Baar: Sika-Erben und Saint-Gobain in der Kritik

Geheimvertrag stellt versprochene Autonomie in Frage

Der Streit um die Sika-Übernahme ist um ein Kapitel reicher: Ein Vertrag zwischen der Erbenfamilie und dem französischen Konzern Saint-Gobain widerspricht der öffentlichen Darstellung, wonach das Baarer Unternehmen selbständig bleiben soll. Der Verwaltungsrat fühlt sich in seinem Misstrauen bestätigt.

Die Erbenfamilie Burkard und der französische Industriekonzern geben wenig auf die Selbständigkeit des Bauchemie-Hersteller Sika. Anders als öffentlich verlautet, wollten sie das in Baar ansässige Unternehmen bereits vor der Übernahme dem Willen von Saint-Gobain unterwerfen. Das berichtet die «Sonntagszeitung», die sich auf einen bislang geheimen Aktienkaufvertrag vom Dezember 2014 beruft.

Das ist brisant, weil die beiden Akteure zuletzt beteuerten, dass Sika weiterhin autonom bleiben würde. Die Gründerfamilie Burkhard will ihren Anteil an Sika an den französischen Konzern Saint-Gobain verkaufen – gegen den Willen der Mehrheit des Verwaltungsrates. Die Sika-Erben halten mit 16,4 Prozent des Kapitals eine Stimmenmehrheit von 52,6 Prozent. Beim Baarer Unternehmen ist seit knapp zwei Jahren ein Machtkampf im Gange. 

Selbständigkeit in Frage gestellt

Der Geheimvertrag zwischen den fünf Burkard-Geschwistern und Saint-Gobain enthülle nun deren wahre Absichten, schreibt die «Sonntagszeitung». Demnach hätte Sika bereits vor der Übernahme in vielen Punkten nach der Pfeife des französischen Konzerns tanzen müssen. Unter anderem hätte Sika keine weiteren Zukäufe über 40 Millionen Franken mehr vollziehen können. Auch bei der Kommunikation hätte das Baarer Unternehmen an Selbständigkeit eingebüsst, da Saint-Gobain mitreden wollte. Im Vertrag stehe zudem nichts darüber, dass Sika nach einer Übernahme in Baar bleiben und keine Arbeitsplätze abbauen werde.

Desweiteren hätten alle Verwaltungsräte ausgewechselt werden sollen, falls sie sich der Erben entgegenstellen und deren Stimmrechte begrenzen. Genau das ist passiert: Der Verwaltungsrat beschnitt bei mehreren Traktanden die Stimmrechte der Familie Burkard auf fünf Prozent. Ohne diese Massnahme hätten die Erben an der GV einen verkaufsfreundlichen Verwaltungsrat einsetzen und so an Saint-Gobain verkaufen können. Das Zuger Kantonsgericht hat Ende Oktober dem Sika-Verwaltungsrat Recht gegeben. Es sei zulässig gewesen, die Stimmrechte der Erbenfamilie zu beschneiden (zentralplus berichtete).

Verwaltungsrat fühlt sich bestätigt

Gegenüber der «Sonntagszeitung» halten die Sprecher der Familie ­Burkard und von Saint-Gobain fest, dass es sich bei all diesen Punkten um «normale, mit dem Schweizer Recht ­konforme Bestimmungen zwischen Vertragsunterzeichnung und Vertragsvollzug» handle. So werde garantiert, dass sich das Kaufobjekt in dieser Zeitspanne nicht zuungunsten des Käufers verändere. Der Verwaltungsrat werde in seinen Kompetenzen nicht tangiert. Nur bei einem Punkt räumt der Sprecher der Erbenfamilie einen Fehler ein: Der Sika Pflichten aufzuerlegen, obwohl sie nicht Vertragspartei sei, taxierte er als nicht haltbar.

Der Verwaltungsrat fühlt sich nach dem Publikwerden der Vertragsbestimmungen in seinem Misstrauen bestätigt. «Der Originalvertrag zeigt die wahren Absichten von Saint-Gobain», sagt Verwaltungsratspräsident Paul Hälg gegenüber der «Sonntagszeitung». «Der Geheimvertrag ist schockierend und bestätigt unsere Befürchtung, dass mit dem Verkauf die Erfolgsgeschichte von Sika zu Ende wäre.»

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