Neue Lösung für ein altes Problem

Flexible Betreuung – Krienser Kita wappnet sich für die Arbeitsmodelle der Zukunft

Ein starres und fixes Betreuungssystem ist nicht zeitgemäss, findet Morena Inäbnit, Geschäftsführerin «Strampolino». (Bild: ida)

Kinder zu betreuen, wenn die Eltern unregelmässig arbeiten, ist eine Knacknuss. In der Regel rechnen Kitas pauschal ab. In Kriens geht die Kita «Strampolino» neue Wege. Sie bietet flexible Betreuungszeiten an. Ein Novum in der Zentralschweiz – das vielen Eltern aus der Klemme helfen wird.

Er Vater, sie Mutter. Er Gastronom, sie Krankenschwester. Was ganz simpel klingt, erweist sich für viele junge Familien als Herkulesaufgabe.

Unregelmässige Arbeitszeiten Tag für Tag, einen neuen Dienstplan Monat für Monat. Das Kind muss fremdbetreut werden, doch die meisten Kindertagesstätten kennen nur ein starres Buchungssystem. Schliessen die Eltern bei einer Kita einen Vertrag ab, müssen sie in der Regel fixe Wochentage angeben, an denen sie eine Betreuung für ihr Kind wünschen.

Haben die Eltern Ferien, müssen sie die Kita-Kosten auch dann bezahlen, wenn sie ihr Kind selbst betreuen. Und bezahlt werden muss auch, wenn das Kind krank zu Hause bleibt.

Ist das noch zeitgemäss? Nicht für Morena Inäbnit.

Abrechnen im 5-Minuten-Takt

Inäbnit ist Geschäftsführerin der Kita «Strampolino» in Kriens. Diese bietet ein neues Vertragsmodell an. Inäbnit erklärt, wie es funktioniert: «Wenn die Eltern ihren Dienstplan erhalten, können sie online angeben, wann sie für ihre Kinder eine Betreuung brauchen und diese online reservieren.» Dafür greifen Eltern auf einen persönlichen Kalender zu, der auf der Website der Kita aufgeschaltet ist.

«Die Eltern können nicht nur die Tage angeben, sondern sogar die Stunden. Wir rechnen im Fünf-Minuten-Takt ab», so Inäbnit. Die Kinderbetreuerinnen würden deswegen die Kinder – ähnlich wie Hotelgäste – jeweils per Tablet ein- und auschecken lassen.

Das «Strampolino» in Kriens an der Sternmatt 1. (Bild: ida)

Deal mit Swiss an Land gezogen

Das flexible Betreuungssystem von «Strampolino» kennt man bereits in anderen Kantonen. In Luzern aber ist es das erste seinesgleichen. 2012 eröffnete «Strampolino» eine Kita in Kloten. Für die Airline Swiss schneiderte Inäbnit damals das Konzept einer Kita mit flexiblen Betreuungszeiten – ein Novum. «Die Swiss hatte Mühe, Personal zu rekrutieren. Fachkräfte mit Kindern stiegen aus. Schwangere Pilotinnen hörten auf», so Inäbnit. Mütter und Väter konnten die Betreuung ihres Kindes nicht sicherstellen.

Die Lösung: ein Kinderhort, der Kinder – an den Dienstplan ihrer Eltern angepasst – betreut. «Mir liegt es am Herzen, dass Familien ihren Alltag meistern können. Und dass junge Mütter wieder zurück an den Arbeitsplatz gehen können – und nicht ihren Job an den Nagel hängen müssen», sagt Inäbnit.

Bremgarten, Zollikerberg, Mellingen und Bern folgten als weitere Standorte. Und obwohl die «Strampolino»-Kita in Kriens die erste «Strampolino»-Kita überhaupt war, wird das neue System hier erst jetzt nach über zehnjährigem Bestehen eingeführt.

Leere Kita
Die Kita ist mitten im Industriegebiet. (Bild: ida)

Anfrage in anderen Kantonen vorhanden

Bestand in Luzern keine Nachfrage? Inäbnit winkt ab. «Wir bekamen immer wieder Rückmeldungen, dass Eltern flexibler buchen wollten.» Nach Möglichkeit seien sie darauf eingegangen. «Aber Kritik in der Masse gab's nicht. Wieso auch? Es ist das Modell, nach dem sich alle richten. Es ist Normalität.» Aber es gehe nicht auf, wenn man sehe, wie Eltern arbeiteten. Nicht alle können ihr Kind pünktlich um 7.30 Uhr zur Kita bringen und um 18.00 Uhr wieder abholen.

«Wir dachten immer, wir seien abgelegen – und plötzlich sind wir bei dem Bauboom in Luzern Süd mittendrin.»

Morena Inäbnit, Geschäftsführerin «Strampolino»

Die gelernte Kinder- und Jugendpsychologin fragte sich trotzdem: Braucht's das neue Modell in Kriens? Schliesslich hatte sie ja in Kloten mit der Swiss und in Zollikerberg mit dem Spital zwei grosse Arbeitgeberinnen, mit denen sie gemeinsam die Kita eröffnete. Die Nachfrage war folglich gesichert.

In Kriens fehlt eine solche Zusammenarbeit. Inäbnit glaubt dennoch, dass auch hier Eltern froh um das neue Konzept sind.

Das ist der Raum für die Kleinsten. (Bild: ida)

«Tricky» für die Kita

Flexible Betreuungszeiten für die Kinder ziehen einen Mehraufwand für die Mitarbeitenden nach sich. Inäbnit verschweigt nicht: «Das neue Vertragsmodell ist tricky für uns.»

Und dies nicht nur technisch, um transparent abrechnen zu können. Es gilt auch logistische Herausforderungen zu meistern. Beispielsweise, wie viele Mittagessen es Tag für Tag braucht.

Aber das Team sei gut vorbereitet. Durch die Erfahrung in den anderen Kantonen sei man optimistisch eingestellt. Aufgrund der Bauten in der Umgebung wie Nidfeld, Mattenhof und Schweighof rechnet Inäbnit damit, dass der Bedarf für Kinderbetreuung wachsen wird.

«Wir dachten immer, wir seien abgelegen – und plötzlich sind wir bei dem Bauboom in Luzern Süd mittendrin.» Angst, überrannt zu werden, hat sie jedoch nicht. Wenn es auch schwierig sei, die Nachfrage abzuschätzen. Gewappnet sei sie allemal.

Sogar eine Dachterrasse mit Pool steht den Kids zur Verfügung. (Bild: ida)

Im Schnitt gleich teuer

Mit Einbussen rechnet Inäbnit nicht. Im Schnitt gleiche es sich aus. Wer das Modell mit den flexiblen Betreuungszeiten buche, habe in einem Monat vielleicht eine höhere Rechnung, dafür in einem anderen eine tiefere.

Inäbnit rechnet vor: Wenn ein Kind mit dem regelmässigen Tarif neun Stunden betreut wird, kostet das die Eltern 110 Franken. Wer das Modell mit den flexiblen Betreuungszeiten wählt, muss 16 Franken pro Stunde zahlen. Für neun Stunden kostet das ergo 144 Franken.

«Der Stundentarif ist beim zweiten Modell zwar höher angesetzt», sagt Inäbnit. Dafür entstehen den Eltern keine Kosten, wenn sie Ferien haben und dies entsprechend beim Buchen der Betreuungszeiten angegeben haben. Und sie zahlen nur den halben Tarif, wenn das Kind krank ist.

«Eltern, die einem normalen Bürojob nachgehen, können vielleicht nichts mit dem neuen Konzept anfangen», so Inäbnit abschliessend. Aber es sei eine Erleichterung für Menschen, die beispielsweise in der Gastronomie oder in der Pflege arbeiteten.

Das Atelier für die Kids. (Bild: ida)
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