Schöne Bescherung

Zuger Mentalitätsmonster können nicht mehr verlieren

Zuger Spalier für den Torschützen: Tigers; Dario Simion holt sich nach seinem Tor zum 4:2 die Gratulationen der Teamkollegen ab. (Bild: Patrick Straub/freshfocus)

Der EVZ gewann sechs der letzten sieben Meisterschaftsspiele. Obwohl sie immer wieder Wege fanden, sich selber in Not zu bringen, vermochten die Zuger in den letzten drei Ernstkämpfen jeweils einen Rückstand wettzumachen und zu siegen. Beim 4:2 gegen die SCL Tigers am Mittwochabend reichten vier Minuten im letzten Drittel.

Der zweimalige Fussballtrainer des Jahres, Jürgen Klopp, spricht von seinen Spielern gerne als «Mentalitätsmonstern», weil auch sie wiederholt das Kunststück schaffen, scheinbar verlorene Spiele noch zu ihren Gunsten zu drehen. So weit will Dan Tangnes nicht gehen. Er meint eher, seine Mannschaft sei mental müde, nach dem dicht gedrängten Programm der letzten Wochen.

Der EVZ-Coach räumt jedoch ein, seine Spieler hätten sich ein schier unerschütterliches Selbstvertrauen erarbeitet. Deshalb verfügen sie über die Gewissheit und Zuversicht, in jedem Match zu punkten.

Gleichzeitig mahnt Tangnes, es sei harte Arbeit, die steilen Stufen zum gestärkten Selbstvertrauen zu erklimmen, hingegen ungleich einfacher und schneller passiert, dieses wieder zu verlieren.

Klarer Tabellenstand, unklare Rolle

Wenn der Tabellenführer Zug auf das Schlusslicht Langnau trifft, gibt das eine klare Sache, mag der geneigte Beobachter voreilig meinen. Mitnichten. Jedes Spiel beginnt bekanntlich bei null.

Zwar zeigten sich die Zuger am Mittwochabend anfangs gegenüber dem Startdrittel vom Montag gegen Lugano verbessert. Sie wirkten konzentrierter und spielten konsequent den Puck rasch aus der eigenen Zone heraus, was vor zwei Tagen kaum einmal gelang.

Doch die Tigers aus dem Emmental wirkten bissiger, kämpften um jeden Puck, gaben keinen Zentimeter preis. Sinnbildlich dafür Julian Schmutz, der sich gleich mehrfach in Zuger Schüsse warf und diese blockte, einmal sogar mit dem Kopf.

Junioren-Goalie vorerst Endstation

Es war zu merken, dass die Gäste nichts zu verlieren hatten. Sie agierten clever und entschlossen. Wegen gewichtiger Absenzen von Leistungsträgern figurierten einige junge Spieler im Langnauer Aufgebot.

Sie wollten sich beweisen. Speziell erwähnenswert ist hierbei Damian Stettler. Der 19-jährige Junioren-Goalie kam zu seinem ersten Volleinsatz und präsentierte sich stark. An ihm scheiterten die Zuger ein ums andere Mal, zumindest bei den Abschlussgelegenheiten, die das Gehäuse nicht verfehlten.

«Jeder wusste, dass ich nicht happy war.»

EVZ-Trainer Dan Tangnes

Entsprechend überraschte es kaum, dass die SCL Tigers in der 14. Minute durch eine Co-Produktion zweier Ex-Zuger in Führung gingen. Larri Leeger bediente Alexei Dostoinov, einst ein Zuger Junior, an der blauen Linie. Dieser liess Livio Stadler alt aussehen und erwischte mit seinem präzisen Schuss Leonardo Genoni über dessen Fanghand zum 0:1.

Garderoben-Predigt blieb aus

Wer nach der ersten Pause, analog dem letzten Heimspiel, eine zählbare Reaktion der Hausherren erwartet hatte, sah sich getäuscht. Auch die erste Strafe des Spiels gegen die Langnauer vermochte der EVZ nicht zu nutzen. Die Zuger kamen weiterhin nicht an Stettler vorbei, standen sich teilweise gegenseitig im Weg. Besser machten es die Tigers, denen gut eine Minute ihres ersten Powerplays genügte, um das Skore auf 2:0 zu stellen.

Die Zentralschweizer fanden bis zur zweiten Drittelspause keine Antwort. Und doch blieb angesichts der jüngsten EVZ-Spiele das Gefühl, dass da noch etwas kommen könnte.

Was Dan Tangnes seinen Spielern in der zweiten Drittelspause sagte, wissen wir nicht. Er sei jedoch ruhig geblieben, versicherte er nach dem Match. Es bringe nichts, wenn er sich in der Garderobe wie ein Verrückter aufführe, das würde letztlich die Glaubwürdigkeit und den Respekt beeinträchtigen. Ohnehin ist der Norweger überzeugt, dass der Einfluss des Trainers während des Spiels überschaubar sei. Viel wichtiger erachtet er den Input zwischen den Spielen. Aber: «Jeder wusste, dass ich nicht happy war.»

Die Zuger spielen mit den Tigern Katz und Maus

Offenbar genügte das. Denn das Heimteam kam wie verwandelt aus der Garderobe und drehte die Begegnung innerhalb von gut vier Minuten. Nach 21 Sekunden im dritten Spielabschnitt hämmerte Captain Raphael Diaz rechts von der blauen Linie den Puck ins linke Lattenkreuz. Der junge SCL-Goalie war chancenlos.

Lediglich 109 Sekunden später musste Stettler zum zweiten Mal hinter sich greifen. Lino Martschini war noch an ihm gescheitert, doch Yannick Zehnder verwertete den Abpraller zum 2:2. Nochmals 141 Sekunden danach erwischte Sven Senteler den bedauernswerten Langnauer Schlussmann zwischen den Hosenträgern, nachdem er in einem Energieanfall einmal die gesamte Tigers-Defensive umkurvt hatte.

«Meine Tochter wird sich auch in ein paar Tagen noch über ihr Geschenk freuen.»

Der EVZ geriet anschliessend nicht mehr ernsthaft in Gefahr, das Spiel wieder aus der Hand zu geben. Was auf das Zuger Gehäuse kam, wurde zur sicheren Beute von Leonardo Genoni. Das 4:2 durch Dario Simions neunten Saisontreffer ins verwaiste Langnauer Tor bedeutete die Zugabe.

Ein Weckruf für die EVZ-Spieler

Der Schlüssel zu dieser spektakulären Wende zum Zuger Sieg war das frühe Tor im Schlussdrittel. Das unterstreicht auch Dan Tangnes im Nachgang: «Danach kippte das Momentum auf unsere Seite.»

Plötzlich fielen die Pucks für das Heimteam reihenweise ins Tor und die Gäste verloren den Faden. Für die SCL Tigers muss das eine bittere Niederlage sein, hatten sie doch vieles richtig gemacht, den Tabellen-Antipoden mächtig gefordert und an den Rand einer Niederlage gebracht.

Den Zugern dürfte dieser Match als erneuter Weckruf dienen, dass weiterhin jeder Punkt, jeder Sieg hart erarbeitet werden will und es noch ein steiniger, weiter Weg ist zum grossen Ziel.

«Wir dürfen unser Selbstvertrauen nicht als selbstverständlich erachten», gibt der EVZ Coach zu bedenken. «Wir müssen lernen aus solchen Spielen. Wir wollen uns stetig weiterentwickeln. Ich vermittle meinen Spielern das Credo: akzeptiere niemals, durchschnittlich zu sein!»

Der Norweger darf sich nun als Leader der National League und mit der Gewissheit, dass der EVZ aktuell alles andere als durchschnittlich ist, in die kurze Weihnachtspause verabschieden.

Der EVZ-Coach wird die Feiertage alleine verbringen, da seine Frau und die kleine Tochter zurzeit in Schweden weilen. «Das macht nichts, meine Tochter wird sich auch in ein paar Tagen noch über ihr Geschenk freuen. Ich selbst werde etwas Zeit haben, mich zu erholen – und mir einen Game-Plan für den nächsten Match gegen die Tigers auszuhecken», meint der 41-Jährige grinsend.

Der EVZ empfängt am nächsten Montag erneut die SCL Tigers.

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