Zwei Unfälle bei Autobahn-Auffahrt Buchrain

Oberster Fahrlehrer warnt vor fatalen Baustellen-Crashs

«Baustellen sind für Autofahrer immer heikel», sagt Thomas Schmid, der oberste Fahrlehrer der Zentralschweiz. (Bild: Luzerner Polizei / zvg)

Bei der Autobahn-Auffahrt bei Buchrain ist es am vergangenen Wochenende innert 24 Stunden zu gleich zwei nahezu identischen Unfällen gekommen. Dennoch sieht das Astra keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Der oberste Fahrlehrer der Zentralschweiz mahnt zur Vorsicht.

Ein Mercedes-SUV überschlägt sich, kommt erst 60 Meter weiter auf der Seite liegend zum Stillstand: Auf der Autobahn A14 bei Buchrain ist es im Baustellen-Bereich bei der Autobahn-Auffahrt am vergangenen Wochenende zu einem heftigen Selbstunfall gekommen. Der Mercedes-Fahrer wurde beim Crash am Samstagnachmittag verletzt, das Auto demoliert (zentralplus berichtete). Der entstandene Sachschaden: rund 40’000 Franken. Keine 24 Stunden später kommt es an der gleichen Stelle zu einem nahezu identischen Unfall.

Ein Audi-Fahrer kracht ebenfalls gegen die ansteigende Leitplanke im Bereich der Autobahn-Auffahrt. Der Wagen kippt, die Beifahrerin wird beim Crash verletzt (zentralplus berichtete). Der Schaden: 25'000 Franken. Unfälle wie diese: Ein Horror-Szenario für jeden Autofahrer. Das weiss auch der oberste Fahrlehrer der Zentralschweiz Thomas Schmid. Er arbeitet seit 30 Jahren als Fahrlehrer, ist seit fünf Jahren Präsident der Fahrschulen Zentralschweiz. «Baustellen sind für Autofahrer immer heikel. Als Fahrlehrer mache ich immer wieder die Erfahrung, dass dort selbst gestandene Fahrer Mühe haben», sagt Schmid.

«Meist ist das Tempo das Problem»

Für den obersten Zentralschweizer Fahrlehrer ist klar: «Autofahrer überschätzen sich im Baustellen-Bereich oft. Meist ist das Tempo das Problem.» Hinzu kommt ein mangelndes Gefühl für das Fahrzeug, so der Adligenswiler Fahrlehrer weiter. Auf dem besagten Autobahn-Abschnitt gilt aufgrund der Baustelle Tempo 80, die beiden Fahrstreifen werden dort nach links in die Mitte geleitet.

«Die Bauarbeiten werden so umgesetzt, dass dem Verkehr, wann immer möglich, alle vier Fahrspuren zur Verfügung stehen. Um dies zu erreichen, müssen die Fahrstreifen verschmälert werden», wie es im Astra-Infobericht «Erhaltungsprojekt A14 Anschluss Buchrain – Verzweigung Rütihof» vom März 2021 heisst. Noch ist unklar, warum genau es am Wochenende zu den beiden Selbstunfällen kam. Die Luzerner Polizei hat Ermittlungen aufgenommen.

Astra plant trotz Baustellen-Crash auf A14 vorläufig keine Anpassungen

Die Folgen von Unachtsamkeit im Strassenverkehr können fatal sein, das zeigt die Strassenverkehrsunfall-Statistik des Bundesamts für Statistik (bfs) vom vergangenen Jahr abermals. Gemäss bfs starben 2020 insgesamt 227 Menschen auf Schweizer Strassen – 71 davon waren Insassen von Personenwagen. Auch wenn die Autobahn A14 als Unfall-Hotspot bekannt ist, gehört mit Blick auf die «Unfallkarte – Geoportal des Bundes» die Unfallstelle vom Wochenende nicht dazu. Innert der vergangenen fünf Jahre kam es dort nämlich zu lediglich einem Unfall mit einem Leichtverletzten.

Gleich zwei Unfälle innert derart kurzer Zeit an derselben Stelle: Das ist auch für Verkehrsexperten ungewöhnlich. Dennoch sieht das Bundesamt für Strassen Astra keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Auf Anfrage von zentralplus erklärt Samuel Hool, Sprecher der zuständigen Astra-Filiale Zofingen: «Bei Unfällen gilt es, die Unfallursache zu eruieren. Dies wird durch die jeweils zuständige Kantonspolizei vorgenommen. Die Ergebnisse der Untersuchung des Unfallherganges werden zeigen, ob Optimierungen nötig sind.»

Heisst: Vorerst wird es keine Anpassung der Verkehrsführung in dem betroffenen Baustellen-Bereich geben. Und das, obwohl die Autobahn-Baustelle Buchrain bei Experten als «anspruchsvoll zu fahren» gilt. «Die Baustelle ist normgemäss signalisiert und von Fachexperten und der Kantonspolizei abgenommen. Im Vordergrund beim Einrichten von Baustellen-Signalisationen steht immer die Verkehrssicherheit», sagt Hool. Demnach ist seitens des Astra derzeit keine zusätzliche Signalisation im Bereich der Unfallstelle vorgesehen.

Oberster Fahrlehrer rät zu erhöhter Achtsamkeit in Baustellen-Bereichen

Für den obersten Fahrlehrer der Zentralschweiz ist der Astra-Entscheid keine Überraschung: «Es wäre wünschenswert, dass die Gefahr bei der Autobahn-Auffahrt Buchrain möglichst schnell gebannt wird. Allenfalls müsste im Bereich der Unfallstelle eine Geschwindigkeitsreduktion in Betracht gezogen werden. Aber die Mühlen der Behörden in der Schweiz mahlen teilweise sehr langsam.» Schmid vermutet: «Bis die tatsächliche Unfall-Ursache geklärt ist, ist die Baustelle schon wieder weg.»

Der Präsident der Zentralschweizer Fahrschulen weiss: Die Gefahr geht meist vom Fahrzeuglenker selbst aus. «Junglenker sind oft unsicher oder überschätzen sich und erfahrenen Autofahrern wird oftmals die eigene Routine zum Verhängnis», sagt Schmid. Generell rät er: «Wer durch einen Baustellen-Bereich fährt, sollte das mit erhöhter Aufmerksamkeit tun.»

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7 Kommentare
  • Profilfoto von Pipo
    Pipo, 07.07.2021, 21:58 Uhr

    Ciao Thomas
    Das Problem liegt doch darin, dass ich dies dem Navi oder im Gespräch am Handy nicht umsetzen kann.
    Et voilá > solche Resultate.
    En Ehemalige

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  • Profilfoto von Philipp
    Philipp, 07.07.2021, 21:25 Uhr

    Das Problem ist weder die Geschwindigkeit noch die Baustellenführung. Theoretisch kann man da locker mit 100km/h fahren. Das eigentliche Problem ist, dass es viele miserabel Fahrer/innen gibt die Ihr Auto weder einschätzen können noch im Griff haben.
    Diejenigen auf der Rechten Spur fahren meistens viel zu sehr links obwohl Sie zur Leitplanke hin noch genügend Platz hätten. Dadurch sind die ständig auf der Mittellinie oder sogar auf beiden Spuren gleichzeitig unterwegs. Das verstehe ich einfach nicht. Wenn sogar Lastwagen nicht die ganze Spurbreite benötigen, warum schaffen es dann die Automobilisten nicht in der Spur zu bleiben?
    Auf der linken Spur hat es wiederum oft zu breite Fahrzeuge. Es scheint, dass vielen gar nicht bewusst ist, dass links kein Fahrzeug über 2m Breite fahren darf. Speziell Fahrzeuge der Marke Audi, BMW und Mercedes sind nun mal breiter und gehören von Gesetzeswegen auf die Rechte Spur.

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    • Profilfoto von Viel Fahrer
      Viel Fahrer, 07.07.2021, 23:30 Uhr

      In der Schweiz zählen die Rückspiegel, warum auch immer, nicht zur Fahrzeugbreite. Schauen oder messen Sie bei den von ihnen erwähnten Fahrzeugen mal nach, wie breit diese sind……. Sie werden erstaunt sein, dass Ihre Theorie/Behauptung überhaupt nicht stimmt.

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  • Profilfoto von Viel Fahrer
    Viel Fahrer, 07.07.2021, 19:42 Uhr

    Sorry, aber was gibt es da zu klären? Ich fahre dort fast täglich dran vorbei und es ist eine ganz normale Baustelle. Überprüft einfach die Handys der verunfallten und ihr werdet klüger. Ich bin jedes Mal von neuem schockiert, wenn ich mir den Spass erlaube und in die verschiedenen Autos rein schaue. Kein Scherz, 75% der Autofahrer, welche zur Pendlerzeit unterwegs sind, sind während der Fahrt mit dem Handy beschäftigt. 75%!!!

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    • Profilfoto von Marc Wieser
      Marc Wieser, 07.07.2021, 20:52 Uhr

      Das sehe ich genau so. Ich fahre mehrmals die Woche durch diese Baustelle. An den besagten Stellen, wo die Unfälle passiert sind, werden die verengten Fahrbahnen zusätzlich um ca. 1.5 Meter nach links und danach wieder nach rechts geführt. An beiden Stellen ist die Geschwindigkeit von 80 auf 60 reduziert. Kein Fahrer kümmert sich darum, da wird mit 80 oder mehr durchgebrettert. Ich sehe keinen Grund, an der Signalisation oder der Baustellenmarkierung etwas zu ändern. Geschwindigkeit anpassen würde absolut reichen.

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    • Profilfoto von Zuger1
      Zuger1, 07.07.2021, 21:02 Uhr

      Auch ich fahre da regelmässig durch. Dass keiner mehr 60 fährt, ist für mich logisch. In Richtung Zug wird die 60-er Strecke beispielsweise erst kurz vor Root wieder aufgehoben, obwohl die beschriebene Verengung seit mindestens einem Kilometer vorbei ist. Neuerdings gilt auch schon Tempo 80 ab Rotkreuz, obwohl die Baustelle erst 5km weiter bei Gisikon beginnt. Mit einer solch stümperhaften Signalisation macht man nur die Autofahrer hässig.

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    • Profilfoto von Viel Fahrer
      Viel Fahrer, 07.07.2021, 23:26 Uhr

      @Zuger1 – Schon mal überlegt, dass an besagter Stelle der 60er extra etwas weitergezogen wurde, da sich in diesem Bereich die sehr viel befahrene Einfahrt von der Raststätte/Tankstelle befindet? In der Gegenrichtung ist bei der Einfahrt von der Raststätte/Tankstelle auch 60, halt einfach mit dem Unterschied, dass sich da grad der Versatz befindet! Also, kurz nachdenken und glaub mir, die Signalisation macht schon Sinn. Nur hält sich leider wirklich niemand daran!

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