Oberster Fahrlehrer warnt vor fatalen Baustellen-Crashs
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Bei der Autobahn-Auffahrt bei Buchrain ist es am vergangenen Wochenende innert 24 Stunden zu gleich zwei nahezu identischen Unfällen gekommen. Dennoch sieht das Astra keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Der oberste Fahrlehrer der Zentralschweiz mahnt zur Vorsicht.
Ein Mercedes-SUV überschlägt sich, kommt erst 60 Meter weiter auf der Seite liegend zum Stillstand: Auf der Autobahn A14 bei Buchrain ist es im Baustellen-Bereich bei der Autobahn-Auffahrt am vergangenen Wochenende zu einem heftigen Selbstunfall gekommen. Der Mercedes-Fahrer wurde beim Crash am Samstagnachmittag verletzt, das Auto demoliert (zentralplus berichtete). Der entstandene Sachschaden: rund 40’000 Franken. Keine 24 Stunden später kommt es an der gleichen Stelle zu einem nahezu identischen Unfall.
Ein Audi-Fahrer kracht ebenfalls gegen die ansteigende Leitplanke im Bereich der Autobahn-Auffahrt. Der Wagen kippt, die Beifahrerin wird beim Crash verletzt (zentralplus berichtete). Der Schaden: 25'000 Franken. Unfälle wie diese: Ein Horror-Szenario für jeden Autofahrer. Das weiss auch der oberste Fahrlehrer der Zentralschweiz Thomas Schmid. Er arbeitet seit 30 Jahren als Fahrlehrer, ist seit fünf Jahren Präsident der Fahrschulen Zentralschweiz. «Baustellen sind für Autofahrer immer heikel. Als Fahrlehrer mache ich immer wieder die Erfahrung, dass dort selbst gestandene Fahrer Mühe haben», sagt Schmid.
«Meist ist das Tempo das Problem»
Für den obersten Zentralschweizer Fahrlehrer ist klar: «Autofahrer überschätzen sich im Baustellen-Bereich oft. Meist ist das Tempo das Problem.» Hinzu kommt ein mangelndes Gefühl für das Fahrzeug, so der Adligenswiler Fahrlehrer weiter. Auf dem besagten Autobahn-Abschnitt gilt aufgrund der Baustelle Tempo 80, die beiden Fahrstreifen werden dort nach links in die Mitte geleitet.
«Die Bauarbeiten werden so umgesetzt, dass dem Verkehr, wann immer möglich, alle vier Fahrspuren zur Verfügung stehen. Um dies zu erreichen, müssen die Fahrstreifen verschmälert werden», wie es im Astra-Infobericht «Erhaltungsprojekt A14 Anschluss Buchrain – Verzweigung Rütihof» vom März 2021 heisst. Noch ist unklar, warum genau es am Wochenende zu den beiden Selbstunfällen kam. Die Luzerner Polizei hat Ermittlungen aufgenommen.
Astra plant trotz Baustellen-Crash auf A14 vorläufig keine Anpassungen
Die Folgen von Unachtsamkeit im Strassenverkehr können fatal sein, das zeigt die Strassenverkehrsunfall-Statistik des Bundesamts für Statistik (bfs) vom vergangenen Jahr abermals. Gemäss bfs starben 2020 insgesamt 227 Menschen auf Schweizer Strassen – 71 davon waren Insassen von Personenwagen. Auch wenn die Autobahn A14 als Unfall-Hotspot bekannt ist, gehört mit Blick auf die «Unfallkarte – Geoportal des Bundes» die Unfallstelle vom Wochenende nicht dazu. Innert der vergangenen fünf Jahre kam es dort nämlich zu lediglich einem Unfall mit einem Leichtverletzten.
Gleich zwei Unfälle innert derart kurzer Zeit an derselben Stelle: Das ist auch für Verkehrsexperten ungewöhnlich. Dennoch sieht das Bundesamt für Strassen Astra keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Auf Anfrage von zentralplus erklärt Samuel Hool, Sprecher der zuständigen Astra-Filiale Zofingen: «Bei Unfällen gilt es, die Unfallursache zu eruieren. Dies wird durch die jeweils zuständige Kantonspolizei vorgenommen. Die Ergebnisse der Untersuchung des Unfallherganges werden zeigen, ob Optimierungen nötig sind.»
Heisst: Vorerst wird es keine Anpassung der Verkehrsführung in dem betroffenen Baustellen-Bereich geben. Und das, obwohl die Autobahn-Baustelle Buchrain bei Experten als «anspruchsvoll zu fahren» gilt. «Die Baustelle ist normgemäss signalisiert und von Fachexperten und der Kantonspolizei abgenommen. Im Vordergrund beim Einrichten von Baustellen-Signalisationen steht immer die Verkehrssicherheit», sagt Hool. Demnach ist seitens des Astra derzeit keine zusätzliche Signalisation im Bereich der Unfallstelle vorgesehen.
Oberster Fahrlehrer rät zu erhöhter Achtsamkeit in Baustellen-Bereichen
Für den obersten Fahrlehrer der Zentralschweiz ist der Astra-Entscheid keine Überraschung: «Es wäre wünschenswert, dass die Gefahr bei der Autobahn-Auffahrt Buchrain möglichst schnell gebannt wird. Allenfalls müsste im Bereich der Unfallstelle eine Geschwindigkeitsreduktion in Betracht gezogen werden. Aber die Mühlen der Behörden in der Schweiz mahlen teilweise sehr langsam.» Schmid vermutet: «Bis die tatsächliche Unfall-Ursache geklärt ist, ist die Baustelle schon wieder weg.»
Der Präsident der Zentralschweizer Fahrschulen weiss: Die Gefahr geht meist vom Fahrzeuglenker selbst aus. «Junglenker sind oft unsicher oder überschätzen sich und erfahrenen Autofahrern wird oftmals die eigene Routine zum Verhängnis», sagt Schmid. Generell rät er: «Wer durch einen Baustellen-Bereich fährt, sollte das mit erhöhter Aufmerksamkeit tun.»