Jetzt geht's der Exotin an den Kragen

Die asiatische Tigermücke hat sich bis nach Luzern gekämpft

Die Tigermücke hat innerhalb weniger Jahrzehnte die ganze Welt besiedelt.

Der Lästling ist in Luzern angekommen. Besonders an den Touristen-Hotspots wie dem Luzerner Inseli besteht die Gefahr, von einer Tigermücke gestochen zu werden. Das exotische Tier wird jedoch nicht in Luzern bekämpft – sondern abseits der Stadt im ländlichen Neuenkirch.

Sieht doch eigentlich ganz hübsch aus, die kleine Exotin. Schwarz-weiss gestreift, selbst an den langen Beinen. Fast schon elegant.

Tigermücke wird sie genannt – und sie ist lästig. Sie ist in anderen Ländern Überträgerin von tropischen Virenkrankheiten wie Dengue-Fieber und Zika. Vom Süden her wird sie als blinder Passagier in die Schweiz geschleust. Die Tigermücke ist nun, nachdem sie seit 2003 im Tessin und seit drei Jahren in Basel-Stadt angelangt ist, auch in Luzern gesichtet worden.

Eier können monatelang überleben

«In Luzern haben wir vereinzelt erwachsene Tigermücken und Eier gefunden», bestätigt Peter Kull, Fachleiter Lebensräume von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald. Es handle sich dabei um Einzelfälle, noch keine 100 Tiere seien gezählt worden.

Doch wie gelangt die Exotin hierher? «Die Tigermücke ist ein schlechter Flieger. Sie kann nur bis zu 200 Meter weit fliegen», sagt Kull. Als blinder Passagier reise sie aber in Autos mit, die vom Süden her in Richtung Alpennordseite unterwegs sind. Steigen die Leute aus, fliegt das Insekt in die Freiheit. Die Eier können zudem monatelang überleben, da die Larven sich erst entwickeln, wenn sie mit Wasser in Berührung kommen.

Hohe Priorität beim Bund

Der Bund betreibt schweizweit ein Tigermücken-Monitoring. In allen Kantonen werden die Tiere gezählt. In Luzern ist dieser Messpunkt bei der Autobahnraststätte Neuenkirch.

Experten haben Fallen aufgestellt, die von Zeit zu Zeit geleert werden. Das Ziel ist es, sich so eine Übersicht über den Bestand zu verschaffen.

Die Tiere werden auch aktiv bekämpft. «Wir leeren ein biologisches Mittel in Dolen, das die Tiere abtötet», so Kull.

Und in der Stadt?

Doch weshalb werden die Tiere nicht in der Stadt bekämpft? Schliesslich tummeln sich auf dem Schwanenplatz und dem Inseli täglich Dutzende von Cars und Touristen. «Wir haben vereinzelt Meldungen erhalten, dass in der Stadt Tigermücken gesichtet wurden, beispielsweise an der Reuss», räumt Kull ein.

«Sie kann sehr aggressiv stechen. Sie ist mühsam und sie nervt.»

Peter Kull, Dienststelle Landwirtschaft und Wald

Die Zahl der Meldungen nimmt beständig zu. «Das Inseli wäre zweifelslos ein Ort, an dem sich der Exot aufhalten könnte.» Wenn mehr Tiere in der Stadt gefunden werden, könne das Monitoring ausgeweitet werden. «Vielleicht gibt es heute bereits mehr Tigermücken in der Stadt, als man denkt.» Einen Bogen um Inseli und Schwanenplatz müsse man dennoch nicht machen.

Viele würden das Tier mit der Buschmücke verwechseln. Diese hat ebenfalls Streifen – ist aber deutlich grösser als der andere Moskito. Die Buschmücke hat sich in der Schweiz bereits verbreitet. Sie kann aber kein Dengue-Fieber und kein Zika übertragen.

Nicht gefährlich, aber lästig

Fürchten müsse man sich vor der Tigermücke nicht. «Die Angst ist unbegründet», sagt Kull. Nur in tropischen Gebieten könne sie gefährlich werden. Die Tigermücke kann eine Krankheit nur dann an einen Menschen übertragen, wenn sie zuvor einen Menschen mit dem Erreger gestochen hat. In der Schweiz ist bislang kein solcher Fall bekannt.

Die Tigermücke ist aber eines: lästig. «Im Unterschied zu den einheimischen Mücken ist die Tigermücke nicht nachtaktiv, sondern sie sticht am Tag», so Kull. «Sie kann sehr aggressiv stechen. Sie ist mühsam und sie nervt. Ich weiss sogar von Leuten, die ihr Ferienhaus im Tessin verkauft haben, weil die Tigermücken derart lästig waren.»

Population im Zaum halten

Das Ziel der Biologen ist es, die Ausbreitung der Tigermücke im Zaum zu halten. «Die Tigermücke hat bislang keine überlebensfähige Population», sagt Kull. «Und das soll so bleiben.»

«Im Zeitalter von Klimawandel und regem Reiseverkehr können wir vermutlich nicht verhindern, dass sich die Tigermücke auch auf der Alpennordseite ausbreitet.»

Peter Kull

«Ob das gelingt, ist eine andere Frage.» Kull ist skeptisch. Die Tigermücke nistet sich da ein, wo es warm ist. Sie hat sich bereits in Baselstadt etabliert, wo es im Schnitt zwei, drei Grad wärmer ist als in Luzern. «Im Zeitalter von Klimawandel und regem Reiseverkehr können wir vermutlich nicht verhindern, dass die Tigermücke sich auch auf der Alpennordseite ausbreitet.»

Manche Experten glauben zwar, dass die Tigermücke den hiesigen Winter nicht überleben könne. Doch auch die Winter werden in der Schweiz milder – womit die Überlebens-Chance des tropischen Exots steigt. In Zürich ist das bereits passiert. Im Quartier Wollishofen haben die Mücken den Winter überlebt.

Pflanzen sind noch fieser

Peter Kull nimmt die Tigermücke ernst. Für schlaflose Nächte sorgt sie aber nicht – noch nicht. «Wir haben in Luzern grössere Probleme im Alltag als die Tigermücke. In Luzerner Schutzgebieten haben wir beispielsweise zu Tausenden invasive Neophyten.»

Invasive Neophyten sind sich ausbreitende, gebietsfremde Pflanzen. Sie verbreiten sich schnell und können einheimische Pflanzen vertreiben. Exoten wie Goldruten wachsen beispielsweise büschelweise an der Autobahn beim Rathausentunnel vor Luzern (zentralplus berichtete).

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