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Artenvielfalt ist in Luzern stark bedroht

Eine Biodiversitäts-Strategie fast ganz ohne Lösungen

Wie hier auf der Blumenwiese Rigi Süd geht die Artenvielfalt in der Schweiz weiter zurück. (Bild: Marc Germann)

Der Kanton Luzern erhält bald eine Biodiversitäts-Strategie. Der Bericht hält Probleme und Mängel fest, bietet aber kaum Lösungen. Luzern verzichtet sogar darauf, mehrere Millionen des Bundes für Förderprojekte abzuholen, weil dieser sich selbst nicht beteiligen will, schreibt der kantonale WWF-Präsident Jörg Häfliger im Nachhaltigkeits-Blog.

Biodiversität ist ein sehr wertvolles Gut. Ihre Bedeutung für unsere Gesellschaft wird jedoch unterschätzt. Mit gravierenden Folgen: Weltweit sind die Artenvielfalt und ihre Ökosystemleistungen stark gefährdet. Das machte ein Bericht der UNO vom Frühling dieses Jahres klar. Die Zahl der Tiere beispielsweise ist seit 1970 um die Hälfte gesunken. Viele Wissenschaftler sprechen sogar von einem sechsten Massensterben. Wir müssten dringend handeln!

In der umweltpolitisch – vermeintlich – vorbildlichen Schweiz ist die Situation leider nicht besser. Im Gegenteil: Im internationalen Vergleich sind bei uns überdurchschnittlich viele Tiere und Pflanzen vom Aussterben bedroht. Vor allem Säugetiere und Amphibien sind gefährdet. Bei den insektenfressenden Vögeln im Kulturland betrug der Rückgang in den letzten 25 Jahren dramatische 60 Prozent. Nur noch 5 Prozent der Schweizer Fliessgewässer gelten als intakt.

Und bei den Flächen, die geschützt werden sollten, sind wir arg im Hintertreffen. Internationales Ziel sind 17 Prozent, in der Schweiz liegt der Wert bei lediglich 12,5 Prozent. Zudem ist die Qualität des Schutzes nicht überall wirklich genügend, unter anderem weil die Vernetzung der geschützten Flächen fehlt.

Alarmierte Fachwelt

Unter Fachleuten sind diese Befunde angekommen. Der Bund hat bereits vor einigen Jahren eine Strategie Biodiversität erarbeitet und vor zwei Jahren den dazugehörigen Aktionsplan veröffentlicht. Nun zieht der Kanton Luzern nach. In den nächsten Wochen wird das Kantonsparlament die «Strategie zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität im Kanton Luzern» beraten.

Die Freude bei den Umweltverbänden über die aktuelle Fassung dieses Papiers ist jedoch gering. Leider wiederholt sich in unserem Kanton, was schon beim Bund geschehen ist: Einer Bestandesaufnahme durch die Fachleute, die den dringenden Handlungsbedarf belegte und entsprechende Massnahmen vorschlug, folgt jetzt eine unverständlich zögerliche politische Antwort.

Zögerliche Politik

Für vieles fehlt das Geld. Dies, obwohl klar ist, dass Erhalt und Förderung der Biodiversität nur mit zusätzlichen Mitteln möglich sind. Dies, obwohl heutige Versäumnisse langfristig sehr teuer werden dürften. Der Kanton Luzern verzichtet sogar darauf, mehrere Millionen des Bundes für Förderprojekte abzuholen, weil er keinen entsprechenden Beitrag aus eigenen Mitteln zur Verfügung stellen will.

So fehlen dem Kanton auch in Zukunft dringend benötigte zusätzliche Fachkräfte. So fehlen Gelder für die Bekämpfung von Neophyten (invasiven Pflanzen), um nur zwei Bereiche zu nennen.

Wichtige Bereiche werden nicht ernstgenommen

Wenig Mut und Weitsicht zeigen Interessenvertreter und Regierung leider auch bei den wichtigsten Verursachern des Problems. Verkehr und Wachstum der Siedlungen scheinen in ihren Augen unaufhaltsam zu sein. Die intensive Landwirtschaft wird ebenfalls kaum in Frage gestellt. Der Planungsbericht hält dazu resigniert fest: «Obwohl mehr als 90 Prozent der Biodiversitäts-Fördergelder Leistungen der Landwirtschaft abgelten, stehen viele Landwirtinnen und Landwirte weiteren Fördermassnahmen im Kulturland sehr kritisch gegenüber; sie möchten mehr produzieren.»

Dass es mit der Biolandwirtschaft durchaus eine Alternative gäbe, ist offenbar kein Thema.

Und wie wir wissen, ist Umweltbildung zwar wichtig, sie darf aber ebenfalls keine Kosten verursachen. Das Naturmuseum leidet seit Jahren unter dieser widersprüchlichen Grundhaltung.

Mehr Artenvielfalt im Siedlungsbereich

Einer der wenigen Bereiche, in dem die kantonalen Behörden mehr tun wollen, ist die Artenvielfalt im Siedlungsbereich. Hinter dieser Absicht stehen selbstverständlich auch die Umweltverbände. Vieles ist möglich, die Angebote sind entsprechend gross: Mission B von Radio und Fernsehen, Umweltberatungsstellen von Gemeinden, Informationen und Handlungsanleitungen von Umweltverbänden seien stellvertretend genannt.

Und hier kommen Sie ins Spiel. Fördern Sie die Artenvielfalt in Ihrem eigenen Umfeld. Selbst auf Balkonen lassen sich farbenfrohe und lebensfreundliche Bereiche schaffen. Haus- und Gartenbesitzer können Rasen in Wiesen umwandeln, Kirschlorbeer- oder Thujahecken durch einheimische Gehölze ersetzen, Flachdächer begrünen, Nistkästen für Vögel aufhängen oder auch nur den Garten weniger gut aufräumen und damit haufenweise Lebensräume schaffen.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, Ihren Beitrag zur Förderung der Biodiversität zu planen.

Packen Sie's an.

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