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Keine Sechs

Der Ersatzneubau für ein Haus aus den 1960er Jahren am Kapuzinerweg nutz die Grundstückfläche voll aus. Aber erst auf den zweiten Blick zeigen sich seinen wahren Dimensionen.

Das kleine Objekt wurde von einem der grossen Luzerner Büros realisiert. Am Kapuzinerweg, am Ende der Hexenstiege, wurde vor kurzem ein Ersatzneubau zum Bezug freigegeben. Von hinten wirkt der Bau schlank und klein, die an den Gebäudeecken platzierten Fenster geben dem Gebäude eine erfrischende Erscheinung. Hatte der Vorgängerbau noch den Charme eines in die Jahre gekommen Spekulationsobjektes der späten 1960er Jahre, wurde er nun durch ein Stück qualitätsvoller Architektur ersetzt. Das ist gut so.  

Doch seeseitig zeigt sich der Bau in seiner vollen Breite. Der symmetrische Aufbau der Grundrisse ist sofort zu erkennen, von Spannung und Dynamik ist bei dieser Gestaltung keine Spur. Offensichtlich ist nur, dass der Neubau die Ausnützung bis auf’s Maximum konsumiert. Das müsste so nicht sein.

Auch vom Bahnhofvorplatz ist das Gebäudevolumen gut zu erkennen. Hier überstrahlt die helle Fassade den Rest der Bebauung. Einmal mehr scheinen «modern» und «weiss» als Geschwisterpaar zur unüberwindlichen Doktrin erhoben worden zu sein. Eine Farbgebung, die sich besser ins Quartier eingefügt hätte, wäre für eine Lage ganz oben besonders zwingend. 

Gegen diese Variante der Verdichtung nach innen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, jedoch liess der Anblick von hinten eine besser gestaltete Front erwarten. Weitere Projekte werden an dieser prominenten Lage noch entstehen, weshalb auch diesem Quartierumbau unsere ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. 

Fragen zur Verdichtung werden auch in der aktuellen Ausgabe von KARTON behandelt. Die drei im Heft porträtierten Hausgruppen stehen in unmittelbarer Nachbarschaft zum hier besprochenen Objekt. Zu beobachten ist, dass es immer sehr individuelle Strategien sind, die zu den jeweiligen Resultaten führten. Zum Gelingen einer Verdichtungsmassnahme trägt aber die Qualität der Architektur massgebend bei. Das Haus am Kapuzinerweg kriegt trotz sichtbarer Qualitäten leider keine Sechs.

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Von Architektur und Städtebau sind wir alle betroffen. Im Architektur-Blog werden aktuelle Projekte aus Luzern und Zug verhandelt. Er dient Laien und Fachleuten als Diskussionsplattform und macht das regionale Bewusstsein für Baukultur öffentlich.
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