Regierung erklärt das «Nein»

Alle sollen mitmachen: Die Volksinitiative «Für eine gerechte Aufteilung der Pflegefinanzierung» verlangt, dass sich der Kanton neu mit 50 Prozent an den Pflegekosten der Gemeinden beteiligt. Die Initianten führen an, die Mehrkosten in der Pflegefinanzierung hätten viele Gemeinden in grosse finanzielle Schwierigkeiten gebracht und sie zu Steuererhöhungen und einschneidenden Sparpakten gezwungen.

Gesundheitsdirektor Guido Graf ging an der Medienkonferenz auf die Argumente des Initiativ-Komitees ein und erläuterte die ablehnende Haltung des Regierungsrates.

Diese Mehrkosten sind die Folge einer im Jahr 2011 vom Bund vorgenommenen Neuordnung der Finanzierung der Pflegeleistungen von Spitex-Diensten und Pflegeheimen. Ziel war es, die pflegebedürftigen Personen bei den Pflegekosten und die Krankenkassen zu entlasten. Durch diesen Systemwechsel sind den Gemeinden jährlich effektive Mehrkosten von 46,5 Millionen Franken entstanden – nicht wie vom Initiativkomitee angeführt 70 Millionen Franken.

Gefährdung der ausgewogenen Aufgabenteilung Kanton – Gemeinden

Mit der Finanzreform 08 wurde die Aufgabenteilung zwischen dem Kanton und den Luzerner Gemeinden neu geregelt. Gemäss dieser ist der Kanton für die Spitalfinanzierung und sind die Gemeinden für die Pflegefinanzierung zuständig. Die geltende Aufgabenteilung ist ein politisch und finanziell sorgfältig ausbalanciertes, mit den Gemeinden abgestimmtes System, das von den Stimmberechtigten 2007 in der Volksabstimmung mit 76,7 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde. «Dieses System hat sich bewährt und darf nicht einseitig nur für eine bestimmte Aufgabe verändert werden.»

Ob die Aufgabenteilung Kanton – Gemeinden als Ganzes noch richtig sei, soll im Rahmen einer bereits eingeleiteten Aufgaben- und Finanzreform 2018 überprüft werden. «Dabei wird sich auch zeigen, wie sich die finanzielle Belastung des Kantons und der Gemeinden seit 2008 insgesamt entwickelt hat», sagt Graf. 

Einseitige Lastenverschiebung für Kanton finanziell «nicht tragbar»

Die von den Initianten verlangte Beteiligung des Kantons an den Pflegekosten hätte laut Regierung eine einseitige Kostenverschiebung von jährlich fast 55 Millionen Franken zur Folge. «Diese ist für den Kanton Luzern jedoch aufgrund eines anhaltenden Leistungs- und Aufgabenwachstums, den Ertragsausfällen aus dem Nationalen Finanzausgleich sowie mit Blick auf Risiken wie die unkalkulierbaren Folgen der Unternehmenssteuerreform III oder die Höhe der jährlichen Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank nicht tragbar.»

Auch ohne die Beteiligung an den Pflegekosten werde die Einhaltung der Schuldenbremse erneut äusserst anspruchsvoll und es müsse mit deutlichen Einschnitten bei den kantonalen Leistungen gerechnet werden. «Allein die durch die Initiative verursachten Mehrkosten könnten nur durch Erhöhung des Steuerfusses um eine Zehnteleinheit oder einschneidende Einsparungen wie Personalabbau, Leistungsabbau und -kürzungen getragen werden.»

Trotz der neuen Pflegefinanzierung gehe es der grossen Mehrheit der Luzerner Gemeinden finanziell gut. «Die Abschlüsse 2014 zeigen ein erfreuliches Bild, auch aufgrund einzelner Steuererhöhungen: Entgegen dem total budgetierten Minus von 31 Millionen Franken, schlossen die 83 Luzerner Gemeinden das Rechnungsjahr 2014 mit einem Gesamtüberschuss von 52,5 Millionen Franken ab. Die Gemeinden sind somit auch weiterhin in der Lage, ihre Aufgaben im Rahmen der Aufgabenteilung zu erfüllen.»

Kanton müsste in Gemeindekompetenzen eingreifen

«Die Initiative fordert eine Kostenbeteiligung des Kantons, sieht aber keine Verbesserung der Kostensteuerung vor und löst deshalb auch das Problem der steigenden Pflegekosten nicht. Im Gegenteil: Die Verlagerung der Kosten von den Gemeinden zum Kanton reduziert für die Gemeinden den Anreiz, die Pflegeheime und Spitex-Organisationen zur wirtschaftlichen Leistungserbringung zu verpflichten.»

Bei Annahme der Initiative müsste der Kanton darum auch auf das Angebot und die Betriebsführung der Pflegeheime und Spitex-Organisationen Einfluss nehmen, so Graf. Zum Beispiel mit der Einführung von Maximaltarifen für die Pflege und die Pflicht zur Genehmigung der Pflegetaxen und -tarife durch den Kanton. Ebenso wäre eine Regionalisierung der Pflegeheime zu prüfen.

Regierung empfiehlt den Stimmbürgern Ablehnung der Initiative

Die Regierung empfiehlt den Stimmberechtigten die Initiative «Für eine gerechte Aufteilung der Pflegefinanzierung» bei der Abstimmung vom 15. November 2015 abzulehnen. Der Kantonsrat hat die Volksinitiative mit 82 zu 27 Stimmen ebenfalls abgelehnt. Auch der Verband der Luzerner Gemeinden hat sich gegen die mit der Initiative beabsichtigte einseitige Änderung der Aufgabenteilung ausgesprochen.

Regierung erklärt das «Nein»
Themen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon