Kriminalgericht Luzern hat Zweifel

Vater soll Sohn missbraucht haben – was tatsächlich geschah, bleibt im Dunkeln

Die Staatsanwaltschaft hatte den Verdacht, dass der Mann seinen Sohn missbraucht hatte. (Bild: Symbolbild Congerdesign, Pixabay)

Eine Luzernerin ist felsenfest davon überzeugt, dass ihr Ex-Mann seinen Sohn sexuell missbraucht hat. Mit allen Mitteln kämpft sie dafür, dass er verurteilt wird. Und gerade diese Hartnäckigkeit lässt den Fall kippen.

Die Beziehung zwischen der Luzernerin und dem Ägypter begann 2004 mit einem Ferienflirt. Inzwischen ist aus der romantischen Liebesgeschichte ein nicht enden wollender Alptraum geworden ­– und zwar für beide Seiten.

Seit sich das Paar 2013 getrennt hat, hält es die Luzerner Gerichte auf Trab. An dem Tag, an dem die Frau ihren Ehemann verliess, flüchtete sie ins Frauenhaus. Als erstes erstattete sie Anzeige wegen häuslicher Gewalt. 2014 folgte eine weitere Anzeige gegen ihn wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern – und 2017 eine wegen des Verstosses gegen das Kontaktverbot.

Er wiederum revanchierte sich 2017 mit einer Anzeige wegen Tätlichkeiten und Drohung. Er warf seiner Ex vor, ihn bei einer Tankstelle als «Kinderfigger» und «Wixxer» beschimpft und ihm mit dem Tod gedroht zu haben.

In beiden Fällen bleiben Zweifel

Obwohl er mit seinen Vorwürfen drei Jahre später zur Polizei ging, kam dieser Fall deutlich schneller vor Gericht. Ein knappes Jahr nach der Anzeigestellung sprach das Bezirksgericht Kriens die Frau frei. Es berief sich auf den Grundsatz «in dubio pro reo» – im Zweifel für die Angeklagte, wie die «Luzerner Zeitung» damals berichtete.

Aus Sicht des Gerichts konnte nicht mit Sicherheit bewiesen werden, dass die Frau ihren Mann tatsächlich derart angegangen hatte. Mit der gleichen Begründung wird nun auch ihr Ex-Mann vom Vorwurf des Kindsmissbrauchs freigesprochen, wie aus dem begründeten Urteil des Kriminalgerichts hervorgeht.

Erinnert sich das Kind an Dinge, die nie geschehen sind?

Die Staatsanwaltschaft hatte ihm in der Anklageschrift vorgeworfen, seinen Sohn mehrfach sexuell missbraucht zu haben. Unter anderem soll er ihm mit den Händen an dessen Genitalien gegriffen und damit herumgespielt haben. Bei diesen und weiteren Übergriffen habe er dem Kind auch Schmerzen zugefügt.

Der Bub erzählte gegenüber den Ermittlern von den Taten. Er verneinte allerdings, dass der Vater ihm weh getan habe. Dem Kriminalgericht fiel zudem auf, dass er Körperteile in diesem Zusammenhang immer deutsch benannte – obwohl er sonst im Alltag meist die arabische Bezeichnung benutzte. Aus Sicht der Gerichts ist dies ein Indiz dafür, dass es sich bei den Schilderungen des Jungen um Pseudoerinnerungen handeln könnte.

Beeinflussung durch die Mutter ist «wahrscheinlich»

In der Untersuchung betonte die Mutter zwar verschiedentlich, nicht auf ihren Sohn einwirken zu wollen oder eingewirkt zu haben. Aus Sicht des Kriminalgerichts kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass genau dies passiert ist.

Generell falle das «hartnäckige Verhalten» der Mutter und der Grossmutter auf, mit dem sie die Straftaten des Beschuldigten beweisen wollten, heisst es im Urteil. Unter anderem hatte die Mutter ein Video erstellt, in welchem sie das Kind selber befragte. «Aufgrund der familiären, emotional gespannten Situation ist es wahrscheinlich, dass sie wegen ihrer festen Überzeugung, die Übergriffe hatten stattgefunden, unbewusst suggestiven Einfluss auf das Kind ausgeübt hat», so das Gericht.

Starke Beweise fehlen

Die Aussagen des Kindes hätten zwar den Verdacht nahegelegt, dass sich die Vorfälle so abgespielt haben könnten. Aber letztlich würden glaubhafte und unbeeinflusste Indizien fehlen. Daher blieben unüberwindliche Zweifel bestehen und der Mann müsse freigesprochen werden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, gegen den Entscheid wurde Berufung angemeldet. Als Nächstes wird sich demnach das Kantonsgericht mit dem Fall beschäftigen müssen.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon