Grüter, Kaech und ein Fehler in der Coop-Werbung

Chamer Politiker kämpfen gegen den Verfall der Rechtschreibung

Manuela Kaech und Arno Grüter mögen keine Deppenleerzeichen.

(Bild: Montage sib)

Wenn es um die deutsche Sprache und deren korrekte Anwendung geht, kennen sie keinen Spass: Der Chamer Gemeinderat Arno Grüter (FDP) und Kantonsrätin Manuela Kaech (CVP) haben in den sozialen Medien den Kampf gegen Orthographie-Sünder aufgenommen. EIner davon ist Coop und sein «Advents Magazin».

Ist es nun das «Advents Magazin» oder das «Advents-Magazin»? Bei der Coop-Beilage hat man sich für die Variante ohne Bindestrich entschieden. Eine Schreibweise, die Arno Grüter die Haare zu Berge stehen lassen. Der FDP-Mann, der nächstes Jahr sein Amt als Bildungsvorsteher im Chamer Gemeinderat antreten wird, hat sich auf die Fahne geschrieben, die deutsche Grammatik vor dem Untergang zu retten.

Denn in den sozialen Medien weibelt Grüter seit gut einem Monat unter dem Hashtag «orthographil» für eine korrekte Schreibweise. Er postet Bilder von Magazinen oder Plakaten, wo der Teufel im Rechtschreibe-Detail sitzt.

Eine Mentalitätsfrage

Vor allem Migros und Coop bekommen ihr Fett weg bei «Weihnachts Zauber» oder «K-Kotelett Dry Aget». Der dreifache Familienvater verfasste sogar einen Blogeintrag mit dem Titel «der langsame Tod des Bindestrichs». Lose Wörter – eine Krankheit, die aus dem angloamerikanischen Raum überschwappte.

«Je länger je mehr hält eine Laisser-faire-Mentalität Einzug.»

Arno Grüter, FDP-Gemeinderat in Cham

«Es stört mich, dass auf Rechtschreibung kein Wert mehr gelegt wird», sagt Grüter. Doch dem 42-Jährigen geht es um mehr als bloss korrekte Formulierungen. Vielmehr stört ihn eine gesellschaftliche Tendenz: «Je länger je mehr hält eine Laisser-faire-Mentalität Einzug. Das Motto lautet ‹Ist ja egal›, ‹Kommt doch nicht darauf an›.»

Werbeagenturen sündigen

Wenn er daran denke, dass jeder so schreibt, wie er will und das irgendwann bei den Ärzten oder Piloten ankomme – «dann kommt es nicht gut», so Grüter. Dem längst verfallen scheinen die Werbeagenturen. Denn die Begründung von Coop für das «Advents Magazin» zielte auf die optische Komponente. Zudem handle es sich um einen Eigennamen.

Grüter bezeichnet sein Engagement für die Orthographie als kleines Hobby. Er habe gar nicht die Zeit dafür, daraus eine grosse Sache zu machen. Er muss sich allerdings wohl sowieso keine Sorgen machen, dass ihm die Orthographie-Sache über den Kopf wächst.

Während zu Beginn noch einige Personen unter «orthographil» getwittert haben, ist Grüter inzwischen der Einzige. Auch wenn die Aktion bereits verpufft zu sein scheint – der gebürtige Willisauer lässt sich nicht beirren. «Ich finde es wichtig und poste, wenn mir gerade etwas auffällt.»

Die Chinesen warten schon

Aus Sicht des Vermögensverwalters geht auch die Formalität und damit der Respekt vor anderen immer mehr verloren. Dazu gehöre nicht nur, dass man nicht so schreibt, wie es einem gerade passt, sondern auch das vermehrte Duzen, ohne etwas miteinander zu tun zu haben. Deswegen weist er auf Twitter bei den Antworten von Coop und Migros jeweils darauf hin, dass er lieber gesiezt werden möchte.

«Es kann nicht sein, dass die Grafik über der Orthographie steht.»

Manuela Kaech, CVP-Kantonsrätin aus Cham

Für Grüter hat die «Selbstgefälligkeit» auch wirtschaftliche Folgen, die äusserst weitreichend sind. Denn auf die Schweizer Tugenden – und die Rechtschreibung sei Teil davon – müsse Wert gelegt werden. «Ansonsten braucht man sich nicht zu wundern, wenn unsere Firmen mittelfristig von asiatischen Unternehmen aufgekauft werden. Dort herrscht ein ganz anderes Arbeitsethos», nimmt der FDPler die helvetische Gesellschaft ins Gebet.

Grafik gegen Orthographie

So dramatisch die Worte von Arno Grüter ausfallen mögen. Die Unterstützung von Manuela Kaech (CVP) ist ihm gewiss. Der frisch gewählten Kantonsrätin ist die deutsche Sprache ebenfalls eine Herzensangelegenheit. «Ein Kulturgut, das nicht verludern darf», wie die Chamerin sagt.

Entsprechend vertritt sie eine dezidierte Meinung, was das «Advents Magazin» betrifft: «Es kann nicht sein, dass die Grafik über der Orthographie steht.» Auch fehlerhafte Apostrophe und das/dass-Fehler stossen ihr sauer auf.

Her mit dem Duden!

Der Rechtschreibe-Duden gehört ihrer Meinung nach zur Grundausstattung im Arbeitsalltag. Kaech bezeichnet sich selbst als grosse Freundin des dicken Buchs mit dem gelben Einband. Dieses könne auch dazu beitragen, dass die Mailkorrespondenz gesittet über die Bühne geht. «Dass in Mails alles klein geschrieben wird oder Anrede und Grussformel fehlen, ist immer öfter traurige Realität und eine Zeiterscheinung, die durch Dienste wie Whatsapp unterstützt wird.»

Das Gespür für Sprache ist der 43-Jährigen wichtig, was sie auch ihren eigenen Kindern mitzugeben versucht. Im Gegensatz zu Grüter findet die Kommunikationsverantwortliche der Gemeinde Oberägeri durchaus lobende Wort zum Politikum «Schreiben nach Gehör». «Es ist ein guter Ansatz. Doch darf es nicht auf Kosten der Rechtschreibung geschehen», sagt die zweifache Mutter.

Die angehende Kantonsrätin betont, dass ihr die Orthographie schon immer wichtig war. Ihr Engagement, unter anderem retweetet sie immer wieder Rechtschreibetipps, habe nichts mit ihr als Politikerin zu tun. Entsprechend stelle sich die Frage nicht, ob es die Aufgabe von Politikern sei, auf Rechtschreibefehler hinzuweisen.

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