Im Fokus: 1000 Sozialhilfebezüger

Luzerner Stadtrat: So will er Flüchtlingen zu Arbeit verhelfen

Hintsa Atsgeba hat eine Beschäftigung gefunden. Hier rüstet er Spargeln in der Küche des «Gartenhaus 1313» in der Lindenstrasse.

(Bild: mal)

Die Stadt Luzern finanziert künftig in verschiedenen Branchen externe Arbeitseinsatzplätze für Flüchtlinge und startet ein Pilotprojekt:  Sie schafft verwaltungsinterne Lehr- und Berufseinstiegsstellen. So will sie den Flüchtlingen den Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtern – und den städtischen Geldsäckel entlasten.

In der Stadt Luzern leben nahezu 1000 Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene, die wirtschaftliche Sozialhilfe beziehen – und so der Stadt auf dem Portemonnaie liegen. Ihnen will der Stadtrat helfen, sich schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Im Rahmen der Gewinnverwendung will er für ein dreijähriges Projekt 1,5 Millionen Franken investieren. Wie er am Dienstag in einer ausführlichen Mitteilung darlegt, schlägt der Stadtrat drei Massnahmen vor.

Die Stadt prüft erstens, ob sie Arbeitsplätze in der städtischen Verwaltung anbieten kann. In einem entsprechenden Pilotprojekt sollen eins bis zwei Lehrstellen und zwei bis vier temporäre Berufseinstiegsstellen an Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene vergeben werden. Mögliche Einsatzorte seien das Tiefbauamt sowie die Dienstabteilungen Immobilien, Volksschulen und Informatik, heisst es; weitere sind in Abklärung. Ziel des Projekts ist es, zu zeigen, welche Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen, um eine berufliche Integration erfolgreich zu realisieren.

Fitmachen für eine Lehre

In einem weiteren Projekt will die Stadt extern Praktikums- und Arbeitseinsatzplätze finanzieren. Dabei handelt es sich um Lehrgänge, die es den Flüchtlingen ermöglichen, später eine Lehre abzuschliessen. Die Teilnehmenden erarbeiten sich einerseits Basiskenntnisse in einer ausgewählten Branche, andererseits können sie ihre Deutschkenntnisse und das Allgemeinwissen verbessern.

Mit der Kürzung der Sozialhilfe müssen die vorläufig Aufgenommenen monatlich mit massiv weniger Geld rechnen.

Vorläufig Aufgenommene erhalten zwar mittlerweile massiv weniger Geld, bleiben aber troztdem oft in der sozialhilfe hängen.

(Bild: cha)

Ein aktuelles Beispiel für solche Einsatzplätze ist laut Mitteilung das Programm «Perspektive Bau», das der Kanton Luzern anbietet. Dieses bietet Flüchtlingen aus dem Kanton Luzern die Möglichkeit, während zwölf Monaten eine praxisbezogene Ausbildung im Bauhauptgewerbe zu absolvieren. Die Stadt wird mit dem Schweizerischen Arbeiterhilfswerk (SAH) zusammenarbeiten und prüft mit dem

Eine dritte Massnahme sieht vor, Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene, die eine Lehr- oder Arbeitsstelle gefunden haben, über die Probezeit hinaus bis zum Ende des ersten Anstellungsjahres zu begleiten. Während der Probezeit erhalten die Betroffenen Unterstützung vom SAH oder anderen Stellen. Die Begleitung soll Arbeitnehmenden wie Arbeitgebenden ermöglichen, Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit frühzeitig anzusprechen.

Rund 70 Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene sollen im Jahr begleitet werden. Diese Massnahme vergibt die Stadt an einen externen Anbieter, der Erfahrung in diesem Gebiet aufweisen kann. Ein entsprechendes Submissionsverfahren soll nach der Genehmigung der Massnahmen durch das Parlament erfolgen.

Frühe Integration ist günstiger

Zielgruppen für alle Massnahmen sind Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene, welche in der Stadt Luzern leben und Sozialhilfe beziehen. Der Stadtrat geht davon aus, dass die Anzahl der betroffenen Menschen zunehmen wird; dies wegen der gestiegenen Zahl von Asylgesuchen in den vergangenen Jahren.

Sozialdirektor Martin Merki (FDP) will seinen Posten behalten, «weil der Sozialbereich für einen Staat zentral ist. Das ist für mich eine Kerndirektion».

Sozialdirektor Martin Merki (FDP) ist federführend beim Integrationsprojekt.

(Bild: Jakob Ineichen)

Die Auswirkungen der Asylbewegungen sind in den Gemeinden mit Verzögerung zu beobachten: Während der ersten zehn Aufenthaltsjahre von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen in der Schweiz ist der Kanton Luzern für die Integration und die Ausrichtung der wirtschaftlichen Sozialhilfe zuständig, danach die Gemeinden. So wird die Stadt Luzern nach eigenen Angaben im kommenden Jahr 68 Sozialhilfe-Dossiers vom Kanton übernehmen mit wirtschaftlicher Sozialhilfe in der Höhe von gut 560’000 Franken. Im Jahr 2017 waren es 56 Dossiers mit Ausgaben in der Höhe von knapp 266’000 Franken.

«Angesichts dieser Entwicklung ist es wichtig, dass die Stadt früh bei der Arbeitsintegration ansetzt. Wer 10 Jahre lang nicht in die Lage versetzt wird, eigenständig zu leben, hat auch danach Mühe. Er bildet sich eine Mentalität des Passiven aus, die dazu führt, dass sich die Betroffenen im Sozialsystem einrichten. Das sollte nicht das Ziel sein. Die Schweizer Gesellschaft ist eine offene und leistungsorientierte Gesellschaft», sagt Sozialdirektor Martin Merki. Das städtische Engagement ist als Ergänzung zu den Arbeitsmarktintegrationsmassnahmen des Kantons Luzern zu sehen und mit den kantonalen Behörden abgesprochen.

Arbeitsintegration hat in der Stadt Tradition

Die Investitionen der Stadt in die Arbeitsintegration von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen reiht sich in die langjährigen Bemühungen der Stadt, die Arbeitsintegration von Menschen in der Sozialhilfe zu fördern. Mit zwei bestehenden Programmen bietet die Stadt in ihren Betrieben und verwaltungsintern Stellen für Empfängerinnen und Empfängern von Sozialhilfe. Darüber hinaus arbeitet die Stadt mit Anbietern wie beispielsweise der Caritas, dem SAH und der Libelle in der Arbeitsintegration zusammen. Die Programme sollen die Menschen beim Wiedereinstieg ins Berufsleben unterstützen.

Aktuell sind 105 Empfängerinnen und Empfänger von Sozialhilfe in einem der Programme tätig. «Nicht arbeiten zu können ist für Betroffene oft eine Belastung, sie fühlen sich von der Gesellschaft ausgegrenzt und laufen Gefahr, krank zu werden – physisch wie psychisch», sagt Stefan Liembd, Leiter der Dienstabteilung Soziale Dienste.

Mit den nun geplanten Integrations-Massnahmen für Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene will die Stadt weitere Erfahrungen im Bereich Arbeitsintegration – auch für Nachfolgeprojekte – sammeln. «Im Migrationsbereich geht es insbesondere um das Schicksal oft junger Menschen, welche weder eine abgeschlossene Ausbildung noch Aussichten auf einen Job haben». Qualifizierende Massnahmen mit praxis- bezogener Ausbildung seien deshalb wichtig.

Parlament entscheidet Ende Oktober 2017

Die neuen Massnahmen sind auf drei Jahre angesetzt (2018 bis 2020) und werden danach evaluiert. Danach entscheidet der Stadtrat, ob er dem Parlament eine Weiterführung unterbreiten will. Das Parlament wird am 26. Oktober 2017 über die konkreten Projekte befinden. Im Juni 2017 hatte es mit der Genehmigung der Jahresrechnung 2016 einer entsprechenden Gewinnverwendung in der Höhe von 1,5 Millionen Franken zugestimmt.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von zombie1969
    zombie1969, 14.11.2017, 11:43 Uhr

    Die Bevölkerung Afrikas wächst momentan jedes Jahr um etwa 30 Millionen Menschen.
    Bis 2050 wird sich die Bevölkerung des Kontinentes laut Schätzungen der UN auf ca. 2,4 Milliarden. Menschen verdoppelt haben.
    Es handelt sich um eine demographische Katastrophe, anders kann man diese Entwicklung nicht nennen. Da die Wirtschaft der afrikanischen Staaten mit der Bevölkerungsentwicklung nicht Schritt halten kann und die Institutionen der Länder jetzt schon überfordert sind, erscheint ein flächendeckender Zusammenbruch der afrikanischen Staaten nicht unwahrscheinlich.
    Für Europa bedeutet dies, dass sich der Einwanderungsdruck in den nächsten Jahren drastisch erhöhen wird. Die europäischen Länder werden dabei nicht in der Lage sein den Bevölkerungsüberschuss Afrikas abzufedern. Es handelt sich schlicht um zu viele Menschen und selbst die grosszügigste Aufnahmepolitik wäre nur ein Tropfen auf den heissen Stein.
    Man wird deswegen in Zukunft zwangsläufig Grenzsicherungsmassnahmen einführen müssen die alles bis jetzt unternommene weit in den Schatten stellen werden.

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