In einem offenen Brief beschweren sich die sozialen Einrichtungen beim Kanton: «Wir sind es leid, permanent nach Ansätzen zu suchen, wie wir schlechtere Arbeit leisten könnten». Sie wollen die neuen Leistungsvereinbarungen nicht unterschreiben. Geht es um ein taktisches Manöver für anstehende Verhandlungen oder droht ein vertragsloser Zustand?
Die sozialen Einrichtungen, Beratungsstellen und Heime sind mehr als besorgt über die finanzpolitischen Entwicklungen im Kanton Luzern. Dies schreiben sie gemeinsam in einer heute publizierten Mitteilung. «Die Unberechenbarkeit der politischen Planung stellt mittlerweile einen der grössten Risikofaktoren für die strategische und die operative Führung der Institutionen dar», sagt Ruth Fuchs, Präsidentin der IGT (siehe Box). «Auch wir sind für einen sparsamen und nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen. Aber die derzeitigen Planungsgrundlagen verlangen letztlich wesentlich mehr, nämlich den Abbau von Leistungen von Qualität».
Der Kanton plant verschiedene Sparmassnahmen, die den sogenannten «SEG»-Bereich betreffen (Gesetz über soziale Einrichtungen). Der Regierungsrat hat angekündigt, dass über den ganzen Bereich die Leistungsverträge um fünf Prozent gekürzt werden (zentral+ berichtete). Inzwischen sind bei den Institutionen die bestehenden Leistungsvereinbarungen eingetroffen. «Je nach Fall machen die Kürzungen für das Jahr 2015 über zehn Prozent aus», sagt Fuchs.
Kanton soll Kriterien bekannt geben
Die IGT ist die Interessengemeinschaft der Trägerschaften privater sozialer Einrichtungen. Dazu gehören Institutionen für Kinder und Jugendliche, wie zu Beispiel das Kinderheim Hubelmatt oder das Heilpädagogische Zentrum Hohenrain.
Weiter sind Einrichtungen für Erwachsene mit Behinderungen dabei, wie die Stiftung Brändi oder die Stiftung für Schwerbehinderte SSBL. Ebenfalls dazu gehören Einrichtungen für suchtkranke wie «Akzent Prävention und Suchttherapie» und «Novizonte Sozialwerk».
«Wir haben unseren Mitgliedern deshalb empfohlen, die Leistungsvereinbarungen mit dem Kanton nicht zu unterschreiben», sagt Fuchs. Doch wäre die Konsequenz daraus nicht viel dramatischer für die Organisationen selber? Der Kanton könnte theoretisch eine andere Institution für die Leistung wählen – was ja die Grundidee von Leistungsvereinbarungen ist.
Vertragloser Zustand droht
Doch was würde es bedeuten, wenn die Vereinbarungen nicht unterzeichnet werden? Diese Frage kann Fuchs nicht abschliessend beantworten. Dann hätten wir einen «vertragslosen Zustand», sagt sie. Und wenn der Kanton nicht nachgibt? Schliesslich müssen Löhne und Rechnungen bezahlt werden. «Man findet sicher ein Lösung», sagt Fuchs. Übergeordnet gibt es einen Leistungsauftrag, der vier Jahre gültig ist.
Es werde nicht soweit kommen, dass niemand mehr unterschreibt. Schlussendlich sei der Kanton auf die SEG-Heime, Einrichtungen und Beratungsstellen mit dem richtigen Knowhow angewiesen. «Der Kanton kann nicht einfach andere Anbieter aus dem Hut zaubern», sagt Fuchs. Also alles eine leere Drohung? Es gehe den SEG-Instiutionen darum, ein Zeichen zu setzen. «Wir müssen abwarten, wie weit es wirklich kommt», sagt Fuchs.
Beiträge hätten kostendeckend zu sein
Die Institutionen wollen auf pragmatische Verhandlungen mit dem Kanton setzen. Übergeordnet sind die Sparmassnahmen des Kantons Teil der Finanzplanung für die nächsten Jahre, die das Parlament in der Dezembersession beraten wird. «Die IGT erwartet von Regierungen und Parlamenten, dass die Institutionen sich auf die Rahmenbedingungen verlassen können», sagt Fuchs. Nur damit seien die Leistungserbringer in der Lage, rechtzeitig entsprechende personelle und infrastrukturelle Dispositionen zu treffen. «Kostendeckende Beiträge haben kostendeckend zu sein». Andernfalls müssten gleichzeitig im Bereich der Leistungen oder der Qualität Reduktionen vorgenommen werden.
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