«Haus Gundoldingen» für 6,5 Millionen ausgeschrieben
Ein Geschäftshaus an prominenter Lage in Luzern sucht einen neuen Besitzer. Das Gebäude hat einen eigenen Namen, eine bunte Fassade und einen stolzen Preis – ein möglicher Käufer ist bereits bekannt.
6,5 Millionen Franken: Diese Summe muss hinblättern, wer das historische Haus an der Seidenhofstrasse 6 erwerben will. Das siebenstöckige Haus mitten im Luzerner Stadtzentrum steht seit Kurzem zum Verkauf.
Die Migros-Bank als Besitzerin hat im «Haus Gundoldingen» an der Seidenhofstrasse 1984 ihren Sitz bezogen – ist vor Jahren aber ein Haus weiter Richtung Reuss, an die Bahnhofstrasse, gezogen.
Zwei Argumente für Verkauf
Dass die Migros-Bank das Geschäftshaus nun zum Verkauf anbietet, hat zwei Gründe. «Erstens brauchen wir das Gebäude für unsere Zwecke nicht», sagt Mediensprecher Albert Steck. Im Haus Gundoldingen ist heute die CSS-Versicherung untergebracht.
«Zweitens verfolgen wir bei der Migros-Bank seit vielen Jahren die Politik, die Gebäude mit unseren Niederlassungen zu mieten und nicht selber zu besitzen. Es ist nötig, das nun in Luzern zu bereinigen.» Laut Steck gibt es bereits Interessenten, ein definitiver Käufer steht hingegen noch nicht fest. Gemäss Inserat wirft das Gebäude jährliche Mieteinnahmen von rund 314’000 Franken ab und wird an den Meistbietenden verkauft.
«Wir prüfen momentan die Option eines Kaufs.»
Christina Wettstein, Mediensprecherin CSS
Unklar sind die Folgen, die ein Verkauf für die Versicherung CSS hat, die mehrere Stockwerke des Gebäudes mietet. «Das hängt von den Interessen des Käufers ab, weshalb es noch zu früh ist für genauere Auskünfte», sagt Albert Steck von der Migros-Bank.
Gut möglich ist auch, dass die CSS selber das Gebäude übernimmt. Die Versicherung bestätigt auf Anfrage das Interesse. «Wir prüfen momentan die Option eines Kaufs», sagt Mediensprecherin Christina Wettstein.
Der Herr der Fassade
Beim «Haus Gundoldingen» handelt es sich nicht um ein normales, graues Geschäftshaus – zumindest äusserlich. Von der ziegelfarbenen Fassade grüsst ein Herr, blau-weiss gekleidet und mit einer Fahne in der Hand – ein Luzerner Bannerträger. Im Immobilieninserat ist denn auch von einem «Stück Luzerner Geschichte» die Rede. Doch was hat es mit der Vergangenheit dieses Hauses auf sich? Und was mit dem Fassadengemälde und mit dem Namen «Haus Gundoldingen»?
Der auf der Fassade und bei den Briefkästen ersichtliche Name legt nahe, dass das Haus einen Zusammenhang hat mit Petermann von Gundoldingen. Dieser war im 14. Jahrhundert Luzerner Schultheiss und führte die Luzerner Truppen gegen die Österreicher in der Schlacht von Sempach an – in der er gefallen ist. Trotzdem steht Petermann von Gundoldingen im historischen Gedächtnis im Schatten von Arnold Winkelried und ist heute nur noch wenigen ein Begriff.
Ein Blick in die Häuserchronik zeigt: Beim «Haus Gundoldingen» handelt es sich weder um den Geburtsort noch um das Wohnhaus des Luzerner Schultheissen. Denn das Haus ist erst Jahrhunderte nach Gundoldingens Tod gebaut worden, nämlich Ende des 19. Jahrhunderts.
Gundoldingen übermalt
Ein gewisser Jost Schürmann-Müller baute das Wohnhaus um 1894 herum und beauftragte Fritz Strommayer mit der Fassadenmalerei: Das Gemälde zeigte Gundoldingen als Krieger in Rüstung und mit Schwert.
«Wäre es die Geburtsstätte oder das Wohnhaus einer namhaften Persönlichkeit, könnte man erwarten, dass dies in der Häuserchronik vermerkt wäre.»
Daniela Walker, Leiterin Stadtarchiv
Der Herr, der heute von der Fassade blickt, stellt jedoch einen Luzerner Bannerträger dar – und nicht Petermann von Gundoldingen. Wie in der Reihe «Die Luzerner Fassadenmalerei» zu lesen ist, wurde dessen Bild zirka 1938 übermalt – mit Zustimmung von Strommayers Sohn. Die Migros-Bank liess, als sie 1984 ihren Sitz im Gundoldingen-Haus bezog, das heutige Gemälde erstellen.
Kein prominenter Bewohner
Trotz der Eigenwerbung als «Stück Luzerner Geschichte»: Historisch gehört das Haus nicht zu den wichtigsten der Stadt. «Wenn das Haus Gundoldingen die Geburtsstätte oder das ehemalige Wohnhaus einer namhaften Persönlichkeit wäre, könnte man erwarten, dass diese Tatsache in der Häuserchronik vermerkt wäre», sagt Daniela Walker, Leiterin des Stadtarchives. Dort findet sich allerdings kein Hinweis auf einen prominenten Bewohner.
Baugeschichtlich allerdings komme dem Haus doch eine gewisse Bedeutung zu. Auch wenn die Fassadenmalerei nicht im Original erhalten ist und das Dach stark verändert wurde, wird das Gundoldingerhaus im städtischen Bauinventar aufgrund seiner städtebaulichen Lage und seiner architektonischen Gestaltung als erhaltenswert eingestuft. Es ist laut Walker ein Zeuge der Bebauung vor den ausgeführten Stadtbauplänen für eine einheitliche Neustadt von 1897.
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