Regierung schlägt Massnahmen vor

Luzern will 210 Millionen sparen

Urs Dickerhof, Präsident der Sparkommission «Leistungen und Strukturen II» stellt sich den Fragen. (Bild: bra)

Die Debatte ist lanciert. Und es geht um insgesamt 210 Millionen Franken: Heute hat der Luzerner Regierungsrat seine Sparmassnahmen vorgestellt, die den Kantonshaushalt bis ins Jahr 2017 entlasten sollen. Am stärksten trifft es die Bereiche Gesundheit, Soziale Sicherheit, Bildung (Klassengrössen) und Öffentlicher Verkehr (Streichung von Linien). Eingemogelt ist aber auch, dass Familien mehr zur Kasse geboten werden sollen.

Es ist aussergewöhnlich, dass der Regierungsrat eine noch nicht fertige Vorlage der Öffentlichkeit präsentiert. Aber die heutige Medienkonferenz zum Luzerner Sparpaket war eine berechtigte Ausnahme. Ruhig und gefasst stellte Finanzdirektor Marcel Schwerzmann insgesamt 61 Massnahmen vor, die alle im 210-Millionen Sparpaket 2015-2017 enthalten sein sollen. «Wir befinden uns in einem Prozess, den wir Schritt für Schritt durchlaufen; dies in enger Abstimmung mit der Kommission Leistungen und Strukturen II (KLS)», sagte er.

Das Projekt «Leistungen und Strukturen II» sei kein Kahlschlag, fügte Regierungspräsident Robert Küng (FDP) hinzu. In einzelnen Bereichen würde jedoch auf Leistungen verzichtet. Die Ausgaben des Kantons von über 3,5 Milliarden Franken würden stetig ansteigen, die Einnahmen aber stagnieren, sagte Küng. Dieser Entwicklung wolle die Regierung nicht einfach zusehen.

Auch Gemeinden sollen entlastet werden

Das könne für die Betroffenen schmerzhaft sein. Gemeint sind die Bereiche Informatik, Personal, Steuern, öffentlicher Verkehr, Landwirtschaft und Wald, Gesundheit, Soziales sowie Bildung. Auch die Gemeinden sollen durch diese Massnahmen bis 2017 indirekt um rund 107 Millionen Franken entlastet werden. Insgesamt sollen 16 Vollzeitstellen vor allem in der Bildung, im Steueramt und bei den Gerichten wegfallen.

Ein Teil des Sparpaketes fehlt zum heutigen Zeitpunkt noch. Dieser muss von Regierung und Verwaltung bis im Herbst 2014 nachgeliefert werden. Bis jetzt sind Massnahmen mit insgesamt 181.4 Millionen Franken enthalten, die bis 2017 umgesetzt werden sollen.

In den folgenden Bereichen soll laut Regierungsrat der Sparhebel angesetzt, beziehungsweise die Einnahmen gesteigert werden:

 

31,2 Millionen: Soziales und Gesellschaft

Über den ganzen «SEG-Bereich» sollen die bestehenden Leistungsvereinbarungen um fünf Prozent gekürzt werden. SEG bedeutet soziale Einrichtungen und Gesellschaften, Heime und heimähnliche Einrichtungen. «Die Institutionen dürften unterschiedlich betroffen sein», sagt Finanzdirektor Marcel Schwerzmann.

Es sei mit einem leichten Qualitätsabbau zur rechnen, sagt Schwerzmann. Dieser könnte sich bei der Betreuungsquote abzeichnen. «Der Regierungsrat ist jedoch der Meinung, dass es zu keinem Leistungsabbau in der Kernaufgabe kommt.» Die tieferen Beiträge sollen anschliessend für 2016 und 2017 eingefroren werden. Das gelte auch bei baulichen Investitionen.

Eine weitere Massnahme betrifft die Liste der Pflegeheime. Der Regierungsrat fordert mehr Beteiligung von den Krankenkassen. Die Krankenversicherer beteiligen sich heute nicht an der Finanzierung der Behinderteninstitutionen, da die Zuständigkeit bei der IV liegt. Erreichen Menschen mit Behinderungen aber das Pensionsalter, endet die spezielle Finanzierung der IV. «Aus Sozialversicherungslogik sind ab Rentenalter alle Menschen gleich gestellt. Der Regierungsrat erachtet es deshalb als sinnvoll, Menschen mit Behinderungen im Rentenalter in Pflegeheimplätze zu überführen, beziehungsweise Pflegeheimplätze in Behinderteninstitutionen zu schaffen», sagt Schwerzmann. 

28.1 Millionen: Abteilung Steuern

Kleingedruckt: Steuer-Anpassungen

Private sollen mehr zur Kasse geboten werden. Das präsentierte Sparpaket enthält auch einige versteckte Anpassungen bei den Steuern. Unter anderem:

  • Streichung der Abzüge für Kinderbetreuung; 2'000 Franken für Eigenbetreuung und Erhöhung des maximalen Fremdbetreuungsabzuges von bisher 4'700 auf 6'700 Franken.
  • weniger Fahrkostenabzug bei der Steuererklärung
  • Die Schraube bei der Doppelbesteuerung wird wieder ein wenig angezogen; beim Vermögen wie auch beim Einkommen
  • Einführung einer Minimalsteuer für Kapitalgesellschaften.

 

Die Dienststelle Steuern könne ihren Sollbestand an Mitarbeitenden leicht reduzieren. Dies, weil die im Projekt LuTax prognostizierten Effizienzsteigerungen realisiert werden können, sagt Schwerzmann. Zudem hat der Regierungsrat die Steuereinnahmen gemäss den Annahmen der BAK Basel nochmals budgetiert. Der BAK Basel Bericht wiess aus, dass die Einnahmeprognosen eher zu tief angenommen wurden (zentral+ berichtete).

«Der Regierungsrat hält weiter ausdrücklich an der Steuerstrategie fest», sagt Schwerzmann. Er sei aber bereit, «Korrekturen» vorzunehmen (siehe Box).

20.1 Millionen: Gesundheit

Der Kanton Luzern hat dem Luzerner Kantonsspital (LUKS) und der Luzerner Psychiatrie (lups) ein Anfangskapital (Dotationskapital) in Form von Sach- und Bareinlagen zur Verfügung gestellt. «Die Eignerstrategie sieht vor, dass wir auf diese Einlagen eine Dividende in Form einer Gewinnrückführung bis maximal vier Prozent erhalten.» Diese Dividende soll zukünftig vollständig eingefordert werden.

Auch bei der Luzerner Psychiatrie (lups) soll gemäss Schwerzmann mehr verlangt werden. Seit 2008 habe das lups gute Ergebnisse erzielt und dadurch eine gesunde finanzielle Basis erarbeitet. «Im Bewusstsein, dass die Kürzung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen für die lups eine Herauforderung darstellt, wird sie als vertretbar erachtet», so der Finanzdirektor.

12.3 Millionen: Bildung

Im Bereich Volksschule sind laut Regierungsrat verschiedene Massnahmen geplant, zum Beispiel sollen die Klassen im Kindergarten und in der Primarschule auf 16 Kinder vergrössert werden. Zu kleine Sekundarklassen sollen zusammegelegt werden. Zudem müsse die Umsetzung des neuen Lehrplans 21 kostenneutral erfolgen.

Die Übertritte in das Kurzzeitgymnasium sollen in Zukunft vor allem nach der zweiten und nicht nach der dritten Sekundarklasse erfolgen. «Das ist vor allem eine Optimierung unseres Bildungssystems, aber längerfristig wird dadurch auch ein Spareffekt erreicht», sagt Schwerzmann.

Zudem werden die Universität und die Hochschule Luzern angehalten, ihr strukturelles Defizit in der kommenden Finanzplanung selber zu bereinigen. «Die Idee ist, dass das vor allem über Effizienzsteigerungen und Sparmassnahmen erfolgen kann», so Schwerzmann.

12.3 Millionen: Öffentlicher Verkehr

Das Angebot im Öffentlichen Verkehr soll für 2015 unverändert weitergeführt werden. Jedoch werden Angebotserweiterungen überprüft und teilweise erst ab 2016 umgesetzt. «Punktuell können 2016 oder 2017 auch Linien gekürzt und die Fahrplantakte am Wochenende oder in Randzeiten ausgedünnt werden», sagt Schwerzmann.

Geplante Projekte wie die Verlängerung der Linie 1 bis Ebikon, die Bus-Stationen (Hubs) in Ebikon, Horw und Rothenburg werden um ein bis zwei Jahre verschoben.

Zudem sollen sich Dritte, gemeint sind grosse Verkehrsverursacher, stärker an den Kosten beteiligen. Zum anderen werden Projekte im Infrastrukturbereich um ein bis zwei Jahre verschoben. Konkrete Vorschläge über das Was und Wie kamen an der Medienkonferenz nicht zur Sprache.

10 Millionen: Verwaltung

Die Kosten der Informatik werden weiter gesenkt, durch Prozessoptimierungen beim Lizenz-Provider und Lieferantenmanagement, sagt Schwerzmann. Weiter können durch das Projekt WLAN für die Schulen (Pegasus) weitere Effizienzverbesserungen realisiert werden.

55 Millionen: Übergeordnete Massnahmen

Mit «übergeordneten Massnahmen» sind vor allem Personal- und Sachaufwände gemeint. Hier soll laut Regierungsrat das Wachstum gestoppt und die entsprechenden Prognosen angepasst werden. Insbesondere wird eine Reduktion der Personalzulagen anvisiert. «Neue, klare Kriterien werden eine restriktive Anwendung unterstützen und die Höhe der Zulagen wird stärker begrenzt», sagt Schwerzmann. 

Die vollständige Massnahmenliste ist auf der Website des Kantons einsehbar. Das restliche Massnahmenvolumen wird in den nächsten Wochen im Rahmen des regulären Budgetierungsprozesses in den Aufgaben und Finanzplan (AFP) 2015-2018 aufgenommen. Insgesamt soll bis 2017 eine Entlastung des kantonalen Finanzhaushaltes um 210 Millionen Franken erfolgen.

Kritik am Vorgehen

Um das Sparprojekt des Regierungsrates zu begleiten, wurde eine Spezialkommission eingesetzt. Sie besteht aus 17 Mitgliedern des Kantonsrates: 6 CVP, 4 SVP, 3 FDP, 2 SP/JUSO, 1 Grüne, 1 GLP. Die Kommission hat gemäss ihrem Auftrag die Sparvorschläge der Regierung diskutiert und kommentiert und zudem selbst Sparvorschläge erarbeitet. 

Urs Dickerhof, Präsident der Sparkommission (SVP), lobt die Arbeit der Kommission, kritisiert aber gleichzeitig, dass: 

  • mehr Ideen in der Kommission und vor allem eine grössere Bereitschaft für Strukturreformen vorhanden wäre (Die Kommission hatte insgesamt 160 Vorschläge eingereicht).
  • mehr Zeit für Informationen über die Hintergründe und Auswirkungen der einzelnen Massnahmen nötig wäre, damit mehr Transparenz erreicht werden kann
  • insgesamt mehr Sparvolumen erreicht werden kann; auf der Basis der Eingaben der Kommission und der Vorschläge des Regierungsrates
  • mehr Ausgewogenheit über die Aufgabenbereiche und Departemente hinweg erreicht werden könnte.

 

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