Stadt Luzern erarbeitet Biodiversitätsstrategie

Für mehr Natur in der Stadt

Luzern will grüner werden. Auf der Allmend entstehen aktuell mehrere Biotope im Sinne der Biodiversität. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Stadt Luzern soll künftig auch bei der Artenvielfalt wachsen. Sie startet nun mit der Erarbeitung eines Biodiversitätskonzepts. Obwohl die Planung erst beginnt, rechnet die Stadt bereits mit Opposition. Dies, weil verschiedene Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen.

«Die Schwärmerei für die Natur kommt von der Unbewohnbarkeit der Städte», sagte einst der Literat und Dramatiker Bertolt Brecht. Und keine Stadt will «unbewohnbar» sein. Schon gar nicht Luzern, wo man sich «Lebensqualität» als eines von vielen Leitzielen gesetzt hat. Luzern will nun die Artenvielfalt der Natur in die Stadt holen. Sie startet mit der Erarbeitung eines Biodiversitätskonzepts. Mit dem Ziel: Raum für die Natur und somit auch für den Menschen aufzuwerten.

Ein Ziel aus Bern

Der Zeitpunkt kommt nicht von ungefähr. Seit Jahren beschäftigt sich der Bundesrat mit dem Thema Biodiversität. Vor zwei Jahren umschrieb er schliesslich, wenn auch sehr vage, zehn Ziele, nach denen sich «nationale Akteure orientieren» sollen. So heisst es im Aktionsplan des Bundesamts für Umwelt (siehe Box).

Die Stadt konzentriert sich bei den zehn Handlungsfeldern des Bundes hauptsächlich auf den Punkt, der den Siedlungsraum betrifft. Das Ziel des Bundes: «Förderung der Biodiversität im Siedlungsraum».

Keine Konzeptbearbeitung im «stillen Kämmerchen»

Die Biodiversitäts-Ziele des Bundes

Seit Jahren will der Bundesrat Biodiversität fördern. 2009 setzte er sich folgendes langfristiges Ziel: «Die Biodiversität ist reichhaltig und gegenüber Veränderungen reaktionsfähig. Die Artenvielfalt und ihre Ökosystemleistungen sind langfristig erhalten.» Der Bundesrat hat die Strategie am 25. April 2012 verabschiedet. Diese beinhaltet zehn grob gefasste Ziele. An diesen sollen sich die nationalen Akteure bis 2020 orientieren. Die Stadt Luzern überlegt sich nun, wie sie den Punkt 8 umsetzten will.

  1. Nachhaltige Nutzung der Biodiversität
  2. Schaffung einer ökologischen Infrastruktur
  3. Verbesserung des Zustands von national Prioritären Arten
  4. Erhaltung und Förderung der genetischen Vielfalt
  5. Überprüfung von finanziellen Anreizen
  6. Erfassung von Ökosystemleistungen
  7. Generierung und Verteilung von Wissen
  8. Förderung der Biodiversität im Siedlungsraum
  9. Verstärkung des internationalen Engagements
  10. Überwachung von Veränderungen der Biodiversität
«Es geht nun darum, dieses Handlungsfeld auf die Stadt herunterzubrechen», erklärt Gregor Schmid, Leiter der Dienstabteilung Umweltschutz der Stadt Luzern. Wie das Resultat aussehen werde, sei noch weitgehend offen. «Wir beginnen nun mit den Vorbereitungsarbeiten und ich gehe nicht davon aus, dass wir die Konzepterarbeitung im stillen Kämmerlein machen werden», sagt Schmid. Eine Liste der Akteure, die in die Erarbeitung einbezogen werden, gibt es noch nicht. Die Vernehmlassung sei fürs nächste Jahr vorgesehen. Schmid rechnet in diesem Prozess auch mit Opposition: «Natürlich, es wird auch darum gehen, verschiedene Interessen gegeneinander abzuwägen.»

Verschiedene Biodiversitätszonen

Der Dienstabteilungsleiter umschreibt trotzdem, in welche Richtung das Konzept gehen könnte. Eine wichtige Grundlage sei der städtische Zonenplan. «Heute haben wir zudem bereits einzelne Papiere, die Aspekte der Biodiversitätsförderung enthalten. Diese sollen nun in einem Gesamtkonzept einfliessen», so Schmid.

Es werden mithilfe des Zonenplans und gestützt auf eine Analyse des aktuellen Bestands an Frei- und Grünflächen verschiedene Kategorien von Grünräumen und Siedlungstypen definiert. Mögliche Kategorien sind ‹Seeufer›, ‹Flussufer›, ‹Siedlungsgrenze› oder ‹grössere Grünflächen›, wie die Tribschen-Warteggrippe. Doch was bedeutet es, wenn eine Uferzone zum Biodiversitäts-Schwerpunkt wird? «Konkret könnte dies bedeuten, dass der betreffende Uferabschnitt mit baulichen und pflegerischen Massnahmen naturnaher gestaltet wird. Das Ziel ist, ökologisch wertvolle Flächen zu schaffen, von denen Mensch und Natur beidermassen profitieren», erklärt Schmid.

Feuchtgebiete schaffen

Bereits heute setzt sich die Stadt für mehr Natur im Siedlungsraum ein. Als eines von vielen Beispielen sei hier die Kampagne «Luzern grünt» genannt. Gestartet im Jahr 2000 setzt die Stadt seither jährlich einen anderen Schwerpunkt. Im Jahr 2012 sensibilisierte die Kampagne über das Thema «Gartensitzplätze», zuvor waren es «Fledermäuse» oder «Natur- und Trockensteinmauern».

«Es ist nicht so, dass wir bei Null anfangen», erklärt Schmid und verweist auch auf das aktuelle Projekt in der Allmend, wo die belasteten Böden im Bereich der ehemaligen Schiessanlagen saniert werden (zentral+ berichtete). «Es geht hier auch darum, neue Feuchtgebiete zu schaffen. Eingedolte Bachabschnitte wurden geöffnet und es sind neue Weiher entstanden.» Das nächste Grossprojekt unter Einbezug der Biodiversität folgt ab dem Jahr 2016 im Friedental. Auch dort wird der Boden von seinen Altlasten befreit.

Stadt unterstützt auch finanziell

Federführung beim Biodiversitätskonzept hat die Stadt. Sie will aber auch Private in den Prozess einbeziehen. «Unsere Möglichkeiten sind hier aber beschränkter als bei Parzellen in unserem Besitz», weiss Schmid. Steuerungsmöglichkeiten hat die Stadt trotzdem: Zum Beispiel bei Baueingaben. Konkret kann die Behörde die Auflage bei Neubauten mit Flachdächern machen, dass eine Dachbegrünung zu realisieren ist. Doch Private sollen nicht nur über Auflagen ihren Beitrag zur Biodiversität leisten. Die Stadt unterstützt auch Privatpersonen, die beispielsweise ihren Garten umgestalten wollen, mit kostenloser Beratung und finanzieller Unterstützung. Letzere gibt es beispielsweise bei «Aufwertungsmassnahmen und Fördermassnahmen für ausgewählte Tierarten».

Zudem können Stadtluzerner einheimische Wildhölzer bei der Dienstabteilung Umweltschutz beziehen. Laut Abteilungsleiter Schmid würden jährlich zwischen 1500 und 2000 Wildhölzer so an Private abgegeben.

Knappe Ressourcen

Mit der Erarbeitung des Biodiversitätskonzepts wird nun nächstes Jahr begonnen. Laut Schmid ist vorgesehen, dass dieses in zwei bis drei Jahren fertig sein wird.

«Inzwischen wissen wir, was uns noch blüht ­– nämlich immer weniger!», so ein Zitat des deutschen Mediziners und Aphoristikers Gerhard Uhlenbruck. Er ist emerierter Professor der Universität Köln. Abwarten. Luzern kann nicht nur mit Verdichtung wachsen, sondern auch in der Artenvielfalt. Mit Oasen für Natur und Bevölkerung blüht die Stadt erst recht auf.

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