Luzerns Souvenirkette feiert ihren 75. Geburtstag

Robert Casagrande: «Ich bin als Unternehmer geboren»

Robert Casagrande feiert diesen Dienstag das 75-jährige Jubiläum seiner Souvenirkette Casagrande. (Bild: ens)

Das Unternehmertum liegt dem 69-jährigen Robert Casagrande im Blut. Er macht gerne Menschen glücklich und ist deshalb in die Dienstleistungsbranche eingestiegen. Doch wahre Glückseligkeit hat er erst mit 60 Jahren erfahren. Ein Porträt über einen Luzerner Unternehmer, der hier jedermann kennt. Und der doch einiges zu erzählen hat.

Läuft man mit ihm durch Luzerns Altstadt, bleibt der 69-Jährige fast an jeder Ecke stehen, grüsst die Menschen und geht weiter. Robert Casagrande ist einer von zwei Söhnen von Kyra und Carlo Casagrande-Marsh. Am 11. April 1948 hat das Ehepaar in Luzern den ersten Souvenirshop in der Hertensteinstrasse eröffnet – mit nur 80 Franken in der Tasche. So wird die Geschichte des Unternehmens in der Medienmitteilung in Hinblick auf den 75. Geburtstag von Casagrande rekapituliert.  

Und obwohl jede Luzernerin bereits x-fach an ihren Souvenirgeschäften vorbeigelaufen ist, weiss man wenig über ihn. Wer ist Robert Casagrande wirklich? Wie tickt er als Chef? Und was steckt hinter seinem Erfolg? Beginnen wir dort, wo alles begann.

Carlo Casagrande trifft in den 40er-Jahren Kyra, eine englische Touristin, auf einer Parkbank vor dem Hotel Palace in Luzern. Carlo verliebt sich, die beiden werden ein Paar und beginnen kurz darauf, Messinggegenstände aus England zu importieren. Aufgrund des kürzlich beendeten Krieges war der Rohstoff zu diesem Zeitpunkt rar, aber sehr gefragt. In Luzern begannen sie damit, mehr und mehr Souvenirs ins Sortiment aufzunehmen. Der Souvenirshop Casagrande war geboren.

Kyra und Carlo Casagrande im Jahr 1948. (Bild: zvg)

Er wusste schon als Junge, dass er ins Geschäft einsteigen will

Was klein begann, ist stetig gewachsen. Mittlerweile ist Casagrande die grösste Souvenirkette schweizweit. Die meist verkauften Artikel sind heute Sackmesser von Victorinox, Schweizer Schokolade, Kühe von Trauffer und Uhren. 7000 verschiedene Exemplare liegen in den Vitrinen bei Casagrande.

Über mehrere Jahre besuchte Robert Messen in Frankfurt oder Mailand, um sich dort ein Bild zu machen, was auf dem Souvenirmarkt besonders gefragt ist. Auch während seiner Reisen liess ihn sein unternehmerisches Denken nie richtig los. Immer wieder schaute er dort regelmässig in den Souvenirshops vorbei und suchte nach Inspiration.

«Als mein Bruder 27 und ich 24 Jahre alt waren, teilten wir unserem Vater mit, dass wir die Firma übernehmen möchten. Daraufhin hat er drei ganze Monate nicht mehr mit uns gesprochen.»

Robert Casagrande, Co-Geschäftsführer von Casagrande AG

Dass Robert Casagrande dereinst ins Geschäft seiner Eltern einsteigen möchte, wusste er bereits mit zehn Jahren. Während seine Mannschaftskollegen nach den Fussballtrainings beim SC Buochs nach Hause gingen, jobbte er regelmässig bei den Eltern im Laden und erhielt dafür einen Stundenlohn von einem Franken. Davon sparte er jeden Franken. Bis der Tag kam, an dem er genug Geld zusammen hatte, um sich eine dieser Uhren zu kaufen, die ihn so sehr verzauberten.

Seit 1977 führen Robert und John Casagrande die Souvenirshops

Zeitgleich entwickelte er auch seine Verkäuferqualitäten. Casagrande erinnert sich zurück: «Mein Vater erhielt eines Tages einen Anruf eines Lieferanten. Dieser fragt ihn, ob es korrekt sei, dass er Musikdosen im Wert von 80'000 Franken liefern soll», erinnert sich Casagrande. Er habe dann geantwortet, dass das schon richtig sei und sein Sohn wohl wissen werde, was er tue. Und tatsächlich: Robert Casagrande konnte sämtliche Musikdosen verkaufen. Heute sagt er: «Ich bin als Unternehmer geboren.»  

Diesen Unternehmergeist teilt auch sein Bruder John. Heute besitzen sie insgesamt fünf Souvenir- und Uhrengeschäfte. Dazu kommt die Edelboutique Casagrande Luxury Lifestyle. Auch für seinen Bruder John war früh klar, dass er die Firma seines Vaters mit seinem Bruder übernehmen möchte.

«Als mein Bruder 27 und ich 24 Jahre alt waren, teilten wir unserem Vater mit, dass wir die Firma übernehmen möchten. Daraufhin hat er drei ganze Monate nicht mehr mit uns gesprochen.» Nach Ablauf dieser drei Monate habe er seinen Söhnen schliesslich mitgeteilt, dass er damit einverstanden sei. Das war im Jahr 1977. Seither führen die beiden Brüder die Firma zu gleichen Anteilen gemeinsam. Seit 2006 ist Raffael, der Sohn von John Casagrande, in der 3. Generation aktiv am Tagesgeschäft beteiligt.

Die beiden Brüder Robert und John Casagrande. (Bild: zvg)

Sie überlebten Bankenkrisen, den Black Friday und zuletzt Corona

An diesem Dienstag feiert die Souvenirkette Casagrande ihren 75. Geburtstag. Bis 17:30 Uhr sind die Luzernerinnen eingeladen, im Hauptgeschäft an der Grendelstrasse 6 auf das Jubiläum anzustossen.

Obwohl sich die Erfolgsgeschichte von Casagrande durchaus sehen lässt, ganz so stringent verlief sie nicht. Auch Robert Casagrande hat einige Krisen erlebt. Die härteste traf das Souvenirgeschäft vor drei Jahren. Just nachdem man 5,5 Millionen Franken in den Umbau einer der Edelboutiquen gesteckt hatte. «Das war ein ziemlicher Dämpfer und ein Überlebenskampf.» Immer wieder mussten die Brüder in ihre eigene Tasche greifen und Geld in die Firma investieren. Bis die Härtefallgelder eintrafen. Anders hätte man die Corona-Pandemie nicht überstanden.

Was Robert Casagrande bereits als Zehnjähriger lernte, schien rückblickend auch fünf Jahrzehnte später der richtige Weg aus der Krise zu sein. Sparen war angesagt. Das bedingte die Entlassung von einem Drittel der Belegschaft. Viele von ihnen konnte Casagrande in den letzten Monaten allerdings wieder einstellen. Wie wichtig es ist, auch in solchen Situationen kreativ zu sein und nach neuen Lösungen zu suchen, hat er von seinem Vater gelernt. Bei seiner Mutter habe er das vernetzte Denken abgeschaut.

Walt Disney als Kunde von Casagrande

Neben dem zielstrebigen und anpassungsfähigen Geschäftsmann blitzt immer wieder Robert Casagrandes weiche Seite hervor. Diese versteckt er gerne etwas im Hintergrund. Bis 2001 war er fast Tag und Nacht in den Geschäften anzutreffen. Danach zog er sich in die Administration zurück und seit der Geburt seiner heute 6-jährigen Tochter geniesst er viel Zeit mit der Familie, sein persönlich grösstes Glück. Das war auch einer der Gründe, weshalb er und sein Bruder John sich in den letzten Jahren etwas stärker aus dem Tagesgeschäft zurückzogen und Johns Sohn Raffael Casagrande mehr Verantwortung überliessen. Dereinst soll er die Casagrande AG mit einem grösseren Team führen.

Die Geschäftsleitung der Casagrande AG. (Bild: zvg)

Wenn man mit Robert Casagrande durch Luzerns Gassen streift, wird schnell klar, wie sehr er Menschen mag. «Das war einer der Gründe, weshalb ich Dienstleister geworden bin.» Aber auch die Stadt selbst hat es ihm angetan. Auch das liegt in der Familie. Für ihn war immer klar, dass er ihr etwas zurückgeben will. Über 40 Jahre war er im Vorstand des Quartiervereins Luzern tätig. Und auch an den Spielen des FCL ist er regelmässig als Fan anzutreffen. Früher noch mit seinem ehemaligen Juniorentrainer und Ex-Nationaltrainer Paul Wolfisberg. Man kannte sich von den Zeiten in Buochs.

Das ist übrigens nur einer der berühmten Namen, die mit Casagrande in Verbindung gebracht wird. Ein weiterer Name ist Walt Disney. Auch er war einmal Kunde im Luzerner Souvenirladen und kaufte seiner Frau eine Uhr. Und, wem der Name Barbie ein Begriff ist, wird ebenfalls staunen: Offenbar entstammte die Idee der Barbie-Puppe einer ähnlichen Puppe aus dem Souvenirladen seines Vaters. Es hätte durchaus etwas Magisches, wenn auch diese Geschichte wahr wäre.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Robert Casagrande
  • Medienmitteilung Casagrande AG
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