt Luzern nutzen. Bald sollen sich hier zwischen Pflanzen und Bänken auch kreative Köpfe aller Art tummeln. Auf zwei Stockwerken soll ein Coworking Space entstehen. Inklusive einem Lab, einem Raum für Veranstaltungen und Übernachtungsmöglichkeiten. Und eben auch mit einem Platz über den Dächern zum Ausspannen. Hier ist die Idee für den Space auch entstanden.

Werkeln ist angesagt

Wir können die zukünftigen Arbeitsplätze kurz in Augenschein nehmen – weil bis Ende Mai aber noch andere Unternehmen die beiden Stockwerke bewohnen, darf nicht fotografiert werden. Vorhanden sind Sitzungszimmer, eine grosse Küche und viele abgetrennte Büros. «Für unseren Geschmack sind das teilweise zu viele Wände», meint Mitinitiant Peter Schiffhauer. Einige werden verschwinden – um mehr offenen Platz zu schaffen. Auch einen grossen Veranstaltungsraum soll es geben.

Hier soll künftig Networking betrieben, rege diskutiert und die Community gepflegt werden. Das erzählt uns Sina Bucher, die ebenfalls im Team mit an Bord ist – als eine von zwei Frauen. Insgesamt neun Personen treiben das Projekt des Vereins «Hirschengraben Coworking & Innovation» voran. Einige davon sind selber schon Unternehmer und werden sich auch mit ihren Mitarbeitern im Space einrichten.

Die Dachterasse, auf der die zukünftigen Mieter der Arbeitsplätze den Kopf auslüften können.

Die Dachterrasse, auf der die zukünftigen Mieter der Arbeitsplätze den Kopf auslüften können.

(Bild: lob)

Für den Umbau, der Anfang Juni startet, sucht das Team Sponsoren. «Der Rest sollte dann selbsttragend sein, aber dafür brauchen wir Unterstützung», sagt Schiffhauer. Erste Zusagen von Mietern sind schon vorhanden. «Es ist aber definitiv noch Platz für mehr Mieter», erklären unsere Interviewpartner. Diese können künftig tageweise Arbeitsplätze mieten oder für 300 Franken im Monat einen fixen Platz bekommen. Ausserdem stehen Team- und Einzelbüros zur Verfügung stehen – etwa für Start-ups.

Alte Idee soll neu umgesetzt werden

Der Plan entstand, weil Peter Schiffhauer in einer Wohngemeinschaft im Haus wohnt. So erfuhr er, dass im Juni 2018 zwei ganze Stockwerke mit Büros frei werden. «Mit einigen Kollegen haben wir uns dann eines Abends aufs Dach gesetzt und überlegt, was Luzern braucht. Was man daraus machen könnte», erzählt der 40-Jährige.

Ein Coworking Space soll her, stand am Ende fest. Nur: Neu ist die Idee nicht, in der Stadt Luzern gibt es bereits einige solcher geteilten Arbeitsplätze. «Deshalb wollen wir auch über die Arbeit hinausgehen», sagt Sina Bucher. Als Ort der Begegnung und des Austauschs seien einerseits Events wie Workshops, Referate oder Treffen geplant. Die möglichen Themen: Neue Arbeitswelt, moderne Unternehmensführung, Wandel der Gesellschaft. Veranstaltet werden sollen aber auch Wohnzimmerkonzerte und gemeinsame Nachtessen.

Teammitglieder und Interessenten bei einem bisherigen Community-Treffen.

Teammitglieder und Interessenten bei einem bisherigen Community-Treffen.

(Bild: zvg)

Eine «Herzensangelegenheit»

Fast alle Teammitglieder sind bereits selber Unternehmer, habe fixe Jobs, eigene Firmen. Wieso setzten sie auf die Verwirklichung dieses neuen Coworking-Projekts? Ums Geld verdienen würde es dem Team weniger gehen – «Herzensangelegenheit» ist für Schiffhauer wie Bucher das Stichwort. «In anderen Kanton geht in den Bereichen Labs und Coworking aktuell so viel ab – und Luzern soll den Anschluss auf keinen Fall verpassen», sagt der Unternehmer, der in Basel und Zürich bereits jeweils einen solchen Space mit aufgebaut hat.

«Ausserdem habe ich persönlich viel Feedback von Jung und Alt bekommen, denen ein solcher Platz fehlt. Die für Inspiration dann nach Zürich, Bern oder Basel gehen», sagt Sina Bucher. «Die Zentralschweiz braucht einen Ort, der Raum für innovative Kooperationen und Synergien zwischen Wirtschaft, Hochschulen und der Gesellschaft schafft und sowohl Impulse aufnimmt als auch setzt.»

Wer nur arbeiten will, ist fehl am Platz

Das Spezielle am Projekt: Die Mieter sollen sich einbringen. Gegen 10 Prozent der Arbeitszeit soll in die Community investiert werden. «Falls beispielsweise jemand Erfahrung im Erstellen von Websites hat, kann diese Person einem anderen Mitglied der Community – welches vielleicht nicht die Mittel für einen professionellen Webauftritt hat – im Rahmen dieser Zeit helfen, seine Homepage einzurichten», sagt Schiffhauer. Im Gegenzug könne diesem Mitglied mit einer anderen Leistung geholfen werden.

Romantisch: Die Terrasse st auch mit zwei Badewannen bestückt.

Romantisch: Die Terrasse ist auch mit zwei Badewannen bestückt.

(Bild: zvg)

Könnte diese Extra-Verpflichtung Interessenten denn nicht abschrecken? «Genau diese Funktion soll es haben», meint Peter Schiffhauer. Und Sina Bucher ergänzt: «Wir möchten mehr als eine Arbeitsgemeinschaft sein. Eine Community, die pulsiert, sich austauscht, wo neue Ideen entstehen.» Davon soll auch die hiesige Wirtschaft profitieren: «Damit Firmen hierherkommen, braucht es ein innovatives Ökosystem und Querköpfe», führt der Wahl-Luzerner Schiffhauer aus. Und diese will man am Hirschengraben 40 ansiedeln.

Futuristische Schlafräume

Von anderen Working-Spaces unterscheiden soll sich das Projekt auch durch die Kombination aus Arbeiten und Übernachten. Geplant ist ein Kapsel-Hotel, bestückt mit 20 Schlafkapseln. Die Idee kommt aus Japan, mittlerweile gibt es solche Hotels aber auch in Europa. Die «Zimmer» sind in der Regel aus kleinen Plastikkabinen mit etwa 2,7 m² Bodenfläche und 1,20 m Höhe. In den Kapseln befinden sich eine Matratze, elektronische Anschlüsse, teilweise Fernseher und Belüftung.

So könnte die Schlafbox aussehen – im Bild ein Exemplar des ersten «capusle hotel» in London.

So könnte die Schlafbox aussehen – im Bild ein Exemplar des ersten «capsule hotel» in London.

(Bild: Screenshot Youtube)

«Ob die Standard-Kapseln, die wir beispielsweise in Basel gebraucht haben, reinpassen, müssen wir noch abklären», erklärt Schiffhauer. Eine Möglichkeit sei auch, eigens neue bauen zu lassen.

Kick-Off auf dem Dach

Erste Kontakte zu interessierten Unterstützern, wie dem World Innovation Forum oder dem Village Office, welches die Generalaufträge für Coworking Spaces vergibt, seien bereits geknüpft worden. Auch mit der Stadt Luzern führe das Team Gespräche.

Am 1. Mai steigt – wieder auf der Terrasse – ein Fest zur Vereinseröffnung. Ab da soll aktiv nach weiteren Mitgliedern und auch Sponsoren gesucht werden. «Wer uns und das Projekt kennenlernen möchte, hat dann die beste Gelegenheit», meinen die beiden. Am 1. Oktober ist die Eröffnung des Space geplant.

Im oberen der beiden Bürostockwerke werden sich die Schlafkapseln befinden.

Im oberen der beiden Bürostockwerke werden sich die Schlafkapseln befinden.

(Bild: lob)

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