Pocket-Concerts vor dem KKL

In Luzern wird «Harry Potter» im Taschenformat gespielt

Dirigent Ludwig Wicki und sein «Chamber Orchestra». (Bild: chb)

Als kleine Geste in der Corona-Zeit spielt das 21st Century Orchestra zwei kostenlose Konzerte vor dem KKL. Die Karten sind zwar alle weg, anschauen kann man sich das Spektakel in Kammerbesetzung trotzdem noch.

Etwas ungewohnt ist es schon, das 21st Century Orchestra für einmal nicht im Konzertsaal, sondern auf dem Vorplatz des KKL spielen zu sehen. Und dann erst noch in einer kleinen Aufstellung. Zehn Musiker spielen unter der Leitung des Dirigenten Ludwig Wicki. Das Programm heisst nicht umsonst «Pocket Concerts». Man erlebt hier das Orchester tatsächlich im Taschenformat.

Der Anlass ist natürlich coronakonform. «Das einzige Virus, mit dem Sie sich anstecken sollen, ist das Filmmusik-Virus», sagt Markus Müller, Geschäftsführer des 21st Century Orchestra bei der Begrüssung. Die Stühle stehen 1.5 Meter auseinander, die insgesamt hundert Plätze sind auf zwei Blöcke aufgeteilt. Es herrscht Maskenpflicht. Dafür erwartet jeden Besucher eine kleine Dose mit Pfefferminzdrops – ideal gegen den Mundgeruch, der sich nach einer Stunde Maskentragen langsam bemerkbar macht.

Grosse Wirkung trotz kleiner Besetzung

Für rund eine Stunde spielen die Künstler. Müller führt durch das bunt gemischte Programm. Das Orchester bedient sich aus dem umfassenden Katalog von Filmmusiken. Zu jedem Stück liefert er ein paar Informationen zum jeweiligen Film und schliesst mit einem Zitat aus selbigem.

Geschäftsleiter Markus Müller führt durch den Abend. (Bild: chb)

Die epische Wucht eines vollen Orchesters bleibt natürlich aus, aber gerade die kleine, geradezu intime Inszenierung passt zum Anlass. Die Musiker spielen mit sichtlicher Freude, Wicki dirigiert mit gewohnter Präzision. Musikalisch liefert die Handtaschen-Version des 21st Century Orchestra eine nahezu fehlerfreie Leistung ab. Leider gingen am am Freitagabend die leiseren Töne in der Flut von Nebengeräuschen – prasselnder Regen, palavernde Besucher des angrenzenden Lokals und vorbeilaufende Passanten – manchmal unter.

Nicht nur bekannte Klassiker

Dennoch: Die Musik verleitet zum Schwelgen und Träumen. Man wähnt sich neben Harry Potter in der Schulbank von Hogwarts, segelt mit Jack Sparrow durch die Karibik und sieht Charlie Chaplin mit Schraubenschlüsseln hantieren. Auch im letzten Teil des Konzerts, wo sich das Orchester vor dem am 6. Juni verstorbenen Komponisten Ennio Morricone musikalisch verneigt, hat man sie vor Augen, die Weiten des staubigen Westens aus «Spiel mir das Lied vom Tod» oder das heruntergebrannte Kino aus «Cinema Paradiso».

Schön auch, dass nicht nur bekannte Klassiker gespielt werden, sondern auch weniger bekannte Stücke aus Filmen wie «Alles auf Zucker» des Schweizer Regisseurs Dani Levy oder «Il Postino».

Ausverkauft? Trotzdem hingehen

Nach Abschluss der Zugabe wurden die Künstler mit einer Standing Ovation bedacht. Das Bedürfnis nach einem kleinen Bisschen Normalität spürbar. Manchmal braucht es eben nicht viel, um das Gemüt in schweren Zeiten anzuheben. Manchmal reichen zehn Künstler und 60 Minuten Musik.

Das Konzert am Samstag ist zwar gemäss dem 21st Century Orchestra ausverkauft (die Karten für beide Konzerte waren nach rund 90 Minuten bereits vergeben), spontane Besucher können sich die Stücke aber problemlos ab 19 Uhr von der Cafebar «le Piaf» aus anschauen oder stehend ausserhalb des abgekordelten Sitzbereichs.

Ausserhalb der Kordeln kann man das Konzert auch ohne Ticket anschauen. (Bild: chb)
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Heinz
    Heinz, 29.08.2020, 10:47 Uhr

    Sehr treffend geschrieben. Ich war einer der Glücklichen mit Tickets und habe jede Minute genossen. Danke Ludwig Wicki, seinem Pocket-Orchester und dem Sponsor CKW!

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