Ständeratswahlen in Luzern

Blick in die Glaskugel: Sechs Szenarien für den zweiten Wahlgang

Wir wagen eine Prognose zum zweiten Ständeratswahlgang vom 17. November. (Bild: Montage: uus)

Andrea Gmür startet mit einem komfortablen Vorsprung in den Endspurt um den zweiten Luzerner Ständeratssitz. Franz Grüter braucht ein Husarenstück, um ihr doch noch nahe zu kommen. Das will Linksgrün um jeden Preis verhindern. Man wird sich zwischen SP und Grünen einigen müssen, ob man überhaupt noch einmal antritt, und wenn ja: Mit wem?

In den kommenden Tagen treffen sich die Delegierten von SP, FDP, CVP, GLP und Grünen zu ihren Delegiertenversammlungen. Dabei wird neben der Wahlanalyse im Zentrum stehen, welchen Ständeratskandidaten sie im zweiten Wahlgang am 17. November unterstützen werden.

Die Kandidaten selbst müssen bis am Donnerstag mitteilen, ob sie noch einmal antreten. Wir haben gemeinsam mit Politikwissenschaftler Tobias Arnold von Interface schon mal die verschiedenen Möglichkeiten geprüft:

1. Andrea Gmür marschiert durch. Das FDP-Wahltandem funktioniert

Wahrscheinlichkeit: 85 Prozent

Experten und Journalisten sind sich einig: Es spricht wenig dagegen, dass Andrea Gmür auf dem zweiten Luzerner Ständeratssitz Platz nehmen darf. Politikwissenschaftler Tobias Arnold: «Das ist das wahrscheinlichste Szenario. Das Tandem hat bereits funktioniert – und es dürfte auch im zweiten Wahlgang funktionieren.» Laut Arnold kann Gmür sogar noch auf zusätzliche Stimmen hoffen: «Tendenziell sind die Wähler gerne auf der Gewinnerseite. Und die Linken wollen unbedingt einen SVP-Ständerat verhindern.»

2. Franz Grüter schafft einen Quantensprung

Wahrscheinlichkeit: 25 Prozent

«Franz Grüter muss im bürgerlichen Teich fischen», sagt Tobias Arnold. Der Eicher, notabene bestgewählter Luzerner Nationalrat, wird versuchen, möglichst viele Wechselwähler zu mobilisieren. An der eigenen Basis wird er es schwer haben, noch zusätzliche Urnengänger zu finden. «Im Moment ist es schwierig für die SVP, noch zusätzliche Wähler an die Urne zu holen. Sie gehört zu den Verliererparteien – und die Wähler gehören eben auch gerne zu den Gewinnern.» Anders hätte es aussehen können, so Arnold, «wenn der Rückstand zu Andrea Gmür knapper ausgefallen wäre. Dann hätte das nochmals einen Mobilisierungseffekt in der SVP-Basis auslösen können.» Kurz: Grüter gelingt das Husarenstück nur, wenn er in der Wahlkampftrickkiste noch einen Trumpfbuur findet. Ob er überhaupt noch einmal antritt, ist wohl auch davon abhängig, ob Linksgrün im zweiten Wahlgang vertreten sein wird.

3. Linksgrün zieht sich komplett aus dem Ständeratsrennen zurück

Wahrscheinlichkeit: 40 Prozent

Es wäre die sicherste Variante, damit die Linksgrünen das Horrorszenario eines SVP-Ständerates verhindern können. Die Chancen für Roth oder Frey sind eher gering. Da würde eine Wahlempfehlung zu Gunsten der CVP wohl jegliche Spannung aus dem Rennen nehmen. Ein Grund für einen Rückzug wäre auch, dass einige Linkswähler ihre Stimme sowieso Andrea Gmür geben werden. Tobias Arnold: «Im zweiten Wahlgang des Ständerats erhalten eher diejenigen Kandidaten Stimmen, die auch eine Chance haben, gewählt zu werden.» Franz Grüter hat in der «Luzerner Zeitung» bereits angekündigt, sich in diesem Falle einen Rückzug zu überlegen. Andererseits: Der Vorsprung von Andrea Gmür auf Franz Grüter ist derart komfortabel, dass das linksgrüne Horrorszenario wohl so oder so ausbleibt. Warum also nicht die kleine Chance nutzen und auf das Wahlwunder hoffen?

4. David Roth tritt zu Gunsten von Monique Frey nicht mehr an

Wahrscheinlichkeit: 55 Prozent

Wenn Linksgrün noch ein Wörtchen mitreden will im zweiten Wahlgang, «dann sind die Grünen die attraktivere Partei», so Tobias Arnold. Frauenwahl und Klima waren die dominierenden Themen im Wahlkampf. «Gerade im linken Lager wurden am Sonntag systematisch Frauen gewählt», hält Arnold fest. Der Politbeobachter sieht David Roth unter diesen Vorzeichen auch etwas als Opfer der aktuellen Wahltrends. Denn Roth konnte mit eigenen Themen wie Krankenkassenprämien und der Airbnb-Flut durchaus eigene Akzente setzen. Wichtig sei nun, so Arnold, dass «die Linken sich auf ein gemeinsames Vorgehen einigen».

5. Monique Frey reitet auf der grünen Welle in den Ständerat

Wahrscheinlichkeit: unter 10 Prozent

Und dann: Das Unmögliche glauben. Mit dieser Einstellung wurde schon mancher Berg versetzt. Es ist halt so: Die Chance, dass Monique Frey gewählt wird, ist minim. Es wäre dann möglich, wenn Franz Grüter sehr viele Gmür-Stimmen stibitzt, ohne ganz an sie heranzukommen. Die beiden Favoriten würden sich derart schwächen, dass Frey mit Unterstützung der Stimmen der GLP-Wähler und schliesslich des parteilosen Florian Studer doch noch als lachende Dritte hervorgeht. Tobias Arnold: «Sie müsste zusätzlich auch viele Stimmen von Gmür holen. Die Bürgerlichen haben aber ihren Kandidaten im Trockenen und das Tandem mit der FDP scheint zu funktionieren.» Es wäre ein Wahlwunder.

6. David Roth und Monique Frey treten beide noch einmal an

Wahrscheinlichkeit: 5 Prozent

Dazu gibt es nicht viel zu sagen: «Es wäre für das linke Lager klüger, sich auf eine Kandidatur von Frey zu beschränken», so Experte Arnold.

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