Kanton Luzern braucht 5'000 zusätzliche Pflegekräfte

«Die Lage ist prekär – die Pflege muss attraktiver werden»

«In der Pflege können wir uns eine hohe Personal-Fluktuation nicht leisten – zurzeit weniger denn je», sagt der Luzerner SP-Kantonsrat David Roth. (Archivbild) (Bild: bic)

Ohne die Pflege wäre die Coronapandemie nicht zu bewältigen. Doch die Lage im Luzerner Gesundheitssektor ist prekär. Jetzt hat der Luzerner SP-Präsident im Kantonsrat eine Motion eingereicht, um den Beruf «attraktiver» zu machen.

Die Pflege befindet sich seit Jahren in einer prekären Situation: Es ist die Rede von niedrigen Löhnen, hohen Präsenzzeiten und akutem Personalmangel. Die seit über ein Jahr andauernde Coronapandemie hat die Lage weiter verschärft. «Pflegende sind überlastet, werden krank und viele steigen deshalb aus dem Beruf aus», mahnt die Unia anlässlich des an diesem Mittwoch stattfindenden Internationalen Tages der Pflege.

Und es ist zu erwarten, dass sich die Lage im Pflegesektor weiter zuspitzt. «Die Löhne entsprechen nicht der hohen Verantwortung, die die Pflegenden tragen oder der Leistung, die sie täglich erbringen. Es braucht deshalb endlich mehr Respekt und Anerkennung für diesen mehrheitlich weiblichen Beruf», so die Gewerkschaft Unia.

Dem schliesst sich auch David Roth, Präsident und Kantonsrat der SP Kanton Luzern, an. Am Mittwoch hat er eine entsprechende Motion mit dem Titel «5 Prozent mehr Lohn in der Pflege» im Luzerner Kantonsrat eingereicht. «Die Coronapandemie hat gezeigt, wie angewiesen wir auf die Pflege sind», sagt er gegenüber zentralplus.

Lage in der Pflege im Kanton Luzern droht sich weiter zu verschärfen

Gemäss dem Bericht «Pflegepersonal 2018» des Bundesamts für Statistik (bfs) aus dem Jahr 2020 waren per 2018 mehr als 214'230 Personen im Pflegebereich von Spitälern, Pflegeheimen und Spitex tätig. Das entspricht 146'703 Vollzeitstellen.

Doch laut dem im Jahr 2016 publizierten Bericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) werden bis 2030 in der Schweiz schätzungsweise 65’000 zusätzliche Pflegepersonen benötigt. Weitere 44’000 Pflegepersonen müssen zwischen 2014 und 2030 infolge Pensionierung ersetzt werden. De facto muss der Pflegesektor laut Obsan bis 2030 um zusätzlich 109'000 Pflegepersonen aufgestockt werden.

«In der Pflege können wir uns eine hohe Personalfluktuation nicht leisten.»

David Roth, SP-Kantonsrat

«Für den Kanton Luzern bedeutet das, dass bis 2030 rund 5'000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt werden», sagt Roth. «In der Pflege können wir uns eine hohe Personalfluktuation nicht leisten – aktuell weniger denn je. Sonst wird die bereits prekäre Lage im Kanton Luzern nur noch weiter verschärft.» Deshalb fordert er: «Die Pflege muss attraktiver werden, gemessen an den Parametern Lohn, Beschäftigungsgrad und Arbeitszeit.»

Diplomierte Pflegefachpersonen: Luzern ist das Schlusslicht

Mit Blick auf den bfs-Bericht «Pflegepersonal 2018» fällt auf: Die Grossregion Zentralschweiz, zu der nebst Luzern und Zug auch Nidwalden, Obwalden, Schwyz und Uri gehören, ist Schlusslicht, wenn es um die Beschäftigung von diplomiertem Pflegepersonal geht. So sind lediglich 65 Prozent des gesamten Pflegepersonals auch diplomierte Pflegefachpersonen. Zum Vergleich: Im Tessin liegt dieser Wert bei 80 Prozent.

Und auch bei der Pflegepersonaldichte ist die Zentralschweiz am Ende der Skala. Die Grossregion kann gemäss dem bfs-Bericht lediglich 6,6 Vollzeitstellen pro 1'000 Einwohner vorweisen. Mit 8,8 Vollzeit-Pflegestellen pro 1'000 Einwohner ist die Genferseeregion mit den Kantonen Genf, Waadt und Wallis dagegen führend in der Schweiz.

Applaus allein ist nicht genug

Roth befürchtet «einen starken Abgang, der sich schon jetzt abzeichnet, weil der Pflegeberuf langfristig eine zu hohe Belastung darstellt». Er sagt: «Es ist Zeit zu handeln. Das Fälscheste, was man jetzt machten könnte, wäre es, den offensichtlichen Missstand einfach zu ignorieren.»

Der VPOD, der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste, ist für die Kantone Luzern und Zug verantwortlich und führt auch entsprechende GAV-Verhandlungen mit dem Luzerner Kantonsspital. Der Verband sagt: «Die Coronakrise hat nachdrücklich gezeigt, wie systemrelevant der Service public ist. Die immensen Opfer des Personals wurden von der Bevölkerung gewürdigt. Sie dankte mit lebhaftem Applaus im Wissen, dass sie auf das Gesundheitspersonal zählen kann. Diese Wertschätzung darf jedoch nicht beim Applaus und bei den wohlwollenden Erklärungen von politischen Behörden aufhören.»

Doch um die Pflege aus der Bredouille zu führen, brauche es Veränderungen: Bessere Arbeitsbedingungen, Investitionen ins Personal und somit auch höhere Stellenschlüssel wie auch mehr Lohn dürften unumgänglich sein. Applaus allein ist nicht genug, so die Kritik.

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5 Kommentare
  • Profilfoto von Peter Bitterli
    Peter Bitterli, 12.05.2021, 16:05 Uhr

    Man könnte ja versuchen, vermehrt Studienabbrecher für Pflegeberufe zu gewinnen. Längst nicht jeder bekommt von einer Partei oder Gewerkschaft eine Leibrente für‘s Profipolitiker-Spielen. Also dürften Viele froh sein um den Pflegerinnenlohn, mit oder ohne Erhöhung.

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    • Profilfoto von Theresia M.
      Theresia M., 13.05.2021, 23:05 Uhr

      Fiese Bemerkung und der Sache unwürdig.

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    • Profilfoto von Heinrich Müller
      Heinrich Müller, 13.05.2021, 23:26 Uhr

      Da spricht ja viel Gift aus dem Herzen von Herrn Bitterli. Abgesehen davon, dass er das Grundproblem der augenblicklichen Pflegekrise offenbar nicht begriffen hat. Vielleicht wird er sich noch ein wenig besser orientieren und zugleich das Polemisieren lassen.

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    • Profilfoto von Peter Bitterli
      Peter Bitterli, 14.05.2021, 20:55 Uhr

      Ja, Herr Müller, wenn es denn um Pflegelöhne und ausgetrocknete Arbeitsmärkte ginge. Es geht aber um Herrn Roths nächste Leibrente. Soviel Gift muss sein. Aus vollem Hirn übrigens, nicht aus dem Herzen.

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  • Profilfoto von Michel von der Schwand
    Michel von der Schwand, 12.05.2021, 15:55 Uhr

    Die Pflege muss attraktiver werden! Einfach das Pflegepersonal anständig und richtig entschädigen! Dazu ein paar Kleinigkeiten ändern (Umziehen gilt noch immer nicht als Arbeitszeit etc.). Aber am Ende ist die Entschädigung massgebend und nichts, aber auch wirklich nichts anderes. Kommt noch die Altersvorsorge (PK) oder andere Fringe Benefits dazu, mit welchen zum Beispiel Staatsangestellte oder Angestellte von Krankenversicherungen (50% der Krankenkassen-Prämien werden durch den Arbeitgeber bezahlt) überhäuft werden dazu. So klappt es auch mit der Fluktuation! Lustigerweise findet sich ehemaliges Pflegepersonal bei Krankenversicherungen wieder, wo dieses zu höheren Löhnen die so genannte Risikobeurteilung vornehmen.

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