Die Stadt Luzern stimmt ab

Bedingungsloses Grundeinkommen: Das musst du wissen

Das Komitee bei der Einreichung der Initiative im März 2022: Rahel Estermann (v.l.), Tamara Celato, Irina Studhalter, Barbara Gresch und Michel Rebosura. (Bild: zvg)

Am 26. November stimmt die Stadtluzerner Bevölkerung über einen Pilotversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen ab. zentralplus zeigt, um was es geht.

Am kommenden Abstimmungssonntag entscheidet die Stadtluzerner Bevölkerung darüber, ob in der Stadt ein bedingungsloses Grundeinkommen getestet wird. Ein Komitee reichte die Initiative im März 2022 ein. Die wichtigsten Fragen beantwortet dir zentralplus.

Was will die Initiative?

Die Initiative «wissenschaftlicher Pilotversuch Grundeinkommen» fordert, dass die Stadt Luzern das bedingungslose Grundeinkommen testet. In einem mindestens dreijährigen Pilotversuch sollen Teilnehmer ein Grundeinkommen erhalten. Sie würden dabei monatlich einen Betrag zur Verfügung gestellt bekommen, der das «Überleben sichert und die Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben ermöglicht». Der Pilotversuch soll als wissenschaftliche Studie durchgeführt und von einer Hochschule begleitet werden.

Was ist das Ziel?

Ziel ist es gemäss den Initianten, repräsentative Resultate zu den Auswirkungen eines bedingungslosen Grundeinkommens auf den einzelnen Menschen, die Gesellschaft und den Sozialstaat zu erhalten. Die Stadt Luzern solle den Dialog und die Kooperation mit anderen Gemeinden und Organisationen suchen, welche vergleichbare Pilotversuche planen oder durchführen.

Wer ist dafür?

Im Grossen Stadtrat votierte einzig die Fraktion der Grünen und Jungen Grünen für ein Ja. Im Initiativkomitee sind unter anderem die ehemalige Grossstadträtin Irina Studhalter (Junge Grüne), Grüne-Kantonsrätin Rahel Estermann sowie der Agronom Florian Studer vertreten.

Was sind die Gründe für eine Annahme der Initiative?

Irina Studhalter sagte kurz vor dem Einreichen der Initiative gegenüber zentralplus: «Meine Argumente, die für ein Grundeinkommen sprechen, sind nur Spekulationen.» So gehe es aber auch den Gegnern. «Wir streiten uns darüber, ob ein Grundeinkommen gut ist oder nicht. Dabei spekulieren wir nur. Darum müssen wir jetzt ausprobieren, welche gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen ein bedingungsloses Grundeinkommen haben könnte.»

Florian Studer argumentiert: Der Arbeitsmarkt werde sich in den nächsten Jahrzehnten stark verändern. Davon seien nicht nur Stellen im niedrigen Lohnsegment betroffen, sondern auch Kaderpositionen. «Die Zukunft der klassischen Lohnarbeit ist sehr unsicher. Vor diesem Hintergrund ist es höchste Zeit, Erfahrungen mit alternativen Einkommensformen zu sammeln.»

Das Initiativkomitee sagt, die Gesellschaft müsse zukunftsfähige Modelle pragmatisch erproben. «In einer Zeit der Umbrüche haben alle Menschen das Recht auf eine garantierte Grundsicherung.» Das bedingungslose Grundeinkommen sei ein «Existenzgeld, eine garantierte Grundsicherung, die dafür sorgt, dass auch jene ein würdiges Leben führen können, die keine traditionelle Erwerbsarbeit leisten».

Wer ist dagegen?

Fast das ganze restliche Stadtparlament. Die SVP, die FDP, die Mitte, die GLP und auch die Sozialdemokraten sprachen sich an der Grossstadtratssitzung vom 25. Mai gegen die Initiative aus. Auch der Luzerner Stadtrat stellt sich gegen den Pilotversuch.

Was sind die Gründe für eine Ablehnung der Initiative?

Der geforderte Pilotversuch ist gemäss dem Stadtrat «kein richtiger Pilotversuch. Vielmehr ist er eine Simulation unter Laborbedingungen», schreibt die Stadtregierung. Wichtige Fragen könnten mit diesem Versuch gar nicht beantwortet werden, argumentiert der Stadtrat. Beispielsweise: Wie würde sich das bedingungslose Grundeinkommen auf die Gesellschaft auswirken? Welche Anpassungen im System der sozialen Sicherheit hätte das Grundeinkommen zur Folge, und wie könnte dieses längerfristig sozialverträglich finanziert werden?

Ein weiterer kritischer Punkt sei, dass ein solches Grundeinkommen an alle ausbezahlt würde, egal ob jemand arbeite oder nicht. «Für den Stadtrat ist das heikel. Das bedingungslose Grundeinkommen wertet aus Sicht des Stadtrates die Bedeutung der Erwerbsarbeit ab. Diese trägt jedoch wesentlich dazu bei, die gesellschaftlich nötigen Strukturen, Dienstleistungen und Güter zu sichern.»

Die Erwerbsarbeit gewährleiste die soziale Sicherheit aller, schreibt der Stadtrat. Darüber hinaus ermögliche die Erwerbsarbeit gesellschaftliche Integration und Lebensqualität. Wenn die bezahlte Arbeit abnehme, sinke das gesamte Volkseinkommen. «Damit gerät das finanzielle Fundament ins Wanken, welches die Lebensqualität und soziale Sicherheit aller garantiert.»

Wie viel würde das Pilotprojekt kosten?

Die Umsetzung eines solchen Versuchs würde rund 7 Millionen Franken kosten, 300 Personen könnten teilnehmen, wie die Stadtregierung schreibt. Wie viel jeder einzelne Teilnehmer pro Monat erhalten würde, ist noch nicht definiert. Der Stadtrat würde nach einer Annahme der Initiative dem Grossen Stadtrat einen Bericht und Antrag mit Details vorlegen müssen.

Wir haben doch schon mal darüber abgestimmt?

In der Tat. Im Juni 2016 wurde die eidgenössische Volksinitiative «für ein bedingungsloses Grundeinkommen» deutlich abgelehnt. 76,9 Prozent der Stimmbevölkerung sprachen sich gegen das Anliegen aus.

Verwendete Quellen
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17 Kommentare
  • Profilfoto von Anonym
    Anonym, 21.11.2023, 08:03 Uhr

    Der Mensch hat sich weiterentwickelt. Jetzt ist es Zeit den nächsten Schritt zu gehen und solidarisch zu sein..Jeder der Verbindung zu seinem Herzen aufgenommen hat und seine Konditionierung weglässt ist fürs Grundeinkommen.

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  • Profilfoto von Sapperlotta
    Sapperlotta, 20.11.2023, 15:18 Uhr

    Die Idee stammt von Professor Hans Ruh. Er argumentierte aber differenzierter und auf Lebenszeiten abgestimmt. „Grundeinkommen“ gibt es schon als Kinderzulagen, Stipendien, Prämienverbilligungen… diese würden dann entfallen.

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    • Profilfoto von Setzen, sechs!
      Setzen, sechs!, 22.11.2023, 08:33 Uhr

      Ich musste Hansens Ruh Werk «Störfall Mensch» bereits zu meinen gymnasialen Zeiten in den 90er Jahren lesen. Diese Schrift trieft nur so vor ideologisch gefärbten Moralismus. Es ist ein Wunder, dass sich heutzutage Sekten-Gruppierungen wie FFF, Extinction Rebellion, letzte Generation oder Renovate nicht ganz offiziell auf diese Schrift als Handlungsanweisung berufen.

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    Thomas Kopp, 20.11.2023, 08:39 Uhr

    Einzig dazu muss man wissen das dies auch in der Schweiz schon mehrfach „getestet“ wurde. Überall mit negativen Studienergebnissen. Unnötige Geldausgabe .. es gäbe wichtigeres zu finanzieren!

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    Paul, 17.11.2023, 19:12 Uhr

    7 Millionen für 300 Personen über drei Jahre. 650 Franken pro Monat? Sehr lustig. Ohne Auswertung des Versuchs … Schätze das kostet mindestens das Dreifache.

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      Hugo Ball, 18.11.2023, 06:46 Uhr

      Beim rotgrünen Stadtluzerner Filz, dürfte es bei (unwahrscheinlicher) Annahme der Initiative recht klar sein, welches Milieu dann letztlich begünstigt würde:
      Kriterium 1: Die richtige politische Gesinnung aufweisend
      Kriterium 2: Möglichst Kunst- und Kulturaffinität/Autorinnen/Theater freie Szene
      Kriterium 3: Nach Möglichkeit mit System ohne selbsterhaltenden Erwerb seiend

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    Hans, 17.11.2023, 17:03 Uhr

    Haben mit NEIN abgestimmt

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    Dolfino, 17.11.2023, 16:11 Uhr

    Einmal mehr diese Grünen die immer nach Demokratie schreien, aber Volksentsscheide akzeptieren wollen oder können sie nicht. Ihre Maxime vom Staat fordern selber nicht zuviel arbeiten. Mit dieser Forderung nach dem Bedingungslosen Grundeinkommen als Forschungszweck zu gebrauchen ist nur verlogen. Die würden es so zurechtbiegen, dass sie eine Berechtigung dafür ableiten können. Mit dem bedingungslosen Einkommen werden die Arbeitsscheuen belohnt

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    John, 17.11.2023, 14:43 Uhr

    Die Partei ist in wirtschaftlichen Fragen einfach unbedarft.

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    • Profilfoto von Gruesse vom Einhorn Schlachthaus
      Gruesse vom Einhorn Schlachthaus, 17.11.2023, 15:51 Uhr

      Und in gesellschaftlichen Fragen schlicht gefährlich.

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  • Profilfoto von LD
    LD, 17.11.2023, 13:25 Uhr

    Ein Testballon für die geplante digitale Zentralbankwährung. Kombiniert haben wir dann das chinesische Social Credit System.
    Hände weg davon!
    Bin immer wieder erstaunt, wie sich die Grünen für die Interessen der Globalen Konzerne einsetzen, deren Ausbeutung von Mensch und Natur… Na ja, Ihr wisst schon.
    Die Grünen scheinen deren NGO zu sein.

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 17.11.2023, 14:32 Uhr

      Aber nein, Herr D. Nicht so schlimm.
      Es geht nur um eine pseudo-soziale Schnapsidee der Junggrünen. Nix tun, trotzdem kassieren unter dem Motto: „Wir lassen keinen zurück.“

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      • Profilfoto von LD
        LD, 17.11.2023, 18:55 Uhr

        Herr Voltaire,
        ich würde den steten Tropfen ernst nehmen. Kritik an den vorherrschenden weltanschaulichen Monopolen war doch Ihre Sache.
        Das illegale Fichieren von hunderttausenden von Bürgern in der Schweiz war 1988 ein gewaltiger Skandal. 900’000 Dossiers hat der Geheimdienst illegal angelegt: Die Schweiz ein riesiger Überwachungsstaat.

        Und heute hat sich jeder damit abgefunden, dass alles und zu jeder Zeit ausspioniert wird und von bestimmten Programmen in einer Datei zusammengeführt wird: Werkspionage, Steuerdaten, Kontobewegungen, Krankenkassendaten, Einkauf/Konsum etc. Den Behörden, Geheimdiensten und Konzernen stehen diese «Erkenntnisse» praktisch online zur Verfügung steht. Die Fernseher sind Grossbildkameras in Wohn- und Schlafzimmer.

        Regt sich da noch jemand auf wie 1988?

        Schrittweise werden alle technischen Möglichkeiten still und heimlich umgesetzt. Gibt es Widerstand, wird etwas zurückgerudert und dann weitergemacht.

        Nun haben wir es nicht mehr mit unbedarften Staatsbeamten zu tun, sondern mit einer korrupten machtbesessenen weltweit operierenden Korpokratie.

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    • Profilfoto von Urs
      Urs, 17.11.2023, 16:58 Uhr

      Danke, sehe ich genauso

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  • Profilfoto von Franz
    Franz, 17.11.2023, 11:40 Uhr

    Die Grünen sehen die Gesellschaft als ein Labor für ihre lustigen Klima-, Migrations- und jetzt auch monetären Experimente. Reiner Klamauk, auf den zum Glück immer weniger Leute Lust haben.

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  • Profilfoto von Plan
    Plan, 17.11.2023, 11:35 Uhr

    Testet doch mal «Gratis ÖV» für alle, statt so en seich 🙂

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  • Profilfoto von aluveitie
    aluveitie, 17.11.2023, 11:33 Uhr

    Pilotprojekte in denen nur Geld ausbezahlt wird, sind nichtsaussagend.
    Man müsste auch die Finanzierung mit testen indem z.B. alle Teilnehmer überall 30% MWSt zahlen, dann wäre es realistisch.

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