Festlicher Ausnahmezustand in der Stadt Zug

Jodlerfest: Die Stimmbänder sind aufgewärmt

Donat Hollenstein singt für den Steinhauser Jodlerklub Bärgblueme. Er bezeichnet das «Eidgenössische» als «locker, lukrativ und gfreut». (Bild: wia)

Das Jodlerfest in Zug hat zwar ohne Pauken, Trompeten und Kampfjets, dafür mit Gesang, Alphorn und einer Menge Schnupftabak gestartet. Es ist schwierig, sich dem Bann dieses Traditionsanlasses zu entziehen.

Freitagnachmittag um 13 Uhr. Das Eidgenössische Jodlerfest hat offiziell begonnen. Und damit drei Tage, in welchen die Stadt Zug pulsiert, wie sie das sonst kaum je tut. Das gesamte Seebecken zwischen Hafen und Seelikon ist belebt, überall wuseln Menschen zwischen Essensständen und offenen Bühnen herum. Hier wird mit Kirschsteinen gespuckt, dort unterhält sich Nik Hartmann mit einem Jodler, der extra aus Australien angereist ist, es wird gejodelt und gefeiert.

Viele der Gäste tragen mit Stolz ihre wunderbaren Trachten, bei denen von den Hosenträgern bis zu den fein gestrickten Socken und der (Schnauz-)Frisur alles stimmt. Zu erkennen, aus welcher Region die einzelnen Trachten stammen, ist für Laien hingegen eine hohe Kunst.

Eine ähnliche Stimmung wie beim ESAF

Es herrscht eine Stimmung, die den Zugerinnen bekannt vorkommt. Zumindest jenen, die auch beim Eidgenössischen Schwingfest vor vier Jahren dabei waren. Tausende Menschen auf einem Platz, die Atmosphäre ist feierlich, der Umgang respektvoll und familiär.

«Entschuldigung, darf ich mich schnell auf Ihnen abstützen, um hier vom Podest hinabzusteigen?», fragt eine fremde Frau. Ihr den Wunsch abzuschlagen, wäre unverschämt.

Auf der offenen Bühne treten verschiedenste Jodler- und Alphornformationen auf. (Bild: wia)

Die Patrouille Suisse fehlt kaum

Eigentlich wäre geplant gewesen, dass die Patrouille Suisse mit Getöse den Auftakt zum Eidgenössischen Jodlerfest macht. Nach einem brenzligen Zwischenfall beim Probeflug am Tag zuvor wurde der Showflug jedoch abgesagt (zentralplus berichtete). Schlimm ist das nicht. Der Fokus liegt nun halt auf den feinen Tönen, und das ist auch gut.

Denn auch wenn die Gäste am Freitagnachmittag gesittet und ruhig sind, wird der Gesang der kleineren Jodlerformationen auf der Bühne des Landsgemeindeplatzes teilweise vom Stimmengewirr verschluckt.

Chriesi-Schnupf mit der Alphornbläserin

Folklore-Anlässe wie diese haben eine seltsame Eigenschaft. Selbst wenn man dem Jodeln nur wenig abgewinnen kann und niemanden aus der Szene kennt, ist es sehr leicht, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. So geschieht es denn auch, dass kaum eine halbe Stunde ins Land gezogen ist, und die Journalistin von einer Alphornbläserin aus dem Toggenburg zum Chriesi-Schnupf aufgefordert wird. Ein Fläschchen Kräuterschnaps gibts obendrauf.

Eine Alphornformation aus dem Toggenburg. Sie alle sind nervös vor ihrem Auftritt. (Bild: wia)

Die Musikerin ist mit zwei Herren unterwegs. Geduldig wartet die Dreierformation auf ihren Auftritt. Sie sind ziemlich nervös. Einer der Männer erklärt: «Beim Alphornspielen gibt es nur schwierige Stücke. Da muss alles stimmen. Von der Dynamik über die Agogik bis hin zur Intonation.» Insgesamt 15 Kriterien sind es, anhand deren das Spiel bewertet wird.

Das Jodlerfest in Zug «in a nutshell». (Bild: wia)

Auch Auslandschweizerinnen jodeln in Zug

Nicht nur Schweizer Jodlerklubs sind beim Eidgenössischen Jodlerfest in Zug mit dabei. Auch Auslandschweizer aus Südafrika, den USA, aus Australien und Kanada sind eigens für diesen besonderen Anlass angereist. Nervös seien sie nicht, beteuert eine der Frauen aus Sydney. «Denn unser Auftritt vom Freitagabend wird nicht bewertet.» In Australien gebe es so wenige Leute, die jodeln möchten, dass es keine Hürden gebe und alle mitmachen dürften. Das Niveau sei daher deutlich weniger hoch als in der Schweiz.

Selbstredend ist auch alles, was auf dem politischen Parkett Rang und Namen hat, mit am Jodlerfest vertreten. So auch der Stadtpräsident André Wicki. «Für mich ist das eine grosse Ehre, dass dieses Fest bei uns stattfindet. Und das sage ich nicht einfach so dahin. Anlässe wie das ESAF oder eben das Jodlerfest zeigen, dass Zug nicht nur für Innovation, sondern eben auch für Tradition steht.» Er ist zwar nicht mit einer Tracht bekleidet, ist aber dennoch ausgerüstet. Lachend zückt er eine Dose Schnupftabak aus der Hosentasche.

Es wird heiss

Das Thermometer übersteigt die 26-Grad-Marke locker, die Temperaturen werden in den kommenden Tagen voraussichtlich weiter in die Höhe klettern. Der Stimmung dürfte das keinen Abbruch tun.

Die Erfrischungs- und Festzeltmeile ist lang, vom Baarer Bier über Churros bis hin zu Raclette ist alles zu finden. Und falls es wirklich zu heiss werden soll, können die Besucherinnen immer noch in den Schatten flüchten: Die Wettvorträge fürs Jodeln werden nämlich nicht im Freien, sondern in unterschiedlichen Lokalen rund um die Innenstadt abgehalten.

Schon jetzt der Gewinner der Herzen: Brando, der Königspudel in der Tracht. Er jodle jedoch nur, wenn man ihm auf die Pfote stünde. (Bild: wia)
Verwendete Quellen
  • Besuch des Jodlerfests und diverse Gespräche vor Ort
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