Gewerktschaft droht mit Referendum

Kantonsspital und Psychiatrie sollen in AGs umgewandelt werden

Das Hauptgebäude des Luzerner Kantonsspitals. (Bild: Archivbild)

Der Luzerner Regierungsrat will das Kantonsspital sowie die Psychiatrie von öffentlich-rechtlichen Anstalten in gemeinnützige Aktiengesellschaften umwandeln. Dies sehr zum Unmut von SP und Gewerkschaften. Diese drohen gar mit einem Referendum, sollte die Pflicht eines Gesamtarbeitsvertrages wegfallen.

Das Luzerner Kantonsspital (Luks) und die Luzerner Psychiatrie (Lups) sollen von öffentlich-rechtlichen Anstalten in zwei gemeinnützige Aktiengesellschaften im alleinigen Eigentum des Kantons Luzern umgewandelt werden, wie der Kanton Luzern am Montag mitteilte.
 
Herausforderungen wie Digitalisierung, medizintechnischer Fortschritt oder Wettbewerb liessen sich am Besten in Verbundlösungen mit anderen Anbietern bewältigen – auch über die Kantonsgrenzen hinaus. So könnten Synergien bei Investitionen und Personal, bei den Mindestfallzahlen oder der integrierten Versorgung genutzt werden.

Das Synergiepotenzial sei am grössten, wenn sich das Luks und die Lups an anderen Spitälern und Gesundheitsanbietern auch wirtschaftlich beteiligen können, so wie dies im Rahmen der Spitalregion Luzern Nidwalden mit dem Kantonsspital Nidwalden vorgesehen ist.

Schritt wurde in anderen Kantonen vorgemacht

Dies ist der Grund, weshalb der Luzerner Regierungsrat vorschlägt, das Luks und die Lups von öffentlich-rechtlichen Anstalten in zwei gemeinnützige Aktiengesellschaften umzuwandeln. Damit sollen die Institutionen eine etablierte und bewährte Rechtsform für Unternehmen ihrer Grösse und Komplexität erhalten. Denn als öffentlich-rechtliche Anstalten könnten die kantonalen Spitalunternehmen Verbundlösungen in Form von Unternehmensbeteiligungen nicht optimal eingehen.
 
Echte Beteiligungen seien nur möglich an Kapitalgesellschaften, wie das typischerweise Aktiengesellschaften sind. Darum mache es Sinn, wenn auch das Luks und die Lups in eine AG umgewandelt werden. Die kantonalen Spitalunternehmen würden zudem für potenzielle Verbundpartner attraktiver, da die Regeln für die AG im Obligationenrecht schweizweit verbindlich geregelt seien und nicht wie die heutige Anstalt vom Kanton einseitig geändert werden können. Dies schaffe für die Beteiligten die notwendige Verbindlichkeit.
 
Mit seinem Vorhaben steht der Kanton Luzern nicht alleine da. In zahlreichen anderen Kantonen sind Spitäler und Kliniken seit Langem in AGs umgewandelt worden – so zum Beispiel in Bern, Glarus, Solothurn, Thurgau und Zug.

Gewinn soll in Spitalneubauten investiert werden

Regierungsrat Guido Graf (CVP), Vorsteher des Gesundheits- und Sozialdepartements, sagt: «Mit der Rechtsformänderung schaffen wir optimale Rahmenbedingungen, sodass der Kanton mit seinen beiden Spitalunternehmen der Luzerner Bevölkerung auch langfristig eine qualitativ hochstehende, wirtschaftlich tragbare und wohnortnahe Grundversorgung und zentrumsgebundene Spezialversorgung gewährleisten kann.»
 
Von Anfang Februar bis Mitte Mai 2018 war der Gesetzesentwurf in der Vernehmlassung bei den im Kantonsrat vertretenen Parteien, dem Kanton Nidwalden, den kantonalen Spitalunternehmen und den Personalverbänden.

Der Kanton Luzern wartet mit einem Erklärvideo auf:

Aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse sollen die Spitalunternehmen neu über eine gemeinnützige Zweckbestimmung verfügen. Gewinne verbleiben so vorab in den Unternehmen und dienen der Finanzierung der notwendigen Investitionen, insbesondere Spitalbauten. Die Gewinnausschüttung an den Kanton ist begrenzt.

Kanton bleibt der Besitzer

Auch nach der Umwandlung in eine AG bleiben die Unternehmen zu 100 Prozent im Besitz des Kantons Luzern. Ein Verkauf der Aktien und damit eine Privatisierung der Unternehmen sind nach Gesetz nicht möglich. Die Änderung zentraler Punkte, wie des Unternehmenszwecks und der Spitalstandorte, erfordert weiterhin die Zustimmung des Kantonsrates beziehungsweise des Stimmvolks.

Der Kantonsrat genehmigt zudem die Statuten und wichtige Statutenänderungen und ihm wird die Versorgungs-, Finanz- und Entwicklungsplanung sowie die Investitionsplanung wie bisher unterbreitet.

Der Regierungsrat übt die Aktionärsrechte des Kantons aus und nimmt so neu über die Instrumente des Aktienrechts Einfluss auf die Unternehmen (Wahl des Verwaltungsrates und der Revisionsstelle, Genehmigung der Jahresrechnung etc.).

Was ändert sich für die Mitarbeitenden?

Darüber hinaus soll der Regierungsrat die Unternehmen noch stärker als bisher über die Eignerstrategie steuern. Die Angebotssteuerung des Kantons über die Spitalliste und den Leistungsauftrag bleibt ebenfalls unverändert.

Mit der Rechtsformänderung gilt für die Mitarbeitenden der Spitalunternehmen neu das privatrechtliche Anstellungsverhältnis. Für die konkreten Anstellungsbedingungen dürfte sich nach Angaben des Kantons daraus keine Änderungen ergeben.

Im Gegensatz zum Vernehmlassungsentwurf verzichtet die Gesetzesbotschaft auf die Regelung, dass die Mehrheit des Personals in einer Urabstimmung den Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages (GAV) verlangen kann. Der Regierungsrat erwarte jedoch von den Spitalaktiengesellschaften in seiner Eignerstrategie, dass die Anstellungsbedingungen mindestens jenen des Kantons entsprechen müssen.

Gewerkschaftsbund bleibt kritisch

Der GAV ist denn auch der Grund, weshalb der Luzerner Gewerkschaftsbund (LGB) wenig vom Vorschlag der Regierung hält. Er lehnt die Umwandlung in eine AG ab. LGB-Präsident Martin Wyss sagt: «Auch wenn diese gemeinnützig ausgestaltet wird, ist dies noch keine Garantie für gute Arbeitsbedingungen.»

Dass der Regierungsrat nun auf den in der Vernehmlassung noch vorgesehenen GAV verzichten will, lasse diesbezüglich das Schlimmste befürchten: Während die Cheflöhne steigen, nehme unten der Druck zu und Einheiten würden ausgelagert. Eine solche Entwicklung sei nicht im Interesse der Luzerner Bevölkerung. «Verzichtet der Kanton auf einen GAV, muss die Luzerner Bevölkerung das letzte Wort haben», verlangt Wyss.

«Braucht keine Übernahmen»

Auch bei der Luzerner SP sieht man die Umwandlung nach wie vor kritisch. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital Nidwalden könne auch sonst fortgeführt werden. «Für die notwendige verstärkte Zusammenarbeit in der Gesundheitsregion Zentralschweiz braucht es den politischen Willen und Verträge, und keine Übernahmen», ist SP-Fraktionspräsident Marcel Budmiger überzeugt.

Ausserdem könne der fehlende GAV für die 8000 Angestellten eine unsichere Zukunft bedeuten. Die SP spricht von einer «Ohrfeige für das Personal.» Zudem befürchte die SP weiterhin einen Abbau an demokratischer Mitsprache.

«Der soeben verlängerte Personalstopp am Luks und der Fachkräftemangel zeigen die Notwendigkeit einer geregelten und vertieften Zusammenarbeit mit dem Personal», meint die Krienser SP-Kantonsrätin Pia Engler. Die SP werde sich in der anstehenden Beratung in der Gesundheitskommission Gask und im Kantonsrat aktiv einbringen und für Verbesserungen kämpfen.

GAV-Pflicht – sonst Referendum

Die Gewerkschaft des Gesundheitspersonals VPOD bläst ins gleiche Horn, die Rede ist von einem «Affront für das Personal». Sie lehnt die Privatisierung von Luks und Lups ab. Diese treibe die Gesundheitskosten in die Höhe und verschlechtere die Versorgungsqualität für die Luzerner Bevölkerung. «Die Bevölkerung würde einen hohen Preis bezahlen: Spital-Aktiengesellschaften treiben die Kosten in die Höhe und verschlechtern die Versorgungsqualität», sagt Viviane Hösli, Geschäftsleiterin der VPOD Zentralschweiz.

«Insbesondere im Gesundheitswesen steht und fällt die Versorgung mit dem Personal und dieses muss wertgeschätzt werden. Nicht mit schönen Worten, sondern mit Taten: Also anständigen Arbeitsbedingungen und einem Gesamtarbeitsvertrag», so Hösli weiter.

Für die VPOD sei daher klar, dass die verantwortungsbewussten Parteien gemeinsam mit den vereinigten Personalverbänden das Referendum gegen die Privatisierung der Spitäler ergreifen müssten, sollte die Änderung des Spitalgesetzes ohne GAV-Pflicht im Kantonsrat verabschiedet werden. Die Beratung der Botschaft im Luzerner Kantonsrat erfolgt voraussichtlich im Herbst 2019.

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