Die Stadt Zug und ihre Brunnen
Die Versorgung mit Trink- und Brauchwasser war für die Bevölkerung der Stadt Zug seit jeher von zentraler Bedeutung. Was heute in jeder Wohnung in bester Qualität und wahlweise heiss oder kalt aus dem Wasserhahn fliesst, musste im Mittelalter und in der frühen Neuzeit mit Muskelkraft herbeigeschafft werden. Die öffentlichen Brunnen spielten dabei eine wichtige Rolle.
Die ordnungsgemässe Nutzung der Brunnen wurde kontrolliert und musste vom städtischen Rat immer wieder unter Strafandrohung angemahnt werden. Von den ursprünglich acht Brunnen, die den Zugerinnen und Zugern innerhalb der Stadtmauer für den Bezug von Trink- und Brauchwasser zur Verfügung gestanden haben, sind sechs bis heute erhalten geblieben.
Sechs Brunnen stehen heute noch
Es sind dies – teilweise versetzt und modern überformt – der Kolinbrunnen am Kolinplatz, der Schwarzmurerbrunnen am Hirschenplatz, der Oswaldsbrunnen an der Ecke Kirchenstrasse-St.-Oswalds-Gasse, der Hechtbrunnen im Fischmarkt, der Gret-Schell-Brunnen in der Unter Altstadt sowie der Sodbrunnen in der Ober Altstadt.
Verschwunden sind der ehemals mitten in der heutigen Ägeristrasse gelegene untere Dorfbrunnen sowie der obere Dorfbrunnen beim heutigen Kunsthaus. Sieht man die Brunnenstandorte an, dann fällt auf, dass sich in praktisch jeder Nachbarschaft – so wurden in Zug die Stadtquartiere genannt – ein Brunnen befand.
Reglementierter Wasserkonsum
Die Bedeutung einer funktionierenden Wasserversorgung widerspiegelt sich in den Schriftquellen indirekt: Überliefert sind die Reglementierung und Kontrolle der Nutzung öffentlicher Brunnen sowie zahllose Konflikte, die häufig bis vor den städtischen Rat eskalierten.
Als die Stadt 1540 den heutigen Kolinbrunnen baute, erliess der Rat auch gleich ein kleines «Nutzungsreglement»: Unter Androhung einer Geldstrafe war es verboten, das Brunnenwasser zu leeren, Fische einzusetzen und Geschirr und Wäsche zu waschen. Die Reinhaltung des Brunnenwassers war bei allen städtischen Brunnen oberstes Gebot, das allerdings immer wieder gebrochen wurde.
Zur besseren Kontrolle setzte der städtische Rat seit dem 17. Jahrhundert sogenannte Brunnenvögte ein. Diese waren bei den ihnen zugewiesenen Brunnen verantwortlich für die Wasserqualität, den baulichen Zustand sowie den ordnungsgemässen Umgang mit dem Brunnenwasser.
Konfliktbeladene Nutzung
Dies führte immer wieder zu Konflikten, die sich auffallend oft zwischen Frauen und den zuständigen Brunnenvögten entluden. So ermahnte der städtische Rat 1684 zwei Frauen unter Strafandrohung, von Beleidigungen des Brunnenvogtes abzusehen. Offenbar mit bescheidenem Erfolg: eine von ihnen kassierte darauf innert zwei Wochen gleich zwei Geldstrafen.
Der Konfliktgrund ist zwar unbekannt, doch dürfte die Verunreinigung des Brunnens der Auslöser gewesen sein. Auch wenn der Rat immer wieder, wie im eben geschilderten Fall, durchgriff und Geldstrafen aussprach – die abschreckende Wirkung dieser Massnahmen war bescheiden, und die Verunreinigung der Brunnen blieb ein Dauerthema.
Selbst die engere Einbindung der Brunnenvögte und der Nachbarschaften scheint nicht viel gebracht zu haben: 1703 liess der städtische Rat durch einen Kirchenruf verkünden, in den Brunnen dürfe nicht mehr gewaschen und «gesudelt» werden. Bei Zuwiderhandlungen durften die Brunnenvögte Bussen verteilen. Die Hälfte der Bussgelder durften sie behalten, die andere Hälfte floss in die Kasse der Nachbarschaft, in der sich der Brunnen befand.
Doch scheiterte auch diese Massnahme, wie so viele zuvor und danach. Die Brunnenvögte waren dabei nicht ganz unschuldig, mussten sie doch zwei Jahre später ernsthaft ermahnt werden, ihrer Pflicht nachzugehen. Und auch hier: Dass die Brunnenvögte ihrer Aufsichtspflicht nur ungenügend nachkamen, war beileibe kein Einzelfall.
Brunnen und Brunnenfiguren
Von den ursprünglich sieben städtischen Brunnen wurden vier vermutlich schon in der Bauzeit mit Brunnenfiguren geschmückt: Der Kolinbrunnen, der Schwarzmurerbrunnen, der Oswaldsbrunnen und der 1883 abgebrochene untere Dorfbrunnen.
Doch was wissen wir eigentlich genau über die Identität dieser Brunnenfiguren? Nur bei zweien ist der Fall klar: Den 1664 bei der St. Oswaldskirche erbauten Oswaldsbrunnen ziert Zugs Stadtheiliger; man erkennt ihn gut an seinen Insignien, dem königlichen Ornat und dem Pokal, den er in den Händen trägt. Und der schon im 14. Jahrhundert erwähnte untere Dorfbrunnen erhielt 1618 einen heiligen Nikolaus als Brunnenfigur.
Schwieriger ist es bei den beiden anderen Brunnen, auf deren Brunnenstock jeweils eine martialische Kriegerfigur steht. Beide hatten ursprünglich andere Namen: Der Kolinbrunnen hiess ursprünglich Linden- oder Ochsenbrunnen, und der Schwarzmurerbrunnen war unter der Bezeichnung Kronenbrunnen bekannt.
Ihre erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte Umbenennung hängt massgeblich mit den Figuren zusammen, welche die beiden Brunnenstöcke zieren. Doch wer waren die beiden wirklich? Dieser Frage soll in einen nächsten Blogbeitrag nachgegangen werden.