Drei Jahre und sechs Monate Gefängnis

Rache mit dem Lieferwagen

Freiheitsstrafe für einen 28-Jährigen Kosovaren. Dieser hatte einen Landsmann mit einem Lieferwagen angefahren und schwer verletzt. (Bild: Symbolbild, pkw-online.de)

War es ein Unfall oder Absicht? Vor drei Jahren fuhr ein 28-jähriger Kosovare mit seinem Lieferwagen von hinten in einen Landsmann. Dass es ein Unfall gewesen sein soll, glaubt das Luzerner Kriminalgericht nicht. Tatsächlich sind Täter und Opfer seit längerem verfeindet. 

Es war kein Unfall, als ein heute 28-jähriger Kosovare mit seinem Lieferwagen von hinten an seinen Landsmann zufuhr. Es war ein Racheakt. So die Meinung des Luzerner Kriminalgerichts. Es verurteilt den Fahrer wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Die Staatsanwaltschaft forderte zuvor eine Freiheitsstrafe von acht Jahren wegen versuchter vorsätzlicher Tötung.

Mit 15 km/h von hinten erwischt

Ein Sprung auf die Seite verhinderte Schlimmeres. Kurz bevor der Lieferwagen ihn auf dem Trottoir erfasste, warnte ihn ein Passant. Geschehen ist die Szene im April 2012 an der Bahnhofstrasse im Zentrum von Wolhusen. Der Lieferwagen fuhr erst über die Gegenfahrbahn und erfasste den jungen Kosovaren mit der linken Frontecke und verletzte ihn schwer. Ein nachträglich erstelltes Gutachten geht davon aus, dass der Lieferwagen beim Zusammenstoss noch ein Tempo zwischen 15 und 30 Kilometer pro Stunde hatte. Das Opfer blieb schwer verletzt liegen. Der Spitalbefund: eine dislozierte zweigradig offene Unterschenkelfraktur im mittleren Drittel links.

Keine Mängel am Fahrzeug

Es sei ein Unfall gewesen, sagte der Lenker gegenüber der Polizei. Er habe mit seinem Lieferwagen bei der Post nach links abbiegen wollen. Dabei habe aber ein Rad blockiert. Zudem sei die Lenkung nicht stabil gewesen. Diese Aussage widerlegte allerdings ein technisches Gutachten des Strassenverkehrsamts Luzern. Dieses konnte keine Mängel am Fahrzeug erkennen.

«Aussagen des Fahrers sind unwahrscheinlich.»

Kriminalgericht Luzern

Der Beschuldigte ergänzte auf die Frage, ob er abgelenkt gewesen sei, dass er kurz vor dem Unfall etwas im Lieferwagen gesucht habe und gleichzeitig telefonierte. Deshalb habe er den Blick von der Fahrbahn abgewendet und sei unbeabsichtigt von der Strasse abgekommen. Bei späteren Einvernahmen verweigerte er weitere Aussagen zum Unfallhergang.

Zu viele Zufälle für das Kriminalgericht

Gegen diese Aussage spricht der Bericht einer technischen Unfallanalyse. Laut dieser sei es sehr unwahrscheinlich, dass der Beschuldigte «durch eine Ablenkung jeglicher Art die Querbeschleunigung seines Lieferwagens auf einer geraden Strasse während mehr als zwei Sekunden nicht bemerkt hätte». Darauf stützt sich das Kriminalgericht. «Es ergibt sich, dass der durch den Beschuldigten geschilderte Geschehensablauf dermassen viele angebliche Zufälle, beziehungsweise unglückliche Umstände enthält, wie sie schlechterdings nicht vorkommen können», heisst es im Urteil.

Wegen Prügelei verfeindet

Das Kriminalgericht geht von einem Racheakt aus. Tatsächlich kannten sich Opfer und Täter bereits zuvor. Seit einem Jahr sind die beiden verfeindet. Ursprung der Fehde war eine Prügelei am Bahnhof in Wolhusen mit mehreren Beteiligten, wobei der Beschuldigte einen Kieferbruch erlitt. Obwohl das spätere Opfer des 28-jährige Kosovaren sagte, dass er ihn nicht geschlagen habe, glaubt dieser seither, dass er es war. Dies sagten mehrere Zeugen bei der Einvernahme aus. Die Familie wollte keinen Streit und entschuldigte sich. Erfolglos. Wie der Vater des Angefahrenen bei der Befragung sagte, wurde die Entschuldigung nicht angenommen. Eine ausgeschlagene Entschuldigung bedeute in ihrer Kultur Rache. 

Tatverschulden wiegt schwer

Zum Thema Rache und dem albanischen Gewohnheitsrecht verweigerte der Angeklagte jegliche Aussage. Er bestritt, mit Absicht den Mann angefahren zu haben und anerkannte lediglich die Tatbestände des Nichtbeherrschen des Fahrzeuges, des Telefonierens ohne Freisprechanlage sowie des Nichttragens der Sicherheitsgurte. Bei der Schlussvernahme sagte der Angeklagte, allenfalls auch den Straftatbestand der fahrlässigen Körperverletzung anzuerkennen.

Die Verteidigung sah lediglich den Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung als gegeben. Sie beantragte einen Freispruch vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung. Er sei mit einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 100 Franken zu bestrafen. Gestützt auf die Gutachten hat das Kriminalgericht keine Zweifel, dass der Beschuldigte das Opfer absichtlich angefahren hat. «Das objektive Tatverschulden wiegt schwer.» Dass der Beschuldigte die Person absichtlich von hinten angefahren hat, bezeichnet das Gericht als hinterlistig und brutal. Das Urteil von drei Jahren und sechs Monaten ist noch nicht rechtskräftig. Es wurde Berufung angekündigt.

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