28 Brände gelegt

Luzerns berüchtigtster «Feuerteufel» ist wieder ein freier Mann

Der Mann zündete Häuser an, um der Familie seiner Frau zu imponieren. (Symbolbild: Alexa, Pixabay)

Wenn ein Feuerwehrmann zum Brandstifter wird, dann muss er ein Pyromane sein, so das Klischee. Im Fall eines Luzerners war es anders. Er wurde zum Schwerverbrecher, weil er es partout allen recht machen wollte. Jetzt traut ihm das Gericht zu, auf eigenen Beinen zu stehen – wenn er sich von Frauen fernhält.

Der Mann sieht aus wie Meister Eder und wirkt genauso gutmütig wie Pumuckls Schreinermeister. Doch der harmlose Eindruck täuscht. Der Mann ist für eine geradezu beispiellose Serie von Bränden im Kanton Luzern verantwortlich. In den Jahren 1988 bis 1992 hat er als Mitglied der städtischen Feuerwehr elf Brände gelegt. Weitere 17 Häuser fackelte er zwischen 2002 und 2006 ab. Zudem gehen 310 Einbruchdiebstähle auf sein Konto.

Gemäss einem psychiatrischen Gutachten leidet der Mann an einer dependenten Persönlichkeitsstörung. Er hat die Neigung, sich engen Bezugspersonen extrem unterzuordnen und alles dafür zu tun, geliebt zu werden.

Er will unbedingt «dazugehören»

Die erste Brandserie begann, weil der Luzerner unbedingt wollte, dass seine Feuerwehrkollegen ihn mögen. Er wollte mehr Zeit mit ihnen verbringen – und erreichte dies, indem er Brände legte.

Zur zweiten Serie kam es, weil sich die Familienmitglieder seiner Frau mit «warmen Sanierungen» ihren Lebensunterhalt finanzierten. Der Mann legte auf Bestellung Feuer und stellte sicher, dass es nach einer technischen Brandursache aussah. An der ausgezahlten Versicherungssumme wurde er teilweise beteiligt. Gewissenhaft stellte er vorher sicher, dass keine Menschen mehr in den Häusern waren. Nur deshalb gab es nie Verletzte.

Ein menschliches Chamäleon

Seit über zehn Jahren ist der Mann inzwischen im Vollzug. Die Gefängnisstrafe hat er längst abgesessen, aber aufgrund seiner psychischen Störung ist das Risiko eines Rückfalls deutlich erhöht. Fast wie im Film «Zelig» von Woody Allen: Wenn der Mann in ein kriminelles Umfeld gerät, wird er ebenfalls kriminell. Er ist – überspitzt gesagt – ein menschliches Chamäleon.

Der Mann lebt seit März 2018 in einem Wohn- und Arbeitsexternat. Das heisst, er arbeitet als Handwerker ausserhalb von Gefängnismauern – und kehrt am Abend in eine Wohngruppe zurück. Zuletzt hat das Kriminalgericht Luzern im März 2019 entschieden, diese stationäre Massnahme zu verlängern.

Ob der damit verbundene Freiheitsentzug noch angemessen ist, wird jährlich überprüft. Zuletzt kam es im November 2019 zu einer entsprechenden Anhörung.

Grober Schnitzer seitens der Behörden

Der Vollzugs- und Bewährungsdienst (VBD) leistete sich in diesem Zusammenhang einen groben Schnitzer. Obwohl bekannt war, dass der Mann in dieser Sache einen Anwalt beauftragt hatte, informierte der VBD den Rechtsvertreter erst, als die Anhörung bereits vorbei war. Dieses Vorgehen ist gemäss dem Kantonsgericht «problematisch und verstösst gegen die Verfahrensrechte».

Trotzdem wies das Kantonsgericht den Fall nicht umgehend an die Vorinstanz zurück, sondern befasste sich mit dem Anliegen des Mannes: nämlich der bedingten Entlassung. Diesbezüglich liegen mehrere Gutachten und auch ein Bericht der Fachkommission vor, die dem Brandstifter ein gutes Zeugnis ausstellen.

Enkel besucht – wird ihm das zum Verhängnis?

Es herrscht Einigkeit darüber, dass der Mann in den Jahren der Therapie gute Fortschritte gemacht hat. Wichtig ist – und auch da sind sich alle einig – dass er nicht mehr in ein kriminelles Milieu rutscht.

Trotzdem wollte der VBD den Mann nicht bedingt entlassen. Als Argument wurde ins Feld geführt, dass er sich im letzten halben Jahr mehrfach nicht an die Hausregeln in der Wohngruppe gehalten hatte. So reiste er während des Lockdowns zweimal zu seinem Sohn, weil er seine Enkelkinder vermisste. Zudem hatte er einmal Alkohol gekauft.

Für das Kantonsgericht ist das kein Grund, dem Mann nicht weitere Lockerungsschritte zu gewähren. Es gebe keine konkreten Anzeichen dafür, dass er insbesondere durch seine Bekanntschaft zu Frauen wieder in ein schlechtes Umfeld geraten könnte. Er habe gelernt, «seine Freunde sorgfältiger auszusuchen», so das Gericht.

Liebe darf das Gericht nicht verbieten

Zwar pflege er über das Internet Kontakte zu Frauen. Aber: Sein Wunsch, eine Liebesbeziehung zu führen, ist für das Gericht nachvollziehbar. «Ihm grundsätzlich eine solche zu verwehren, würde zu weit gehen», heisst es im Urteil. Wichtig sei, dass es sein Beziehungsverhalten zusammen mit seiner Therapeutin kritisch hinterfrage – was er auch schon getan habe.

Ein neues psychiatrisches Gutachten, das der VBD angeordnet hatte, überzeugt das Kantonsgericht nicht vom Gegenteil. Es entscheidet, dass der Mann sich eine eigene Wohnung suchen darf und bedingt entlassen wird.

Dies natürlich unter Auflagen: Er wird durch eine Wohnbegleitung betreut und muss eine sinnvolle Tagesstruktur aufrechterhalten. Die Probezeit hierfür wird auf fünf Jahre festgesetzt. Sprich: Hält er sich nicht an die Regeln, muss er wieder in den stationären Vollzug.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von alice-gurini
    alice-gurini, 02.09.2020, 22:07 Uhr

    ja Feuerteufel immer Feuerteufel halltet eure Wasserpumpen bereit !das sagte schon unser OPA

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