Der Rohstoffkonzern hat am Dienstag mitgeteilt, dass er in verschiedenen Gerichtsurteilen zu einer Einigung gekommen ist. Jetzt muss er in mehreren Ländern milliardenhohe Strafgelder bezahlen. Er hat aber auch seine Schuld in Korruptionsvorwürfen eingestanden. Das ist gross.
Am Dienstag teilte der Rohstoffkonzern Glencore mit, dass er in verschiedenen Anklagen wegen Korruption und Marktmanipulation zu einer Einigung gekommen ist (zentralplus berichtete). Das Unternehmen muss nun Strafgelder in Milliardenhöhe bezahlen. Viel grösser ist aber, dass Glencore das erste Mal seine Schuld im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen zugegeben hat.
Wie der Tages-Anzeiger berichtet, sind nun weitere Details über die Anklage der US-Justiz bekannt geworden. Dabei geht es auch um die Rolle des Hauptsitzes von Glencore in Baar.
In den USA hat der Gerichtsfall grosse Wellen geschlagen. Gleich mehrere hochrangige Beamte haben sich zum Verfahren geäussert. Der Generalstaatsanwalt Merrick Garland betonte gemäss dem Tages-Anzeiger, dass in einem Rechtsstaat die gleichen Regeln für Mächtige wie für Machtlose gelten würden. Die Marktabsprachen, mit denen Glencore grosse Gewinne erzielt hat, hätten den Konsumentinnen in den USA geschadet und grosse Kosten verursacht.
Glencore will Verantwortung übernehmen
Auf Seiten von Glencore will man die Einigung als Chance für einen Wandel ansehen. In einer Mitteilung schreibt der Konzern: «Glencore ist heute nicht mehr das Unternehmen, das es war, als die inakzeptablen Praktiken hinter diesem Fehlverhalten auftraten.»
Das Unternehmen habe seither zahlreiche Massnahmen ergriffen, damit sich die Vorfälle nicht mehr wiederholen. So habe sich Glencore vor mehreren fehlbaren Mitarbeitern getrennt. Auch sei in den letzten Jahren die Unternehmensspitze rundum erneuert worden.
Unter anderem trat im letzten Jahr der langjährige Konzernchef Ivan Glasenberg ab, für ihn übernahm Gary Nagle. Die Konzernspitze fördere heute eine «Kultur der Integrität, Verantwortung und Transparenz», heisst es in einer Mitteilung des Unternehmens.
Ehemaliger Trader hat Korruption aufgedeckt
Dass die US-Justiz überhaupt der Korruptionspraxis von Glencore auf die Schliche gekommen ist, hängt mit einem ehemaligen Mitarbeiter zusammen. Der Trader hatte 2019 die Firma verlassen und von da an mit den US-Behörden kooperiert. Er konnte ihnen detaillierte Angaben zur Bestechungspraxis von Glencore liefern. Er selbst hatte mehr als zehn Jahre hohe Bestechungsgelder an Beamte in verschiedenen afrikanischen Staaten bezahlt. Es handelte sich dabei um Zahlungen im Umfang von mehreren Millionen US-Dollar.
E-Mails, die den US-Behörden vorliegen, zeigen, wie offen Glencore die Schmiergeldzahlungen ausmachte. Der Trader, der als Quelle diente, war mehrere Jahre lang verantwortlich für Glencores Ölgeschäft in Nigeria gewesen. Er hat sich im letzten Jahr gegenüber den US-Behördern bereits schuldig bekannt.
Langjährige Vorwürfe von NGOs und Medien bestätigen sich
Mit dem Schuldeingeständnis bestätigt Glencore eine ganze Reihe von Vorwürfen, die Medien und NGOs seit Jahren wiederholt erhoben haben. Der Rohstoffkonzern verwies dabei immer wieder auf seinen Verhaltenskodex. Darin schreibt er Transparenz in allen Interaktionen mit öffentlichen Angestellten vor.
Das US-Justizministerium hat nun ein 20-seitiges «Fakten-Statement» veröffentlicht, das deutlich aufzeigt, wie Glencore in den letzten 15 Jahren mit diesem Kodex umgegangen ist. Es zeigt sich darin sehr deutlich, dass sie ihren Kodex grösstenteils ignoriert haben.
Gemäss dem Dokument hat Glencore von 2007 bis 2018 Zahlungen und Wertsachen im Umfang von 100 Millionen Dollar verschoben. Dies «mit der Absicht, dass ein erheblicher Teil dieser Zahlungen benutzt wird, um Bestechungsgelder an ausländische Beamte zu bezahlen.» Das geschah nicht etwa nur in einem Land, sondern in «Nigeria, Kamerun, Elfenbeinküste, Äquatorialguinea, Brasilien, Venezuela und der Demokratischen Republik Kongo.»
Die wichtige Rolle von Baar bei der Bestechung
Das Papier des Justizministeriums legt auch die wichtige Rolle des Hauptsitzes in Baar offen. Gewisse Zahlungen kamen direkt vom Hauptsitz aus der Schweiz. Drei Zahlungen werden explizit aufgeführt: Eine Zahlung von 300’000 US-Dollar «Vorschuss» nach Nigeria im Jahr 2014, eine Zahlung von 50'000 US-Dollar ein Jahr später ebenfalls nach Nigeria und kurz davor 150'000 nach Brasilien. Alle Zahlungen erfolgten von Schweizer Konten.
Glencore hatte noch bis ungefähr 2016 einen sogenannten «Bargeld-Schalter» in Baar. Dort kamen die Banknoten her, mit denen Beamte in Kamerun, der Elfenbeinküste oder Äquatorial Guinea bestochen wurden.
Die Bestechungen waren laut den US-Behördern auch hochrangigen Mitarbeitenden bekannt. Eine Strafe erhielten bisher nur zwei Trader. Das Justizministerium ist aber entschlossen, alle Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Gegenüber einer Journalistin hat der zuständige Staatsanwalt Kenneth A. gesagt: «Wir werden alles versuchen, um diese Personen zur Verantwortung zu ziehen - wo immer sie auch sein mögen.»
- Artikel aus dem Tages-Anzeiger
- «Statement of Facts» des US-Justizministeriums in Verfahren gegen Glencore