Co-Working-Space des D4 hat offen

Steht in Root das Arbeitsmodell der Zukunft?

Ruth Zürcher leitet das Office à la Carte in Root. (Bild: Marjana Ensmenger)

Die Corona-Krise wird die Arbeitswelt nachhaltig verändern. Plötzlich stellen zahlreiche Pendler fest: Der lange Arbeitsweg muss gar nicht sein. Weil aber auch das Homeoffice seine Tücken hat, könnten Co-Working-Places – wie etwa im D4 Business Village Luzern – profitieren.

Mit einem aufmunternden, breiten Lachen begrüsst Ruth Zürcher, Leiterin des Office à la Carte und Coworking@D4, die Kunden. Die flexiblen Büroräume sind trotz Corona-Krise geöffnet. «Wir haben den Vorteil, dass wir alle Vorgaben des Bundes einhalten können», sagt Zürcher. Die Arbeitsplätze sind mehr als zwei Meter auseinander, sie werden täglich desinfiziert und es steht Handdesinfektionsmittel zur Verfügung.

«Wir haben einige Kunden, die ins Homeoffice geschickt wurden, sich daheim aber nicht konzentrieren können», erzählt Zürcher. Diese kommen nun ein paar Tage die Woche nach Root, um effizient und ohne Ablenkung arbeiten zu können.

Zürcher war bereits 2015 in der Konzept-Phase des Pilotprojekts Coworking@D4 im D4 Business Village Luzern mit dabei. Vom Umbau bis zum Feinschliff hat sie jeden Schritt mitentwickelt und begleitet.

Tagsüber unterschiedlich viele Nutzer

Als der Bereich Office à la Carte im Jahr 2006 eröffnet wurde, hatte noch jeder Mieter sein eigenes Büro. In der Zwischenzeit hat sich einiges verändert: Ende 2017 kamen neben den bestehenden Büroräumlichkeiten weitere Arbeitsplätze hinzu – die Co-Working-Places. Insgesamt umfasst das Coworking@D4 heute 26 Arbeitsplätze, eine Mittelzone, eine Telefonbox und drei Sitzungszimmer.

«Neben den permanenten Arbeitsmöglichkeiten bieten wir vor allem flexible Arbeitsplätze in einer inspirierenden Umgebung an. Diese sind frei wählbar», erklärt Zürcher. Wie viele Nutzer tagsüber jeweils ins Coworking@D4 kommen, ist sehr unterschiedlich.

Vor der Corona-Krise waren vor allem am Freitag einige Freelancer im Haus. Inzwischen machen hier auch unter der Woche Kunden Homeoffice.

Offenheit, Helligkeit und heimelige Atmosphäre. (Bild: Marjana Ensmenger)

Ausstattung hat ihren Preis

Ähnlich wie in einem Fitnesscenter besitzen die Kunden ein Abonnement. «Am besten läuft das 10er-Abo zum Preis von 380 Franken. Wir haben gemerkt, dass die Coworker gerne flexibel buchen», sagt Ruth Zürcher.

Für das Überleben des Coworking@D4 sind mobile sowie dauerhaft vermietete Arbeitsflächen essenziell. Pro Monat kostet ein flexibler Arbeitsplatz 480 Franken, für einen Dauerarbeitsplatz bezahlt man 650 Franken.

«Wir haben den Vorteil, dass Jungunternehmen oder Freelancer keine hohen Fixkosten für Mieten bezahlen.»

Ruth Zürcher, Leiterin Coworking@D4

Der Co-Working-Place in Root hebt sich vor allem durch die ergonomischen Arbeitsplätze und die gute Erreichbarkeit durch den öffentlichen Verkehr ab. In der Corona-Krise kommen nun aber die meisten mit dem Auto.

Die gute Verkehrsanbindung des D4 ist der Grund, dass die Preise etwas höher sind als bei anderen Coworking-Places in der Region – beispielsweise der Coworking A2 in Luzern, der Kreativ Fabrik 62 in Oberkirch oder dem Coworking6280 in Hochdorf.

Nicht einfach weisse Wände

Beim Besuch der D4-Coworking-Welt wird klar, dass hinter der Idee ein bewusstes Konzept steckt. Anders als in herkömmlichen Büros bestechen die Arbeitsplätze in Root durch ihre Offenheit, Helligkeit und heimelige Atmosphäre. Die Wände sind mit grossen Landschaftsbildern in diversen Grün- und Blautönen ausgekleidet.

Die Atmosphäre gleicht jener von zu Hause, hat aber gegenüber dem Homeoffice den Vorteil, dass man nicht isoliert und alleine arbeitet, sondern sich – unter Wahrung des gebotenen Abstands – unter Gleichgesinnten austauschen kann.

Arbeitsatmosphäre und Privatsphäre gibts im Co-Working beides. (Bild: Marjana Ensmenger)

Trend aus den USA

Damit sich Coworker wohl fühlen, benötigen sie neben der guten Arbeitsatmosphäre auch Privatsphäre. Dafür sorgen drei Angestellte. Von 8 bis 17 Uhr ist das Büro durchgehend besetzt. Wie so oft in der Arbeitswelt stammt auch die Idee der Co-Working-Places aus den USA.

Das erste solche Angebot entstand 2005 in San Francisco. Mittlerweile hat die Idee Europa und die Schweiz erreicht und hält auch in der Zentralschweiz immer mehr Einzug. Heute gibt es im Kanton Luzern gegen 15 Co-Working-Places. Das neue Arbeitsmodell ist vor allem für Start-ups und Freelancer zu einem wichtigen Erfolgsfaktor geworden.

«Co-Working-Places bieten flexibles Arbeiten und haben den Vorteil, dass Jungunternehmen oder Freelancer keine hohen Fixkosten für Mieten bezahlen, keine Mietverträge über mehrere Jahre eingehen müssen und auch die Kosten für das Mobiliar und die Infrastruktur sparen können», führt Zürcher aus.

Nicht alle werden überleben

Obwohl die Zahl steigt, ist nicht jeder Co-Working-Place überlebensfähig. «Wichtige Faktoren sind der Standort, die Infrastruktur, die Services und die Community», erklärt Zürcher. Vor der Realisierung des D4 Business Village wurden vorgängig eine Machbarkeitsstudie und eine Standortanalyse erstellt. Der Standort war auch hier elementar.

«Für einen Anwalt oder einen Therapeuten ist ein Co-Working-Place ungeeignet.»

Zum D4 gehören ein eigener Bahnhof und eine Bushaltestelle. Im Normalfall stehen darüber hinaus zwei Restaurants, ein Fitnesscenter und eine Kletterhalle zur Verfügung – und eine Kita. Neben diesen Services fördern die Manager des Co-Working-Place auch den Austausch unter den Firmen. Der Community-Gedanke steht im Fokus.

«Es sollen neue Bekanntschaften gemacht und gemeinsame Synergien genutzt werden», so Zürcher. Öfter fungieren die Community-Manager als Vermittler bei Anfragen bezüglich Dienstleistern oder Geschäftspartnern.

Der Austausch unter Gleichgesinnten wird immer wichtiger. (Bild: Marjana Ensmenger)

Der persönliche Austausch kommt zu kurz

Zürcher sieht in diesem neuen Arbeitsmodell die Zukunft. «Durch die fortschreitende Digitalisierung kommt der zwischenmenschliche Kontakt oft zu kurz.» Das dürften viele merken, die nun wegen der Corona-Krise von zu Hause aus arbeiten. «Wir sind rund um die Uhr erreichbar, können von überall her arbeiten und führen Gespräche vermehrt per E-Mail, Skype oder über Social-Media-Kanäle», analysiert Zürcher.

Obwohl Zürcher davon überzeugt ist, dass Co-Working-Places künftig zunehmend zur Konkurrenz von herkömmlichen Arbeitsmodellen werden, taugen sie längst nicht für alle. «Für einen Anwalt oder einen Therapeuten ist ein Co-Working-Place ungeeignet, weil deren Berufsalltag gespickt ist mit persönlichen Gesprächen und sensiblen Daten», sagt Zürcher.

In der Zwischenzeit hat sich das Pilotprojekt Coworking@D4 gut etabliert. Ob sich das Arbeiten an flexiblen Arbeitsplätzen nach der Corona-Krise verbreitet durchsetzt, bleibt abzuwarten. Klar ist: Co-Working-Places wie jenes in Root bieten eine Alternative zu gängigen Arbeitsmodellen.

Mitarbeit: Lena Berger

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