Nun wird eine Drittelmillion Franken für die Sanierung eingesetzt

Elf Tonnen Blei schlummern im Boden von Morgarten

Bleischwer lastet die Bürde des Morgartenschiessens auf dem Gelände des jährlichen Anlasses. (Bild: zvg)

Der Zielbereich des Morgartenschiessens soll saniert werden. Ausserdem soll eine Kugelfanganlage installiert werden. Kostenpunkt: 315'000 Franken. Tatsächlich ist die Umweltverschmutzung auf dem Gelände durch den traditionellen Anlass beachtlich. Doch warum reagiert der Kanton erst jetzt?

Ein Kubikmeter aus purem Blei. Oder elf Tonnen Blei und 500 Kilogramm Antimom. So viel Schwermetall hat sich bis heute, ungefähr 300 Meter südlich von Morgarten entfernt, in der Erde zusammengeläppert.

Wie das? Ganz einfach: Der Hügel wird seit 113 Jahren jeweils am 15. November ins Visier der Morgartenschützen genommen. Ihre Geschosse fliegen bis heute ungehindert in die Erde. Und bleiben auch dort. Das ist problematisch für die Umwelt.

Obacht, hier wird geschossen.

Deshalb spricht nun die Zuger Regierung maximal 315'000 Franken für den Morgartenschützenverband Zug. Mit diesem Geld aus dem Lotteriefonds soll eine Kugelfanganlage beim Zielhang des Morgartenschiessens gekauft und installiert werden. Zugleich soll das kontaminierte Erdreich fachgerecht entsorgt und die Schadstoffbelastung des Erdreichs im Zielhang entfernt werden.

Teure Altlasten

Der Zuger Baudirektor Florian Weber sagt auf Anfrage: «Die jahrzehntelangen Schiesstätigkeiten haben im Zielbereich zu einem erheblichen Schadstoffeintrag in den Boden geführt. Aufgrund sehr hoher Blei- und Antimongehalte im Boden von Erd-Kugelfängen handelt es sich bei den Zielhängen in der Regel um sanierungsbedürftige Altlasten.»

Tatsächlich befindet sich das 3'053 Quadratmeter grosse Gelände im kantonalen Kataster der belasteten Standorte und wird als sanierungsbedürftig ausgewiesen.

Hellrot koloriert, die Fläche, die durch Metall im Boden verunreinigt und daher sanierungsbedürftig ist. (Bild: ÖREB-Kataster-Auszug)

Mit elf Tonnen Blei und 500 Kilogramm Antimon, das zur Härtung von Bleilegierungen verwendet wird, haben sich in den letzten über hundert Jahren «beachtliche Schadstoffmengen» im Bereich des Zielhangs angehäuft, wie die Zuger Regierung es formuliert.

Eine beachtliche Zahl: Was bedeutet sie? Wie schlimm ist die Lage? Wir fragen Ruben Kretzschmar, Professor für Bodenchemie an der ETH Zürich, inwiefern die angesammelten Schadstoffe problematisch sind. «Eine der wichtigen Fragen ist, ob von der betroffenen Stelle Schadstoffe ins Wasser gelangen können, respektive, ob das Gelände in einem Grundwasserschutzgebiet oder an einem Bach liegt.»

Sei dies nicht der Fall, sei davon auszugehen, dass keine unmittelbare Gefahr für Grund- oder Oberflächenwasser bestehe. Weil aber auch Pflanzen, Tiere und Menschen Schaden nehmen könnten, würden solche belasteten Standorte zunächst eingezäunt und nicht beweidet und später durch Bodenaustausch und Bau eines künstlichen Kugelfangs saniert.

So ist es denn auch beim betroffenen Gelände bei Morgarten, das von einem Holzzaun umgeben ist.

Dank des Zauns können keine Tiere und Menschen Schaden nehmen an der Verunreinigung. (Bild: zvg)

Kretzschmar sagt weiter: «Gemäss den Angaben im Kataster der belasteten Standorte handelt es sich um rund 3'000 Quadratmeter Boden, die betroffen sind. Mit 11 Tonnen Blei auf diese Menge Boden dürften die gesetzlichen Sanierungswerte für Blei im Boden deutlich überschritten sein. Folglich muss das Gelände saniert werden. Tatsächlich ist das Gelände im Kataster als sanierungsbedürftig eingestuft.»

Warum dauerte es über 100 Jahre?

Wir schreiben das Jahr 2020. Naturschutz ist bereits seit Jahrzehnten ein Thema. Warum also dauert es so lange, diese Anlage zu sanieren? Der ETH-Professor gibt zu bedenken: «Dass Blei giftig ist, weiss man schon lange. Zudem ist bereits seit mindestens 20 Jahren bekannt, dass auch Antimon giftig ist und aus Böden in Gewässer gelangen kann. Doch gibt es in der Schweiz viele Schiessanlagen, die sanierungsbedürftig sind.»

Zuerst würden jene saniert, die sich in Gewässerschutzzonen befinden oder stillgelegt würden. «Aber auch die übrigen müssen sobald wie möglich saniert und mit künstlichen Kugelfängen ausgestattet werden», mahnt Kretzschmar.

Lob und Verwunderung

Die Frage, weshalb es so lange dauert, bis die Zuger Regierung auf die Verschmutzung reagiert, stellt sich auch Andreas Lustenberger, Präsident der Alternative-die Grünen. Anderseits, so der Kantonsrat, «ist es gut, dass man die Sache nun anpackt. Es ist gut zu wissen, dass die Umwelt auch in den Kreisen des Morgartenschiessens einen hohen Stellenwert geniesst.»

Der Zuger Baudirektor Florian Weber beantwortet die Frage nach der späten Reaktion auf die Verschmutzung wie folgt: «Das Umweltschutz- und das Altlastenrecht sehen grundsätzlich nicht vor, dass es verboten ist, in den Boden zu schiessen. Das Erdreich im Bereich der Zielscheiben wird jedoch mit jedem Schiessanlass weiterkontaminiert. Angesichts der damit verbundenen bestehenden und zunehmenden Schadstoffbelastungen mit Blei und Antimon ist eine Sanierung der Zielbereiche, gestützt auf die Verordnung über die Sanierung von belasteten Standorten, über kurz oder lang unumgänglich. Wird eine bestimmte Schadstoffkonzentration überschritten oder wenn das Risiko einer Gewässerverunreinigung besteht, muss der Standort saniert werden.»

Wo landet eigentlich die verschossene Munition? Genau. Im Boden. (Bild: zvg)
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