Gegenvorschlag zur SVP-Initiative

Ein neuer Stadtrat hätte kleineren Anfangslohn

Finanzdirektor Stefan Roth im Gespräch mit Journalisten. (Bild: mbe.)

Der Luzerner Stadtrat lehnt die SVP-Initiative «200’000 Franken sind genug!» ab. Er befürchtet bei einer Annahme einen Druck auf die obersten Löhne der Stadtverwaltung. Die Exekutive zaubert stattdessen einen Gegenvorschlag aus dem Hut. Er sieht eine Art «Erfahrungslohn» vor, der jährlich ansteigen würde.

Die Initiative der städtischen SVP, die im Oktober 2013 eingereicht wurde, sieht einen neuen Lohndeckel für die Exekutive vor. Die Partei bezeichnet die Stadtratssaläre als «fürstlich» und schiesst insbesondere gegen Stadtpräsident Stefan Roth.

Stimmen die Stadtluzerner zu, sollen Mitglieder des Stadtrats noch 200’000 Franken (das wären minus 19 Prozent), der Stadtpräsident oder eine allfällige Stadtpräsidentin 220’000 Franken im Jahr verdienen (minus 17 Prozent). Heute beträgt die jährliche Grundbesoldung eines Exekutivmitglieds 120 Prozent des höchsten Lohns in der Stadtverwaltung (oberste Besoldungsklasse). Das Stadtoberhaupt bezieht eine Grundbesoldung von 128 Prozent der obersten Besoldungsklasse. In Zahlen beträgt der Lohn eines Stadtrats oder einer Stadträtin 247’345 Franken, für das Stadtpräsidium wird Stefan Roth mit 263’835 Franken entschädigt. Spesen und sonstige Entschädigungen kommen extra dazu.

Antrag auf Ablehnung

Der Stadtrat erachtet die Initiative als gültig, beantragt dem Parlament aber die Ablehnung. Nicht aus egoistischen Motiven, sondern weil die Besoldung des Stadtrats Teil des Lohnsystems der Stadt Luzern sei, erklärte Stadtschreiber Toni Göpfert. «Die Plafonierung würde zu einem Ungleichgewicht des Lohngefüges führen und einen Druck auf die Kaderlöhne auslösen, auch wenn die Initianten das Gegenteil behaupten», sagt er.

Kader der Stadtverwaltung in der höchsten Lohnstufe verdienen heute 206’120 Franken. «Ein Stadtrat würde dann weniger verdienen», so Göpfert. Gemäss dem Stadtschreiber sind er selbst, sowie ein bis zwei andere Kader, in dieser Lohnklasse.

Städtevergleich

An der Pressekonferenz wurde ein Vergleich mit anderen Schweizer Städten präsentiert. Danach verdient der Luzerner Stadtpräsident mit 263'835 Franken am besten, gefolgt von St. Gallen (262'964 Franken), Chur (262'000 Franken) und Bern (225'000 Franken). Die Besoldungen sind teilweise ebenfalls das Resultat politischer Vorstösse. Frauenfeld kennt  eine Stufenlösung, wie sie der Gegenvorschlag vorsieht: das Stadtoberhaupt verdient dort zwischen 220'000 und 243'000 Franken. Auffallend: Zürich fehlt. Es sei «nicht vergleichbar», sagte Stadtschreiber Toni Göpfert. Gemäss Recherchen des «Beobachters» verdient die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch 245'000 Franken, gleich viel wie die Stadtratsmitglieder.

Die Rangliste der Exekutivmitglieder: Churer Stadträte verdienen am besten (252'000 Franken), gefolgt von St. Gallen (247'964 Franken), Luzern (247'300 Franken) und Bern (225'000 Franken). In Frauenfeld verdient ein Exekutivmitglied zwischen 190'000 und 209'000 Franken. In Emmen und Kriens, wo der Stadtrat ein Nebenamt ist, wurde der Lohn auf 100 Prozent hochgerechnet. In beiden Gemeinden verdient der Stadtpräsident gleich viel wie die Stadtratsmitglieder, in Emmen 220'690 Franken und in Kriens 213'858 Franken.

Die Lohnspanne in der Stadt Luzern betrage momentan nicht mehr als «1 zu 5» respektive auf das Stadtpräsidium bezogen «1 zu 5,5».

Wie Chefs in der Privatwirtschaft

«Hinsichtlich Komplexität und Arbeitsbelastung könnten Stadtratsmitglieder ohne weiteres mit Führungskräften der Privatwirtschaft verglichen werden», sagte Göpfert. Er meinte, die Stadtratslöhne seien «anständig, fair und angemessen» und seit 1990 unverändert. «Luzern sticht weder nach oben noch nach unten aus.» (Siehe auch Infobox)

Stadtpräsident Stefan Roth erklärte, die zeitliche Belastung des Amtes sei hoch. Im Schnitt hätten die Exekutivmitglieder eine 65-Stunden-Woche. «Ich bin zudem an drei bis vier Abenden pro Woche unterwegs und habe an zwei bis drei Samstagen und einen Sonntag pro Monat Repräsentationspflichten.» Zudem trage der Stadtrat Verantwortung für rund 2’500 Angestellte und für die Leistungen der Verwaltung zu Gunsten von 80’000 Bürgerinnen und Bürgern. Roth erwähnte ausserdem die Medienkritik, die manchmal belastend sein könne.

Gegenvorschlag: Modell wie Luzerner Regierung

Der Stadtrat stellt der Initiative einen Gegenvorschlag gegenüber. «Wir haben darin die Erfahrungskomponente berücksichtigt », so Stefan Roth. Die SVP hatte beanstandet, dass die städtischen Kaderangestellten sich durch Weiterbildung und Qualifikation hinauf arbeiteten, während die Stadtratsmitglieder nach ihrer Wahl von Anfang an den höchsten Lohn haben.

Der Gegenvorschlag sieht vor, dass die Besoldung im ersten Amtsjahr eines Stadtratmitglieds zehn Prozent weniger betragen würde. Der Lohn würde anschliessend jährlich um ein Prozent auf den heutigen Betrag ansteigen, der im 11. Amtsjahr erreicht wäre. Ein analoges Modell gelte für die Besoldung des Luzerner Regierungsrats.

Der Gegenvorschlag setze die Sparpolitik fort: Ende 2013 hat der Stadtrat nach Einreichung der Initative angekündigt, freiwillig vom Januar 2015 bis Ende der Legislaturperiode im August 2018 auf 100’000 Franken zu verzichten. Als Beitrag zum Sparpaket.

Der Stufenanstieg würde automatisch erfolgen, ohne Mitarbeiter- oder Leistungsbeurteilung. «Die Frage ist, wer das beurteilen könnte», sagt Stadtschreiber Toni Göpfert zu zentral+. «Man geht davon aus, dass mit jedem Amtsjahr die Erfahrung grösser wird und honoriert das mit der Besoldungserhöhung.»

Volksabstimmung 2015

Der Grosse Stadtrat wird am 23. Oktober über Initiative und Gegenvorschlag des Stadtrats beraten. Weil die Gemeindeordnung geändert werden müsste, gibt es zudem eine Volksabstimmung über die Stadtratslöhne, voraussichtlich am 8. März 2015.

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