Kanton schreitet ein

Luzerner Schlachtbetrieb verstösst gegen Tierschutz-Auflagen

In dem Schlachtbetrieb wurden zu viele Tiere verarbeitet. (Bild: Symbolbild)

Ein Luzerner Schlachtbetrieb hat die zulässigen Vorgaben überschritten und damit den Tierschutz verletzt. Der Kanton verlangt, dass das Arbeitstempo gedrosselt wird. Doch die Betreiber sind uneinsichtig.

Kann man heute noch mit gutem Gewissen Fleisch essen? Immer mehr Menschen beantworten die Frage inzwischen mit «Nein». Doch auch vielen, die nicht darauf verzichten möchten, liegt das Wohl der Tiere am Herzen. Sie verlassen sich darauf, dass die Tiere in der Schweiz so behandelt werden, wie der Tierschutz dies vorschreibt.

Das heisst: Den Bedürfnissen der Tiere muss in bestmöglicher Weise Rechnung getragen werden. Wer Tiere hält oder betreut, muss sie angemessen ernähren, pflegen, sie beschäftigen und ihnen so viel Bewegungsfreiheit wie nötig zugestehen. Das Tierschutzgesetz enthält zudem besondere Bestimmungen über das Schlachten und den Umgang mit den Tieren, wenn es soweit ist. Und gegen solche Regeln hat ein Luzerner Schlachtbetrieb verstossen.

Es wurden zu viele Tiere geschlachtet

Die Firma hat seit einigen Jahren eine Bewilligung für einen sogenannten «Schlachtbetrieb mit geringer Kapazität». Die Infrastruktur lässt nicht zu, dass mehr als eine gewisse Anzahl Tiere dort geschlachtet werden.

Doch der Betrieb hat die zulässige Menge über Jahre hinweg überschritten. 2017 stellte der Veterinärdienst fest, dass diese 70 Prozent über dem Erlaubten lag. Die Folge: Aufgrund des hohen Arbeitstempos war es den Mitarbeitern des Betriebs nicht mehr möglich, die Körper beziehungsweise Organe ordnungsgemäss zu untersuchen. Die Arbeitshygiene war mangelhaft und auch in der Abstandhalle war zu wenig Platz, sodass die Körper dicht an dicht aufgehängt werden mussten.

Wartezeiten wurden nicht eingehalten

Gemäss Tierschutzgesetz dürfen nach dem sogenannten Entblutungsschnitt weitere Schlachtarbeiten an einem Tier erst durchgeführt werden, wenn es tot ist. Um dies sicherzustellen, muss eine Wartezeit von drei Minuten eingehalten werden. In dem Luzerner Betrieb wurde dies mehrfach nicht befolgt, wie der Kanton feststellte.

Gemäss Veterinärdienst wurden die Betreiber mehrfach auf die Missstände hingewiesen. Geschehen sei aber nichts. Deshalb entschied die Behörde, die Firma mittels einer Verfügung dazu zu zwingen, die Zahl der geschlachteten Tiere in einem ersten Schritt um 15 Prozent zu senken. In den Folgejahren sollte sie schrittweise weiter gesenkt werden, bis das erlaubte Niveau erreicht sein würde.

Wurden die Missstände jahrelang toleriert?

Der Betrieb jedoch zeigte sich uneinsichtig und wehrte sich vor dem Kantonsgericht. Die Firmenleitung behauptete, der Veterinärdienst habe die Situation über Jahre hinweg «ausdrücklich toleriert». Sie sei davon ausgegangen, dass die Grenze nicht streng gehandhabt werde und sie bei Bedarf «stillschweigend nach oben korrigiert» werden dürfe.

Mit der plötzlichen Praxisänderung habe der Kanton gegen Treu und Glauben verstossen. Innerhalb der eng gesetzten Frist könne man die Vorgaben nicht einhalten. Schlacht- und Arbeitsverträge liessen sich nicht so einfach kündigen.

Lebensmittelsicherheit und Tierschutz verletzt

Das Kantonsgericht glaubt nicht, dass der Veterinärdienst die hohe Anzahl Schlachtungen zuvor nie bemängelt habe. Beweisen lässt es sich jedoch nicht, da es sich nur um mündliche Verwarnungen gehandelt haben soll. Doch selbst wenn: «Die vorübergehende Duldung eines rechtswidrigen Zustands hindert die Behörde nicht an der späteren Behebung desselben», schreibt das Gericht in seinem Urteil.

«Vorliegend wurden die Lebensmittelsicherheit und der Tierschutz nicht bloss gefährdet, sondern (…) bereits verletzt», heisst es weiter. Diese seien öffentliche Interessen, die höher zu gewichten seien als die privaten Interessen der Betreiber. Damit stützt das Kantonsgericht den Entscheid des Veterinärdienstes. Wenn der Schlachtbetrieb die Vorgaben künftig nicht einhält, droht ihm der Entzug der Bewilligung.

Aufgrund von Akkreditierungsauflagen ist es zentralplus nicht erlaubt, den Namen des Betriebs zu nennen. Die Redaktion berichtet dennoch über solche Fälle, um aufzuzeigen, wie die Kontrollen funktionieren und welche Mittel die Behörden haben, um gegen Verstösse vorzugehen.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von M. R.
    M. R., 09.08.2019, 20:05 Uhr

    Das ist doch nur ein weiterer,
    typischer Luzerner Veterinärdienst-Fall. 15% der Bauern verstoßen unter den Augen der Beamten gegen das Tierschutzgesetz, die Dunkelziffer ist weit größer, jetzt auch die Schlachtbetriebe. Wofür bezahlen wir Steuerzahler eigentlich solche Beamte, die lieber wegschauen als die Gesetze durchzusetzen? Wer schaut dem Veterinärdienst Luzern endlich auf die Finger? Herr Regierungsrat Peter, werden Sie endlich aktiv!

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    • Profilfoto von Omnivora
      Omnivora, 26.08.2020, 12:53 Uhr

      Die Betriebe welche sich an die (zum Glück strengen) Auflagen halten, sind eigentlich die Geprellten. Es sollte im Intresse der Fleischlieferanten und Schlachthöfen (IG?Verband?) liegen die «faulen Eier» oder «die schwarzen Schafe» aus Ihren eigenen Reihen zu verbannen. (Abzutun)

      Die Nutztierhaltung in der Schweiz ist wohl im internationalen Vergleich deutlich mehr im Sinne des Tierwohls, was auch der Qualität der Produkte zugutekommt. Allerdings sehe ich bereits bei der Tierhaltung die «armen Schweine» als die Tiere welche wohl am meisten Leid erfahren. Wobei es ja in den grosen Detailhandelsketten auch fast unmöglich ist «bessers» Bio-Schweinefleisch zu kaufen. (Poulet, Kalb, Rind… hingegen schon?)

      Vielleicht ist das schweizer fleisch weiterhin zu günstig um kostendeckend zu kalkulieren, eine Preiserhöhung durch Importzölle auf ausländische Tierprodukte wäre gar nicht das schlechteste.

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  • Profilfoto von M.M.
    M.M., 08.08.2019, 15:34 Uhr

    Na ja.., wenn das keine ‹Sauerei› ist?! Nicht nur der Betreiber, offenbar ein weiterer Fall eines offensichtlich fragwürdigen Vorgehens seitens des Veterinäramtes. Bereits vor 2 Jahren stellte man fest, dass nicht etwas mehr sondern sage und schreibe 70 % zu viel geschlachtet wurde? Und es gab nur ‹mündliche› Verwarnungen? Einfach eine ‹Sauerei› von beiden Seiten meine ich…

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