Urs Meier ist Chefmetzger im Baarer Schlachthof

«Donnerstags wird’s immer so richtig blutig»

Ein 700-Kilo-Rinderviertel: Urs Meier ist Chefmetzger in der Schlachtanlage Walterswil.

(Bild: woz)

Viele essen gerne ein saftiges Stück Fleisch – doch vor dem Schnitzel oder Kotelett steht der Tod des Tieres. Urs Meier ist Chefmetzger in der Schlachtanlage Walterswil in Baar. Obwohl er keinen leichten Job hat, gefällt ihm seine Arbeit sehr.

Draussen vor der Tür lädt ein grosser Lkw gerade Kadaver in Containern vor der Tierkörpersammelstelle auf. Diese liegt unmittelbar neben der Schlachtanlage in Walterswil. Ein kleiner Junge hält sich die Nase zu. Verwesungsgeruch weht ins Büro von Chefmetzger Urs Meier herüber.

«Das sind tote Tiere, die riechen wirklich nicht sehr gut und verwesen bei der momentanen Hitze schneller als sonst.» Er selbst nehme den Geruch nicht mehr so wahr. Die Tiere – vom Kanarienvogel, Meerschweinchen, der Katze bis zu Kalb und Schwein – werden hier deponiert und dann zur Tiermehlfabrik Bazenheid gefahren, wo sie verbrannt werden.

40 bis 45 Tiere pro Woche werden geschlachtet

Der 37-jährige Metzger, der in Obfelden wohnt, hat es mit lebenden Tieren zu tun. 40 bis 45 Rinder und Kälber, Schweine und Schafe, gelegentlich auch Ziegen, Wasserbüffel und Gehegewild werden pro Woche in die Schlachtanlage des Zweckverbands Walterswil gebracht, um hier zu Fleisch verarbeitet zu werden.

«Donnerstags wird’s immer so richtig blutig, da ist jeweils von fünf Uhr morgens bis zwölf Uhr Schlachttag», sagt der gebürtige Rifferswiler. Schweine würden heutzutage vor allem in Grossbetrieben geschlachtet – denn diese seien für Massenschlachtungen besser ausgerüstet. Bis zu 270 Schweine kämen dort pro Stunde unters Messer.

Er liebt seinen Beruf: Urs Meier.

Er liebt seinen Beruf: Urs Meier.

(Bild: woz)

«Bei uns werden die Tiere erst per Bolzenschuss auf den Kopf so betäubt, dass sie beim Schlachten keine Schmerzen empfinden. Erst wenn danach die Hauptschlagader durchstochen ist – sind sie klinisch gesehen tot», erklärt Meier. Zusammen mit seinem Bruder Thomas führt er den Schlachtbetrieb in Walterswil.

Hierher bringen die meisten Bauern im Kanton Zug ihre Tiere zum Schlachten. Auch Notschlachtungen werden hier vollzogen – wenn ein Tier beispielsweise verletzt wurde. Viele Bauern, die als Selbstvermarkter im Kanton Zug Hofläden betreiben, holen dann später ihre bestellten Filets, Würste und allerlei anderes Fleischliches ab. Die Zuger Metzger wursten zumeist selbst.

«Für mich ist das ein Traumjob.»

Urs Meier, Chefmetzger Schlachtanlage Walterswil

Doch bis es so weit ist, fliesst, wie gesagt, erst mal eine Menge Blut. Wer schon beim Schlachten in Walterswil dabei war, weiss auch, mit wie vielen unangenehmen Gerüchen Schlachthausmitarbeiter zu tun haben. Ist das keine psychische Belastung für den Einzelnen?

Schon seit 20 Jahren Metzger

«Für mich ist das ein Traumjob, weil ich dazu beitrage, qualitativ hochwertige Lebensmittel herzustellen», sagt Urs Meier (siehe Video unten). Er macht einen aufgestellten und gut gelaunten Eindruck. Sein Lachen zwischendurch wirkt ansteckend. «Das viele Blut bereitet mir keine Probleme», meint er. Er sei dies von Kindesbeinen an gewöhnt – weil er mit seinem Bruder in einer Metzgerei aufgewachsen sei. «Ich kenne nichts Anderes.»

Die Schlachtanlage Walterswil in Baar.

Die Schlachtanlage Walterswil in Baar.

(Bild: woz)

Schon seit 20 Jahren ist er Metzger – davon die letzten vier Jahre in Walterswil. «Ich liebe meinen Beruf. Für mich ist das eine Arbeit wie für andere, im Büro zu sein – eine Routine, an die man sich gewöhnt.» Hier in der Schlachtanlage gefallen ihm besonders die Arbeitszeiten: Morgens um fünf fängt er täglich an, um 15 Uhr hat er Schluss. «Es ist ein kleiner, überschaubarer Betrieb, und ich schätze sehr den Kontakt zu den Kunden», sagt er.

Sechs Arbeitsschritte nötig

Urs Meier hat jeden Tag etwas Anderes zu tun. Freitags wird das Schlachtfleisch zerlegt, montags gewurstet. Dienstags und mittwochs machen die Metzger dann das Fleisch für die jeweiligen Kundenbestellungen fertig.

Grundsätzlich sind sechs Arbeitsschritte notwendig, um ein Stück Fleisch herzustellen: schlachten, ausbeinen, zerlegen, Brät für die Wurstwaren und Fleischkäse herstellen, einsalzen, räuchern – für Wienerli, Cervelats, Mostbröckli und Rauchwürste.

«Jeder soll sich so ernähren, wie er will.»

Urs Meier

Aber hat er denn gar keine Skrupel, so viele Tiere zu töten, um Fleisch herzustellen? Schliesslich gibt es ja auch immer mehr Befürworter von fleischloser Kost. Urs Meier ist überzeugt: «Der Mensch braucht die Nährstoffe und Vitamine aus dem Fleisch. Ausserdem soll sich jeder so ernähren, wie er will.» Ihm bereite es grosse Freude, den Leuten ein gutes Stück Fleisch herzustellen. «Wenn das fachgerecht gemacht wird, ist das nicht schlimm – das gehört zu unserer Gesellschaft.»

«Lieber Braten als Filet»

Er sei auf seinen Beruf hin noch nie negativ angesprochen worden. «Im Gegenteil, die Leute sind eher froh, dass es noch jemanden gibt, der diesen Job erledigt», sagt er ruhig. Er selbst isst Fleisch auch sehr gerne. Ein saftiger Braten und Siedfleisch mag er lieber als ein Filet.

Gut gewurstet ist halb gegessen.

Gut gewurstet ist halb gegessen.

(Bild: woz)

Wobei sein Beruf auch nicht ganz ungefährlich ist. «Trotz Eisen-Schnittschutz habe ich mich mit unseren sehr scharfen Messern schon geschnitten – es war aber nicht so schlimm», sagt Meier und lächelt. Es empfehle sich auf jeden Fall, morgens gut ausgeschlafen zur Arbeit zu kommen.

«Ich erkläre meinen Kindern gerne, was de Papi schaffet – sie kommen immer mit Freude.»

Urs Meier

In seiner Freizeit geht der dreifache Familienvater gerne Töff fahren. «Früher habe ich geschwungen, jetzt spiele ich zum Plausch Eishockey», sagt der Fleischfachmann. Seine Söhne haben ihm schon öfters bei der Arbeit zugeschaut.

«Ich erkläre meinen Kindern gerne, was de Papi schaffet – sie kommen immer mit Freude.» Nur seine Frau könne das Schlachten nicht sehen und habe auch Mühe mit dem Schlachthausgeruch. Er dusche sich deshalb oft mehrmals pro Tag.

Apropos Fleisch. Der sympathische Metzger würde durchaus mehr Besuchern in der Schlachtanlage erklären, wie Fleisch produziert wird. Um zu zeigen, wie viele Arbeitsschritte es tatsächlich braucht, um ein gutes Stück herzustellen. «Der Bezug zu unserer Arbeit ist leider vielfach nicht mehr da.»

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