Bevölkerung stimmt wohl 2024 darüber ab

Zuger Regierung hält nichts von Velonetz-Initiative

ALG-Kantonsrat Andreas Lustenberger möchte, dass das Velo in der Zuger Kantonsverfassung Platz erhält. (Bild: zvg/ Adobe Stock)

Verschiedene Organisationen fordern ein besseres Velonetz in Zug. Die Zuger Regierung findet das Anliegen – zum Missmut der Initianten – unnötig. Das letzte Wort wird das Volk haben.

Im Juni vergangenen Jahres gelangte ein Komitee rund um die Alternative – die Grünen mit deutlichen Forderungen – an die Zuger Regierung. Dies mittels einer Verfassungsinitiative. Einige der insgesamt acht Begehren von VCS, Pro Velo Zug und ALG: Die wichtigen Wohn- und Arbeitsgebiete des Kantons sollen durch ein direktes und komfortables Velonetzwerk verbunden werden. Velobahnen sollen ausserdem vom Autoverkehr und vom Fussgängerbereich getrennt werden.

In ihrer Antwort betont die Zuger Regierung nun zwar, dass an der Verbesserung der Sicherheit und Attraktivität des Veloverkehrs ein kantonales Interesse bestehe. Dennoch beantragt sie die Ablehnung der Verfassungsinitiative ohne Gegenvorschlag.

«Die Initiative geht zu weit»

«Die von den Initianten geforderten Anliegen sind in der Verfassung nicht stufengerecht und werden über andere Instrumente grossmehrheitlich abgedeckt», so die Erklärung kurz zusammengefasst.

Die Regierung fragt sich, ob es zweckmässig sei, die acht Anliegen in die Verfassung aufzunehmen, da diese sehr detailliert seien und aus Sicht der Regierung nicht in die Verfassung, sondern in den kantonalen Richtplan respektive in eidgenössische oder kantonale Gesetze gehören würden. «Die Initiative geht nicht nur inhaltlich, sondern auch in Bezug auf die gewählte Normstufe zu weit.»

Weiter verweist der Regierungsrat auf das Bundesgesetz über Velowege, welches Anfang dieses Jahres in Kraft trat. Gemäss diesem sind Kantone zur Planung und Verwirklichung von Velowegnetzen verpflichtet. Auch sei die Anpassung des Richtplans bereits weit fortgeschritten. Im Zuge dessen sei die Mobilität im Kanton Zug breit diskutiert worden.

«Das Velo ist nebst dem ÖV das Mobilitätsmittel der Zukunft. Aus diesem Grund sehen wir die Initiative auf Stufe Verfassung als angemessen.»

Andreas Lustenberger, Mitglied des Initiativkomitees

Überhaupt findet die Exekutive, dass der Kanton in den meisten geforderten Bereichen bereits gut aufgestellt sei. Ausgenommen ist die Forderung nach getrennten Fahrbahnen auf Velohauptachsen, welche über eine Hauptstrasse führen. «Es gibt Situationen, wo eine physisch getrennte Spur unverhältnismässig und andere räumliche Interessen höher zu gewichten sind», heisst es seitens der Regierung. Auch der Forderung nach Ladestationen bei öffentlichen Veloparkplätzen möchte sie nicht nachkommen.

Komitee will bewusst Verfassung ergänzen

Die Initianten sind mit der Haltung der Zuger Regierung nicht einverstanden. Andreas Lustenberger vom Initiativkomitee sagt auf Anfrage: «Insbesondere stossen wir uns daran, dass der Regierungsrat keinen Gegenvorschlag, zum Beispiel im Sinne eines Veloförderungsgesetzes, macht, wenn er schon beanstandet, dass das Anliegen in der Verfassung am falschen Ort sei.»

Er führt weiter aus: «Wir sehen die Mobilität als übergeordnetes Bedürfnis und wollen mit der Initiative deren Wichtigkeit hervorheben. Das Velo ist nebst dem ÖV und dem Fussverkehr das Mobilitätsmittel der Zukunft. Aus diesem Grund sehen wir die Initiative auf Stufe Verfassung als angemessen.» Lustenberger betont, der Verkehr sei heute in der Schweiz für 30 Prozent der C0₂-Emissionen verantwortlich. «Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, müssen wir jetzt entsprechende Massnahmen für den Langsamverkehr fördern.»

Bald beginnt die Diskussion im Kantonsrat

ALG-Kantonsrat Andreas Lustenberger kritisiert, dass die Regierung zwar stets betone, wie wichtig der Veloverkehr respektive die Erhöhung des Modal Splits sei, die Entwicklung jedoch eine gegenteilige sei. «In Zug leben immer mehr Leute mit mehreren Autos. Der Fokus der aktuellen Zuger Verkehrspolitik liegt nicht beim Velo, sondern bei Projekten wie der Umfahrung Cham-Hünenberg, der Schaffung neuer Autotunnels sowie neuen Autobahn-Halbanschlüssen», sagt er weiter. «Das Velo fristet in Zug ein stiefmütterliches Dasein.»

Für ihn sei die Antwort insofern frustrierend, als die Gegebenheiten des Kantons, also etwa seine Kleinräumigkeit, eine gute Voraussetzung bilde, um Zug zu einem Velokanton zu machen. «Seit der Einführung der Stadtbahn fehlt es jedoch am Pionierdenken im Mobilitätsbereich», sagt der ALG-Politiker.

Das letzte Wort ist noch längst nicht gesprochen. Zunächst kommt das Anliegen in die Kommissionen, im Sommer dieses Jahres soll das Thema in erster und zweiter Lesung im Kantonsrat diskutiert werden. Vors Stimmvolk kommt die Verfassungsinitiative sowieso, sofern sie von den Urhebern nicht zurückgezogen wird. «Das wäre denkbar, wenn im Kantonsrat ein geeigneter Gegenvorschlag entsteht.» Ansonsten wird die Urnenabstimmung voraussichtlich im März des kommenden Jahres durchgeführt.

Finanzielle Auswirkungen in jedem Fall gering

Gemäss Regierung dürften die finanziellen Auswirkungen für den Kanton selbst im Falle einer Annahme sehr überschaubar bleiben. Werde die «Zuger Velonetz-Initiative» von der Bevölkerung angenommen, seien ausser den Aufwendungen für die Volksabstimmung voraussichtlich keine weiteren Kosten ausserhalb der ohnehin geplanten Massnahmen zu erwarten. «Mit der geplanten Anpassung des Richtplans zur Mobilität, der Umsetzung des neuen Veloweggesetzes des Bundes und der Softmassnahmen werden die Anliegen der Initianten weitgehend aufgenommen.»

«Geht es um Velofahrbahnen, sind Enteignungen des Teufels. Sollen hingegen Strassen gebaut werden, sind für die Regierung immer alle Optionen ein Thema.»

Andreas Lustenberger

Die geforderte Umsetzung einer physisch getrennten Spur auf Hauptveloverkehrsachsen entlang der Hauptstrasse sei «in dieser absoluten Form nicht möglich, weshalb auch hier keine Kosten entstehen. Gerade innerorts sind die dazu benötigten Flächen nicht vorhanden», argumentiert die Regierung. Beziehungsweise es würde unter anderem den Erwerb von Privatland voraussetzen, was auch unter dem Aspekt des Enteignungsrechts nicht generell durchsetzbar wäre.

Auch diese Haltung stösst Lustenberger sauer auf: «Enteignungen sind das letzte Mittel und kämen, wenn überhaupt, wohl ganz selten zum Zug. Geht es um Velofahrbahnen, sind Enteignungen des Teufels. Sollen hingegen Strassen gebaut werden, sind für die Regierung immer alle Optionen ein Thema.»

Pro Velo Zug bemängelt geplante Industriestrassensanierung

Ein aktuelles Beispiel zeigt, dass in Bezug auf den Veloverkehr in Zug nicht alles reibungslos läuft, auch auf kommunaler Ebene. Derzeit liegt bei der Stadt Zug eine Beschwerde gegen die geplante Lärmsanierung an der Industriestrasse in Zug auf, welche im Dezember 2022 von Pro Velo Zug eingereicht wurde. Auch wenn diese beteuert: «Pro Velo ist selbstverständlich grundsätzlich für Tempo 20 und 30 im Siedlungsgebiet; möglichst rasch sowie überall, grossflächig und zusammenhängend.»

Der Verein bemängelt jedoch diverse Punkte, welche bei der Sanierung des Industriestrassenabschnitts zwischen Gotthard- und Göblistrasse nicht berücksichtigt wurden. «Das grösste Problem sehen wir darin, dass die Velostreifen auf besagter Strecke gemäss den Bauplänen wegfallen. Auch fehlt bei verschiedenen Kreuzungen die Möglichkeit, dass Velos bei Rot rechts abbiegen dürfen», erklärt Pro-Velo-Co-Präsident Victor Zoller. Letztere Forderung beruft sich auf eine Gesetzesänderung, welche anfangs 2021 in Kraft trat (zentralplus berichtete).

Verschiedenenorts seien zudem keine Wartebereiche markiert worden, weshalb Velos «gefährlich in den Autoverkehr einfädeln» müssten. So etwa bei der Göblistrasse West beim Einmünden in die Industriestrasse. «Des Weiteren sind die Vortrittsregelungen nicht immer übersichtlich gestaltet. Trottoirüberfahrten sind farblich zu markieren, damit klar ist, dass Velofahrende auf der Industriestrasse an diesen Stellen Vortritt haben.»

«Die Strecke ist auf dem kantonalen Velonetzplan als Hauptverbindung aufgeführt. Die Stadt jedoch möchte den Veloverkehr lieber über den Bleichimatt- und den Landhausweg führen», sagt Zoller. «Das ist insofern problematisch, als es sich bei letzterem um einen Privatweg handelt.»

Die Planung besagter Strassensanierung wurde noch im vergangenen Jahr vorgenommen, also bevor das nationale Velogesetz in Kraft trat. Pro Velo Zug erhofft sich, dass die Situation in Zukunft besser wird. «Dies, da uns die Behörden nun in solche Planungen einbeziehen müssen. Beim Kanton funktioniert das bereits sehr gut. Auf Gemeindeebene ist das noch nicht angekommen», sagt Zoller.

Verwendete Quellen
  • Bericht und Antrag der Zuger Regierung auf die Velonetz-Initiative
  • Telefonat mit Andreas Lustenberger
  • Telefonat mit Victor Zoller von Pro Velo Zug
  • Beschwerde zur Sanierung der Industriestrasse
  • Informationen zum Veloweggesetz des Bundes
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Markus Rotzbeutel
    Markus Rotzbeutel, 27.04.2023, 08:11 Uhr

    Finde ich gut! Jedenfalls besser als das überteuerte Autonetz welches vom allgemeinen Steuerzahler quersubventioniert wird und erst noch riesige Umweltschäden nach sich zieht.
    Umwelt- und Gesundheitsvorteile einbezogen würde man hier mehr sparen als man zahlt. Somit gewinnen alle, sogar die platzverschwendenden Autofahrer!

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  • Profilfoto von Marc
    Marc, 27.04.2023, 01:57 Uhr

    Wenn die Strafen und die Steuern der Velofahrer gleich sind wie die der Autofahrer, dann können wir wieder diskutieren.

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  • Profilfoto von Franz
    Franz, 26.04.2023, 19:47 Uhr

    «Das Velo ist nebst dem ÖV das Mobilitätsmittel der Zukunft…» Woher weiss er das? Eine reine Behauptung, die nicht mal bei schönem und warmem Wetter gestützt wird. Sonst heissts doch von links-grüner Seite immer, E-Autos seien die Zukunft.

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